Gudrun Martin schlägt Alarm: Trockenperioden verschärfen die angespannte Situation.
Gudrun Martin macht sich Sorgen. Es steht nicht gut um die Igel. Die lange Trockenheit macht den Tieren zu schaffen, im teilweise steinharten Boden finden sie kaum Nahrung. „Die Igel verhungern“, sagt die Betreiberin der Igelstation Gerbrunn.
Die Zeiten, in denen Igel als Allerweltstiere galten, sind längst vorbei. Ende vergangenen Jahres wurden sie in die Vorwarnliste, einen Teil der Roten Liste für Bayerns Säugetiere, aufgenommen. Ihre Zahl geht immer weiter zurück. Trockenperioden wie in den vergangenen Wochen verschärfen die Situation.
Tag für Tag klingelt das Telefon bei den Martins in Gerbrunn mehrmals, und fast jeden Tag werden dem Ehepaar Tiere gebracht. Verletzte, verwaiste und – gerade jetzt – halb verhungerte. „Vielerorts ist es immer noch knochentrocken“, sagt Gudrun Martin, „da kommt aus dem Boden gar nichts. Kein Wurm, kein Käfer.“ Und Insekten, die Igel ebenfalls gerne verspeisen, gibt es auch immer weniger. Die Tiere sind oft so stark geschwächt, dass sie nicht mehr überlebensfähig sind. „Neun von zehn Igeln müssen wir einschläfern lassen.“ Eine Situation, die der Tierpflegerin sehr ans Herz geht.
Sie hofft deshalb auf die Hilfe der Bevölkerung: „Es wäre wichtig, dass die Leute den Igeln jetzt und auch in nächster Zeit Katzendosenfutter und Wasser hinstellen.“ Denn kurzfristig helfen auch die starken Regenfälle, die es mancherorts gegeben hat, nicht viel: Damit die Igel wieder an Nahrung kommen, muss der Boden richtig durchfeuchtet sein.
Hat jemand einen Igel gefunden und ruft bei Gudrun Martin an, analysiert die erst einmal anhand eines Fragenkataloges die Situation. Sitzt der Igel auf dem Bauch, ist das ein gutes Zeichen. Liegt er auf der Seite – „und momentan ist das bei den meisten der Fall“ – schaut es sehr schlecht aus. Und wenn schon Fliegen auf dem Tier sitzen, sowieso. Ist der Igel in einem sehr schlechten Zustand, schickt die Fachfrau den Anrufer in die Tierklinik, um den Igel einschläfern zu lassen. Ist er in einem etwas besseren Zustand, kann man ihn nach Gerbrunn bringen, wo die Martins sich um ihn kümmern, so wie sie es in den vergangenen 28 Jahren mit unzähligen Tieren gemacht haben.
332 Igel wurden den beiden 2014 gebracht, 2015 waren es 298, 2016 dann 279 und im vergangenen Jahr 196. „Daran sieht man, dass die Zahl der Igel rückläufig ist“, sagt Gudrun Martin, die über alle Tiere, über Gewicht, Medikamentengabe und vieles mehr akribisch Buch führt.
Unter einer Plastiktüte geboren
In diesem Jahr wurden bislang 49 Igel in die Station gebracht und schon jetzt steht fest, dass es noch viele mehr werden. Momentan ist Paarungszeit, in vier Wochen werden die Jungtiere geboren. Schon alleine das wird schwierig, denn es gibt immer weniger Plätze, an die sich die Igelweibchen zur Geburt zurückziehen können. Viele Gärten sind akribisch gepflegt, es gibt immer weniger Komposthaufen, die Zahl der Steingärten nimmt zu. Die Tiere finden kaum noch einen Unterschlupf. „Letztes Jahr hat eine Mutter ihre Jungen auf dem Steinboden unter einer Plastiktüte geboren“, erzählt Gudrun Martin, eine andere auf einem Verkehrskreisel.