Die Kitzinger BauGmbH hat ihren Mietern die Kündigungen für die Wohnungen entlang der Bundesstraße 8 geschickt. Wo werden sie und die Bewohner der Stadt- sowie der GBW-Häuser künfig leben? Im Finanzausschuss gibt es auf diese Frage nur vage Antworten.
Andrea Schmidt hängte sich rein. Die Referentin für das Siedlungs-Förderprogramm "Soziale Stadt" redete mit Engelszungen auf ihre Kollegen des Finanzausschusses ein. Dennoch: Am Ende erhielt die ödp-Stadträtin keine Mehrheit für ihren Antrag, ein umfassendes Konzept zur Weiterentwicklung der Siedlung, insbesondere des Bereichs Breslauer Straße/Galgenwasen, zu erarbeiten. Dem Gros des Gremiums kam ihr Vorschlag "zu früh".
Wenig später scheiterte auch ein SPD-Antrag, der darauf abzielte, in der Breslauer Straße einen Milieu-Schutz zu etablieren und den Bewohnern möglichst viel Zukunftssicherheit zu geben.
"Keine übermäßigen Reaktionen" Die Grundstücke und Wohnblocks entlang der Mainbernheimer Straße/B 8 in der Siedlung gehören drei verschiedenen Eigentümern mit unterschiedlichen Interessen: Der Stadt Kitzingen
und ihrem Tochterunternehmen BauGmbH - insgesamt 125 Wohnungen, davon sind derzeit 31 leer - sowie der bayerischen Wohnungsbaugesellschaft GBW, über die Größe deren Immobilien gibt es keine gesicherten Aussagen.
In den Wohnungen - viele sind nach Meinung von Experten in einem äußerst schlechten Zustand und nicht sanierungswürdig - leben vorwiegend finanziell schwächer gestellte Mitbürger. Die Mieter der BauGmbH haben bereits den Bescheid bekommen, dass das Mietverhältnis aufgelöst wird - laut Norbert Brand, dem Geschäftsführer der BauGmbH, gab es keine "übermäßig großen Reaktionen".
Neuer Eigentümer steht noch nicht fest Was mit den Plattenbauten der GBW/GWF in der Breslauer Straße 34 bis 60 geschieht, kommt ganz auf den neuen Eigentümer an, der in einem Bieterverfahren ermittelt wird.
"Das Thema ist so brisant und von so großer Bedeutung, dass wir ein Konzept erstellen und die Entwicklung auf ein gutes Fundament stellen müssen", appellierte Schmidt an die Mitglieder des Finanzausschusses. Sie wollte erreichen, dass die künftige Nutzung der Flächen in der Breslauer Straße ebenso in sinnvolle Bahnen gelenkt wird wie die erforderliche Kanalsanierung dort.
Der wegfallende soziale Wohnraum müsse kompensiert werden und gleichzeitig müsse man sich Gedanken über die Zukunft anderer städtischer Wohnungen und des Notwohngebietes in der Egerländer Straße machen - auch im Hinblick auf die Wohnraumanalyse, den demografischen Wandel und die Fortschreibung des Integrierten Handlunskonzeptes Soziale Stadt, meinte Schmidt.
"Verfrüht" Oberbürgermeister Siegfried Müller (UsW) sprach von "vielen offenen Fragen". Auf den städtischen Flächen am Galgenwasen etwa war einst ein Bürgerpark angedacht gewesen. Aber ergibt ein solcher noch Sinn, nachdem das Stadtteilzentrum auf der anderen Seite der B8, im St.Vinzenz-Heim, etabliert wird?
Müller fand, die Räte könnten zwar ruhig grünes Licht für ein gemeinsames Entwicklungskonzept von BauGmbH und Stadt geben. "Der Rest aber hängt von so vielen Faktoren ab, dass wir da heute noch nichts beschließen können."
