Christof der Meister, der keinem Herren dient

3 Min
Der Kitzinger Künstler Klaus D. Christof in seinem Werkstatt-Atelier. Fotos: Diana Fuchs
Der Kitzinger Künstler Klaus D. Christof in seinem Werkstatt-Atelier. Fotos: Diana Fuchs
Eine heilige Bronzekuh aus Indien, ein Kiefernzapfen, ein Nikoläuschen: Christofs Atelier ist Teffpunkt für inspirierende Gegenstände aller Art.
Eine heilige Bronzekuh aus Indien, ein Kiefernzapfen, ein Nikoläuschen: Christofs Atelier ist Teffpunkt für  inspirierende Gegenstände aller Art.
 
Da kommt Phantasie auf: Am Etwashäuser Mainufer ist ein stattlicher Wal gestrandet.
Da kommt Phantasie auf: Am Etwashäuser Mainufer ist ein stattlicher Wal gestrandet.
 
Die Vereinigten Arabischen Emirate bieten Christof immer wieder Anregungen. Unter anderem für dieses Bild einer orientalischen Obstschale.
Die Vereinigten Arabischen Emirate bieten Christof immer wieder Anregungen. Unter anderem für dieses Bild einer orientalischen Obstschale.
 
Geschenk einer Stadträtin: In diesem Wasserflaschen-Verschluss aus dem Kitzinger Sitzungssaal befindet sich Christofs Malmittel.
Geschenk einer Stadträtin: In diesem Wasserflaschen-Verschluss aus dem Kitzinger Sitzungssaal befindet sich Christofs Malmittel.
 

In seinem Universum aus Farben und Formen ist Klaus D. Christof sein eigener Chef. Ein Besuch in seinem Werkstatt-Atelier ist phantastisch wie eine Reise zum Regenbogen.

Mit leisem Knarren setzt sich die schwere, hölzerne Haustür in Bewegung. Der Meister lugt heraus, deutet ein Lächeln an und macht eine einladende Handbewegung: Nur herein ins Märchenland! Ein paar Stufen geht es nach oben. Zur Linken öffnet sich ein quadratischer Raum, zwei Geschosse hoch. Milchiges Herbstlicht fällt durch weiße Rundbogenfenster. Es setzt die farbintensiven Bilder an den Wänden der Galerie geheimnisvoll in Szene.

Eine Treppe führt hinunter in die Mitte des Raumes, direkt an die große Staffelei und den Maltisch. Wenn man hinabsteigt, wird es kühler und riecht nach frischer Farbe. Das Auge nimmt unzählige Details wahr: Plakate, Skizzen, Rahmen und auf Regalen allerhand Skurriles: eine bronzene Mini-Kuh, getrocknete Fruchtstände, ein ausgestopfter Fasan. Klaus Christofs Atelier ist zugleich seine Werkstatt. Ein Universum aus Farben und Formen. Hier also, in einem alten Pumpwerk an der Mainstockheimer Straße, verdient der
2. Bürgermeister der Stadt Kitzingen sein Geld. Christof runzelt die Stirn. Geld ist nicht das beste Stichwort, wenn es um Kunst geht. "Mein Vater wollte, dass ich etwas G´scheites lerne", erzählt der 63-Jährige.
"Banker oder Lehrer oder so." Tatsächlich hat Klaus Christof als Kunstlehrer sogar ein Staatsexamen abgelegt, "aber dann hab´ ich mich umgehend selbstständig gemacht". Der brennende Wunsch, frei zu sein als Künstler, war einfach größer als der Reiz finanzieller Absicherung.

Das Künstlerdasein galt damals noch als "Hungerberuf", erinnert Christof sich. Aber was soll man machen, wenn man einfach nicht der Typ ist, der sich gern sagen lässt, was er tun und lassen soll?


Der streitbare Künstler


Ebenso klar wie sein beruflicher Weg war, dass er vom Vater, der selbst viel gezeichnet und gemalt hat, nur schwerlich Lob ernten würde. "Mein Vater war mein beständiger Kritiker und hat unmissverständlich klargemacht, dass man immer weiter an sich arbeiten muss und nie selbstzufrieden auf das Ergebnis schauen darf."
Ob dieses "Granteln" auf den Sohn abgefärbt hat? Christof legt den Kopf schief. Natürlich weiß er um das Bild vom "streitbaren Künstler", das viele Kitzinger in ihm sehen und das er durch seine Auftritte im Stadtrat ja auch beständig forciert. Jetzt zuckt er mit den Schultern: "Keine Ahnung, wie ich mit Lob geworden wäre..."
Eins jedenfalls ist Christof nicht geworden: ein Künstler des Zeitgeistes. Im Gegenteil: Mitte der 60er Jahre faszinierte ihn der phantastische Realismus aus Wien, dessen Werke voller Herzblut stecken. "Man kann damit so viel ausdrücken!" Kleine Details, große Wirkung. Auch als das Abstrakte diese "magische" Stilrichtung verdrängte, blieb Christof ihr treu.

"Modeerscheinungen will ich mich nicht unterwerfen." Christof möchte unabhängig sein "und das tun, was mir wichtiger ist als der landläufige Konsum". Was zum Beispiel? "Ich kann lesen, reisen, Zeit darauf verwenden, Dinge ganz genau zu betrachten und mich intensiv mit etwas zu befassen. Es ist ein ungeheueres Geschenk, Zeit zum Nachdenken zu haben!"


Poster statt Gemälde


Zum Beispiel über den gesellschaftlichen Wandel. "Mit dem Computer ist die Schnelllebigkeit gekommen", analysiert der Künstler. Statt eines Gemäldes hängten sich viele lieber ein Poster von Ikea an die Wand - "das kann man schneller auswechseln". Beständig- und Wertigkeit würden zweitrangig.

Der Kunstbegriff habe sich in den letzten 40, 50 Jahren dramatisch geändert. "Wenn einer einen Pinsel halten kann, sagt er heute gleich: Ich bin Künstler." Der breiten Masse fehle zudem die musische Bildung. "In meiner Kindheit spielte die in der Schule noch eine Rolle." Als Mensch könne er an dieser Entwicklung vielleicht nicht viel ändern, als Maler aber womöglich schon. Christof will die Menschen dazu bewegen, "dass sie sehen und erkennen und nicht nur hingucken". Seinen Gemälden gibt er auch deshalb keine Untertitel. "Die Leute sollen selbst Interpretationen finden."


Pinsel aus Erdhörnchenhaar


Oft hat er mit seinen handgemachten Pinseln aus Erdhörnchen-Schwanzhaar, die er eigens aus Indien mitgebracht hat, Details aus Kitzingen verewigt. Das Titelbild der Rathaus-Ausstellung ziert die alte Scheuern stuhl-Brauerei, die einst wie eine Burg über der Stadt thronte und schließlich dem heutigen McDonald´s-Gebäude wich. "Es ist mir ein Anliegen, dass andere erkennen, welche historische Qualität wir hier haben. Und bewahren sollten."

So wie Klaus Christof alte Handwerkstechnik und Tradition bewahrt. Bis aus seinen Skizzen fertige Bilder werden, dauert es manchmal Jahre, manchmal nur wenige Wochen. "Man darf nichts erzwingen. Sonst geht es in die Hose!" Es gebe Tage, "an denen ich wirklich nur Bilderrahmen sägen kann".
Und dann kommen wieder andere Zeiten. Zeiten, in denen der Meister die Farben des Regenbogens wieder ganz neu mischt. Und auf ihnen gegen den Strom schwimmt.