30 Essen wurden 2015 in der Küche der Kita St. Vinzenz täglich gekocht, berichtet Leiterin Julia Steffan. Heute sind es 100. „Je besser und gesünder die Verpflegung wurde, desto mehr Eltern wollten warmes Essen für die Kinder.“ Doch wie schafft man es, diese große Zahl an Mahlzeiten zuzubereiten? „Es ist eine Herausforderung“, sagt Jutta Pfanzer lachend – obwohl ihr und dem ganzen Kiga-Team das Lachen eigentlich längst vergangen ist. Pfanzer und ihre Kollegin Jasmin Deppner bereiten das Essen in einer ganz normalen Haushaltsküche zu, mit wenig Platz, einem ganz normalen Herd mit Backröhre und zusätzlich zwei mobilen Kochfeldern. Von einem Dampfgarer oder anderen Geräten, die in Gemeinschaftsverpflegungsküchen heute Standard sind, kann sie nur träumen. „Man muss die Arbeit gut takten, damit es machbar ist“, erzählt Jutta Pfanzer. Da wird geschichtet und gestapelt, auch improvisiert. Gut, dass die Kinder zumindest in zwei Schichten essen – erst sind die Krippenkinder an der Reihe, dann die Regelgruppen und die Außenstelle der Kita. „Viele Gerichte sind aber gar nicht machbar“, bedauert Pfanzer. Salzkartoffeln für 100 Kinder – das wären 50 Erwachsenenportionen – in kleinen Töpfen auf einem ganz normalen Herd? Dutzendweise Pfannkuchen? Gebackenen Fisch? Jedem, der gern kocht, stehen bei dieser Vorstellung die Haare zu Berge. „Die Küche ist für die Auslastung, die sie hat, eine Katastrophe“, sagt Gwendolin Hammer ganz offen. Zehn Jahre sei sie jetzt Coach für die Kindergärten und in all der Zeit habe sie eine solche Situation erst zum zweiten Mal erlebt. „Das mag in einem kleinen Landkindergarten gehen, aber nicht bei 100 Kindern.“
Seit Jahren wartet die Kita St. Vinzenz auf eine Sanierung und vor allem auf eine bessere Küchenausstattung. Die Situation ist bekannt, aber bezahlen will das keiner. Stadt und Kirche sind sich nicht einig, wer wieviel der Kosten trägt. Die Kirche will, dass die Stadt 80 Prozent übernimmt, die will aber nur 60 Prozent zahlen, berichtet Steffan. Zusätzlich gibt es im Bistum Würzburg einen Baustopp. „Da fließt gar kein Geld“, bedauert sie.
Die Leidtragenden sind die Kinder. „Viele sind acht bis zehn Stunden da, die brauchen etwas Richtiges und Gesundes zu essen“, so Julia Steffan. Sie hofft, dass sich die Beteiligten baldmöglichst einigen und es endlich mit einer Sanierung oder zumindest einem Umbau der Küche losgehen kann.
Der Anspruch, gesund, frisch und regional zu kochen, wird im Verpflegungskonzept festgelegt, das im Zuge des Coachings erstellt wird. Wobei es ein ähnliches Konzept schon gibt, das Julia Steffan überarbeiten wird. Die Verpflegung ist ein wichtiges Qualitätskriterium für einen Kindergarten, sowohl gegenüber den Eltern als auch gegenüber dem Träger.
Drittes Ziel des Coachings ist es, dass Kinder lernen, den Wert des Essens und der Produkte zu schätzen – und das geht, indem man sie mit ins Boot nimmt. Schon jetzt schnippeln sie Obst und Gemüse mit, machen Smoothies. Selbst die Kleinen stimmen mit Bildern darüber ab, was es zu essen geben soll. Es wird darüber geredet, warum etwas geschmeckt hat und warum nicht. Auch die Eltern sollen künftig noch stärker beteiligt werden – mit Elternabenden (wegen Corona voraussichtlich online), To-go-Päckchen zum Probieren, Elternbriefen und der Vermittlung des Verpflegungskonzeptes.
Mit gesunder Ernährung in der Kita lässt sich der Grundstein für ein gesundes Leben legen. Julia Steffan ist aber Eines ganz wichtig: Wer etwas nicht essen will, der muss es auch nicht. „Essen soll kein Machtkampf sein, sondern etwas Schönes“, sagt Julia Steffan. „Wir zwingen kein Kind, etwas Gesundes zu essen, sonst wird die Aversion noch größer.“
Auch wenn die Konzepte noch erarbeitet werden, sind die ersten Veränderungen schon im Kindergartenalltag eingezogen. Statt 405er Mehl wird jetzt mehr Vollkornmehl genutzt, es gibt nur noch einmal pro Woche Fleisch, dafür mehr Fisch und vegetarische Gerichte – und auch mal Hülsenfrüchte. „Die Linsenbolognese und die Bratlinge kamen gut an“, freut sich Jutta Pfanzer. Den Kindern hat's geschmeckt und das haben sie auch kund getan – mit vielen Chips im „Lecker-Schwein“.