Mit der Hochwassergefahr lebt der Kitzinger Franz Köhler schon seit 76 Jahren.
Franz Köhler macht sich lang, stellt sich auf Zehenspitzen und streckt seine linke Hand über den Kopf. "Bis hierhin stand das Wasser schon", sagt er und deutet auf einen imaginären Punkt in etwa zwei Meter Höhe auf der rostbraun gestrichene Wand seines Hauses in der Kitzinger Schrannenstraße. Hinter ihm rauscht der Main vorbei - etwas schneller als gewöhnlich. Vielleicht der erste Vorbote für ein neues Hochwasser im Landkreis Kitzingen.
Gefahrenmeldung
Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg, Servicestelle Würzburg, hat jedenfalls eine Vorwarnung vor Hochwasser herausgegeben. Bis Sonntag soll der Mainpegel demnach weiter ansteigen und der Fluss an einzelnen Stellen über die Ufer treten. Je nachdem, wie das Wetter in den kommenden Tagen wird, könnte es schon bald ein großes Hochwasser geben: "Ich kann nur sagen, dass der Mainpegel steigt - wie hoch er wird, ist aber noch offen", sagt Dieter Hauck vom Wasserwirtschaftsamt in Würzburg.
Eine sichere Prognose sei derzeit nur für das Wochenende möglich. Maßgeblich entscheidend dafür, ob und wie stark der Main im Landkreis überschwappt, ist die Entwicklung im Fichtelgebirge und Frankenwald.
"Hier liegt noch viel Schnee", erklärt der Fachmann. Taut dieser weg und kommen noch Niederschläge hinzu, werde es kritisch für die Mainanlieger im Landkreis.
Das letzte große Hochwasser hat es hier 2003 gegeben. Ob es in diesem Jahr wieder so schlimm wird, da möchte sich Hauck nicht festlegen. "Das wäre zu früh."
Franz Köhler hat viele Hochwasser hautnah miterlebt. Gefahrenmeldungen machen dem 76-Jährigen trotzdem keine Angst. Er ist gut vorbereitet. Sein Keller ist ohnehin so gut wie leer. Außer Kohlen lagert er hier nicht viel. Ein paar Flaschen Wein hat er sicherheitshalber vor einigen Tagen zusammengestellt. Sie holt er im Ernstfall schnell nach oben in seine Wohnung.
Eigene Pumpen
Zudem besitzt er seit einigen Jahren Pumpen, mit denen er einen vollgelaufenen Keller schnell wieder leer bekommt. "Als Anlieger muss man mit der Gefahr leben und sich nach besten Möglichkeiten schützen."Irgendwann in den 60er oder 70er Jahren hat ihm ein Freund, der Landwirt ist, mit seiner Jauchepumpe ausgeholfen, erzählt Köhler. Später hat er sich selbst Pumpen angeschafft.
Mit dem Main und damit auch mit der Gefahr vor der Haustüre lebt der 76-Jährige schon seit frühester Kindheit. Das Haus in der Schrannenstraße ist sein Elternhaus. Hier ist er aufgewachsen. Später hat er es von seinen Eltern übernommen.
Das Gebäude steht fast direkt am Fluss, ist nur durch eine Fußgängerpromenade vom Wasser getrennt.Tritt der Main über das Ufer, läuft die Brühe fast automatisch in Köhlers Keller. "Es drückt sich dann vom Boden hinein", erklärt er.
Früher war das Hochwasser eigentlich in jedem Winter zu Gast im Köhlerschen Keller. Im Durchschnitt ein- bis zweimal im Jahr. Manchmal auch kurz hintereinander.
In die Wohnung ist die Flut aber nie gekommen. Auch nicht ins Parterre. Ein Umzug war für Franz Köhler deshalb auch noch nie ein Thema. Doch die Pumpen waren eine wichtige Anschaffung. Auch die Kanalisation am Main hat dem heute 76-Jährigen das Leben etwas erleichtert. Seitdem es sie gibt, sind die unliebsamen Besuche des Mainwassers in Köhlers Keller seltener geworden.
Gut gerüstet
Der Mainanlieger fände es schön, wenn es so bleiben würde. Doch falls der Fluss am Wochenende überläuft, ist er gut vorbereitet. Vor kurzem hat er seinen Keller etwas umgebaut und die Pumpen neu installiert. "Sie bringen das Wasser jetzt besser raus", erklärt er.
Sobald die Pegel in Trunstadt und Schweinfurt steigen, geht er dann noch ein letztes Mal in den Keller, um eine gepackte Weinkiste zu holen. Die Hauptarbeit erledigen im Ernstfall dann die Pumpen.