„Wir brauchen keine Gurken im Bier. Die gehören in den Salat.“ Das sagt Friedrich Düll, Chef der Krautheimer Brauerei und Präsident des Bayerischen Brauerbundes. David Hertl und Andre Busigel sind da ganz anderer Meinung.
80 Quadratmeter in einer alten Scheune. Mehr Platz braucht David Hertl nicht, um 44 verschiedene Biersorten pro Jahr zu brauen. Der Schlüsselfelder gehört zur jungen Garde der Craftbier-Brauer. Die ist innovativ, kreativ – und bewegt sich nach Meinung von Friedrich Düll am Rande der Legalität. „Diese Biere sind im Moment nicht rechtskonform“, sagt Düll, in dessen Unternehmen David Hertl vor einigen Jahren den Beruf des Braumeisters gelernt hat.
Es gibt nichts, was es nicht gibt
Rund 1300 registrierte Braustätten gibt es in Deutschland, etwa die Hälfte gehört zu den Mikrobrauereien. Ihr Ausstoß beträgt weniger als 3000 Hektoliter im Jahr. Die meisten von ihnen stellen Biersorten mit erstaunlichen Zutaten her: Kaffee, Kräuter, Walnüsse, Rotwein. Es gibt anscheinend nichts, was es nicht gibt. Gerade in Großstädten stoßen ihre Experimente und Produkte auf Interesse. Auf dem Land sorgen sie noch für großes Staunen.
David Hertl hat sich vor drei Jahren mit nur 21 Jahren selbstständig gemacht. In einem 20 Liter großen Wecktopf hat er seine ersten Biere gebraut. Immer nur einen Sud, immer nur einen Versuch, immer überraschend. „Es klappt nicht immer“, gibt er zu. „Aber es macht immer riesigen Spaß.“ Vor kurzem hat er nach eigenen Worten einen Volltreffer gelandet. Dem Albertshöfer Andre Busigel sei Dank.
Der Name Busigel ist in Albertshofen eng mit dem Anbau von Gurken verknüpft. Vier Millionen Gurken pro Jahr produziert der Familienbetrieb. Busigel hat die Herzgurke bekannt gemacht, experimentiert mit Nützlingen und ist mit europäischen Gurkenbauern vernetzt. Der 39-Jährige ist außerdem ein leidenschaftlicher Biertrinker. Seit dem 30. April 2013 ist er mit dem Craftbier-Virus infiziert.
IPA – Indian Pale Ale
„Beim Maibaumaufstellen in Albertshofen habe ich mein erstes IPA getrunken“, erinnert er sich. IPA steht für India Pale Ale und stellt so etwas wie die Mutter aller Craftbiere dar. Die Engländer haben IPA im 19. Jahrhundert mit einer höheren Stammwürze und einer größeren Menge Hopfen gebraut, um es für die lange Fahrt in die Kolonien haltbar zu machen. Amerikanische Craftbier-Brauer haben sich diese Methode Anfang des 21. Jahrhunderts abgeschaut.
Busigel wollte andere Craftbier-Sorten ausprobieren, wurde aber nur schwer fündig. Bis er im Dezember 2015 ganz gezielt den Wertheimer Weihnachtsmarkt besuchte, weil er dort auf David Hertl treffen konnte.
Schnell kamen die beiden Männer ins Gespräch und setzten wenige Wochen später ihre spontane Idee um: Mit 45 Kilo Gurken im Gepäck fuhr Busigel nach Schlüsselfeld. Marc Gallo von der Münchner Craftbier Marke Hopfmeister gab seine Ratschläge dazu. Nach einem Brautag waren die 165 Liter „Gurken-Gose“ fertig. „Bier darf ich das Produkt aus rechtlichen Gründen nicht nennen“, erklärt Hertl. Die Biersorte Gose stammt ursprünglich aus Goslar, Kochsalz und Koriander wurden der „Ursprungs-Gose“ beigemischt. Hertl braut Gose mit Quitten, Erdbeeren, Kirschen oder Schwarzbeeren aus dem Steigerwald. 300 Flaschen füllt er jeweils ab, die Füllanlage steht vor einem ehemaligen Wohnmobil, das er auseinandergenommen und zum Kühlhaus umgebaut hat. Bedient wird sie von seinem Vater Bernd, der einst als Winzer tätig war und jetzt seinem Sohn unter die Arme greift. „Mein Mitarbeiter des Monats“, sagt David und haut seinem Vater lachend auf die Schulter. „Seit Juni 2015, Monat für Monat.“