"Es ist zu früh zu entscheiden", meinte auch Andreas Moser (CSU) und nannte als Beispiel die Wohnsiedlung "Marshall Heights", bei der das Bieterverfahren möglicherweise in Kürze beginnen und sich dann eine Entwicklung abzeichnen werde.
Keine große Begeisterung Auch aus den übrigen Fraktionen hielt sich die Begeisterung über Schmidts Antrag in Grenzen. Nur bei der SPD erhielt sie Unterstützung: "Wir freuen uns über den ödp-Antrag. Dass alles zu früh kommt, ist nicht unsere Meinung", stellte Brigitte Endres-Paul fest.
"Ich verstehe die Welt nicht mehr!", kommentierte Andrea Schmidt den Gegenwind aus dem Kreis der Finanzausschuss-Mitglieder. "Erst recht nicht, weil ja eben fast alle Fraktionen betont haben, sie hätten in der Vergangenheit bereits einen ähnlichen Antrag gestellt." Schmidt schüttelte den Kopf und versuchte es erneut mit Appellen: "Wir haben doch die Verantwortung! Wir müssen mit Weitblick für die Bürger der Stadt agieren!"
OB Müller gab ihr in diesem Punkt recht; doch der Komplettantrag sei verfrüht: "Erst müssen wir mit den
Eigentümern klären, was deren Belange sind. Dann alles Weitere...."
Bauamtsleiter Oliver Graumann meinte, man sei im Prinzip gar nicht weit voneinander entfernt: "Klar ist: Wir brauchen ein gemeinschaftliches Konzept - mit Blick auf die ganze Soziale Stadt." Andreas Moser wandte sich direkt an Andrea Schmidt: "In drei, vier Monaten würde Ihr Antrag sicher anders beraten." Doch Schmidt wollte ihr Schreiben weder zurückziehen noch modifizieren. Und so wurde der Antrag mit 3:10 Stimmen abgelehnt; nur aus der SPD erhielt Schmidt Rückendeckung.
Einen eigenen Antrag brachte die SPD wenig später nicht durch. Mit 4:9 lehnte die Finanzausschuss-Mehrheit es ab, Erhaltungssatzungen für die GBW-Wohnbereiche zu erlassen. Die SPD hatte damit erreichen wollen, dass sozial Schwachen auch weiterhin bezahlbare Wohnungen garantiert sind.
"Das ist ein Wahlkampfthema", winkte Karlheinz Schmidt (UsW) ab.
Franz Böhm (ProKT) äußerte sich ähnlich. Brigitte Endres-Paul zeigte sich jedoch schlagfertig: "Auch im Wahlkampf kann man für eine gute Sache kämpfen."
"Es gibt Wohnungsnot!" Für Karlheinz Schmidt geht eine Erhaltungssatzung dennoch "viel zu weit" und bringe viel zu großen Verwaltungsaufwand mit sich. Klaus Christof (KIK) widersprach ihm: Die Stadt müsse den Mut haben, Einfluss auf den wichtigen Wohnungsmarkt zu nehmen. "Es gibt bei uns Wohnungsnot!"
"Viele Leute haben einfach das Geld nicht, sich dem normalen Wohnungsmarkt zu stellen", war Andrea Schmidt sicher. Viele Mieter entlang der B 8 hätten Angst, künftig keinen bezahlbaren Wohnraum mehr zu bekommen.
Andreas Moser (CSU) meinte, die GBW-Nachfolger würden sich zunächst für die Immobilien in Großstädten wie Nürnberg und München interessieren; in Kitzingen werde es möglicherweise erst mal nur beim Status Quo bleiben. "Das kann für uns dann eine Chance sein, Gebiete zu entwickeln."
Apropos Chance: Nächsten Donnerstag sind beide Anträge nochmals Stadtratsthemen.
Drei Eigentümer: Die Stadt selbst hält die Häuser Galgenwasen 13-37 mit insgesamt rund 2300 Quadratmetern Wohnfläche. