Ein Lagerist versucht sich als Erpresser und kommt jetzt mit einer Bewährungsstrafe davon. Er wollte 40 000 Euro und drohte ansonsten mit der "russischen Krawatte".
Ein arbeitsloser Lagerist (35) wollte ein Gespräch, das drei Männer in einem Würzburger Cafe am Nachbartisch führten, zu Geld machen. Bei zahlreichen Anrufen verlangte er einige Tage später Schweigegeld, dabei soll er auch einen festen Begriff osteuropäischer Banden-Profis verwendet und mit der "russischen Krawatte" gedroht haben. Ein Schöffengericht verurteilte den Mann jetzt wegen versuchter räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten und zu 1000 Euro Geldbuße für ein Kinder-Projekt.
Was es mit der "russischen Krawatte" auf sich hat, erläuterte die Staatsanwaltschaft in der Anklage: Damit sei gemeint, den Hals eines Menschen aufzuschneiden und die Zunge durch die entstandene Öffnung zu ziehen. Bei dem Gespräch am Nachbartisch im Cafe hatten sich nach Angaben des Angeklagten drei ihm unbekannte Männer, offensichtlich aus der Versicherungsbranche, über einen Betrugsprozess mit hoher Schadenssumme unterhalten. Er hatte den Eindruck, dass die Drei "mit drin steckten", aber Glück hatten und nicht als Mittäter "dran waren". Er erkundigte sich diskret bei der Bedienung, ob sie die Gäste kennt und erfuhr von ihr zwei Namen. Die dazu gehörenden Rufnummern besorgte er sich im Internet.
Mit unterdrückter Nummer hat der Angeklagte bei einem der Männer angerufen, ihm empfohlen, sich warm anzuziehen und 5000 Euro zu besorgen. Der Angerufene reagierte mit "falsch verbunden" und ging dann vorübergehend nicht mehr ans Telefon.
Bei einem weiteren Anruf sagte der Angeklagte, dass die Beteiligung der drei Männer an dem Betrug durchgesickert sei, die Forderung erhöhte er in Etappen auf zuletzt 40 000 Euro. Es folgten sms-Nachrichten: Wenn nicht bezahlt wird, könne der Angerufene dem verurteilten Kumpel Gesellschaft leisten. Das sei keine Drohung, sondern ein Versprechen. "Und wenn ihr auf russische Krawatte steht, kriegt ihr sie gratis", ergänzte er.
Der Gast aus dem Cafe ließ nicht locker und rief immer wieder an oder sendete Nachrichten aus öffentlichen Telefonzellen. Bei den Drohungen zeigte er sich durchaus kreativ: "Keine Spielchen mehr, Eure Zeit ist um. Versteckt euch nicht, wir sind ganz in eurer Nähe.", hieß es einmal. Und dann: "40 000 Euro, sonst geht ihr alle in den Bau". Und immer wieder war auch von der "Russen-Krawatte" die Rede. Festgenommen wurde der Angeklagte kurz nach dem Verlassen einer von der Polizei überwachten Telefonzelle.
Der Angeklagte gab alles zu, das Gericht verzichtete daher darauf, das Trio aus dem Cafe persönlich kennen zu lernen. Bei dem etwas nebulösen Gespräch der drei Versicherungsleute sei er, zu dem Schluss gekommen, dass es bei dem Betrug, an dem die Männer beteiligt waren, um eine größere Summe gehen müsse. Da er damals über 40 000 Euro Spielschulden hatte und arbeitslos war, habe er sich zu der "Verzweiflungstat" hinreißen lassen, ohne groß nachzudenken.
Was "russische Krawatte" bedeutet, habe er damals gar nicht so genau gewusst, sonst hätte er die Formulierung nicht verwendet, auf keinen Fall hätte er Gewalt angewendet.
Eine junge Staatsanwältin stellte fest: Ob der Angeklagte wusste, was "russische Krawatte" genau bedeutet, spiele keine Rolle. Er sei zwar nicht vorbestraft, aber gleich mit hoher krimineller Energie eingestiegen. Dennoch war auch sie der Meinung, dass Bewährung vertretbar sei. Der Verteidiger sprach von einer "Schnapsidee", menschlich sei es sogar ein kleines bisschen verständlich, dass der damals Arbeitslose den anderen etwas von ihrer "Beute aus Betrug" abnehmen wollte.
Das Gericht beendete die Diskussion um die Bedeutung des Begriffs der "russischen Krawatte": Auch wenn der Angeklagte die Details wirklich nicht kannte, dass es dabei um etwas Schmerzhaftes geht, habe er sicher gewusst. Dass er nicht wirklich zupacken wollte und dass er die Anrufe inzwischen echt bereut, hat das Gericht dem Mann abgenommen. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.