Johann Obermeier ist in Würzburg für jährlich bis zu 70 Bestattungen von Amts wegen zuständig. Die Kosten werden eingefordert - auch von einer Frau, die von ihrem Vater geprügelt wurde.
Kinder dürfen nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg auch dann zu den Kosten für die Beerdigung ihres verstorbenen Vaters herangezogen werden, wenn der ihnen die Kindheit zur Hölle gemacht hatte und sie deswegen bereits vor Jahrzehnten alle Kontakte zu ihm abgebrochen haben.
Im Rechtsstreit mit der Stadt Würzburg um anteilige Beerdigungskosten in Höhe von 844,68 Euro hatte eine Frau (48) aus Kassel ihren Vater als sehr launischen Alkoholiker beschrieben, der sie und ihre Geschwister immer wieder massiv geschlagen und psychisch enorm unter Druck gesetzt habe. Dies habe bei ihr bereits in jungen Jahren erhebliche psychische Beeinträchtigungen zur Folge gehabt.
Sie sei 16 Jahre alt gewesen, als sich die Eltern trennten und seit diesem Zeitpunkt habe sie keinen Kontakt mehr zum Vater aufgenommen. Unter den Folgen der psychischen und physischen Gewalt leide sie noch heute massiv.
Bestattungspflichtige Töchter Der Vater, der zuletzt in einem Altersheim in Buchen im Odenwald lebte, war im April 2010 in einer Würzburger Klinik gestorben. Seine Bestattung hatte die Stadt Würzburg von Amts wegen angeordnet, da trotz intensiver Suche Angehörige nicht auf die Schnelle zu ermitteln waren. Zwei Töchter, die schließlich als "bestattungspflichtig " ermittelt werden konnten, waren nicht bereit, unter Hinweis auf das, was ihnen der Vater angetan hat, auch noch die Kosten für seine Bestattung zu übernehmen.
Dagegen argumentierte die Stadt Würzburg, letztlich mit Erfolg: Bei den Bestimmungen des Bestattungsrechts komme es nicht auf die persönliche Beziehung oder Nähe zwischen dem Verstorbenen und seinen Angehörigen und darauf an, ob die Familienverhältnisse intakt gewesen sind.
Eine der Töchter schluckte den Bescheid, die andere klagte vor dem Verwaltungsgericht und hielt die Forderung der Stadt bei der "Vorgeschichte" für eine absolute "Zumutung": In solchen Fällen müsse das bayerische Bestattungsgesetz Angehörige von den Kosten freistellen. Sie beklagte sich auch darüber, dass sie nicht fristgerecht über den Tod ihres Vaters informiert worden war und außerdem gebe es noch einen Bruder, der von der Stadt Würzburg bei den Beerdigungskosten für den Vater nicht berücksichtigt worden sei.
Prozesskosten-Hilfe abgelehnt Nur in Ausnahmefällen könne eine Kommune, so die Stadt, von der Rückforderung der Bestattungskosten absehen: Zum Beispiel bei schweren Straftaten des Verstorbenen "zu Lasten des Bestattungspflichtigen", die zu einer Verurteilung des Verstorbenen geführt hätten.
Verletzungen der Unterhaltspflicht stellten keinen solchen Ausnahmefall dar und auch die von der Klägerin geschilderten Verfehlungen des Verstorbenen führten nicht dazu, einen derartigen Ausnahmefall anzunehmen.
Die Klägerin und ihr Anwalt waren zur Verhandlung nicht erschienen. Vermutlich, weil das Gericht vorab bereits in einem Beschluss Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt hatte, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Damit war der Prozess für die Klägerseite ganz offensichtlich "gestorben" und für den Anwalt finanziell uninteressant. Die Klage wurde, wie erwartet, als unbegründet abgewiesen.
"Bestattung von Amts wegen" Dass man mit dem Verstorbenen schon lange nichts mehr zu tun hatte und daher auch nicht für seine Beisetzung zuständig sei, diesen Einwand hört Johann Obermeier vom Würzburger Rathaus immer
häufiger, wenn es um "Bestattung von Amts wegen" geht. Der Fachabteilungsleiter für Ordnungsaufgaben, zuständig vom Weihnachtsmarkt über das Kiliani-Volksfest bis zu Demonstrationen und Marathon-Läufen, berichtete vor Gericht von derzeit durchschnittlich 70 Beerdigungen im Jahr, die über seinen Schreibtisch gehen, "mit steigender Tendenz": Todesfälle, bei denen zunächst keine Angehörigen bekannt sind, Erdbestattung sei der Normalfall.
Die Kosten liegen zwischen 1700 und 2000 Euro und, obwohl die Nachforschungen nach Angehörigen intensiv und oft erfolgreich sind, könne man die Verstorbenen ja nicht liegen lassen, bis der richtige Kostenträger für ihre Beisetzung gefunden ist.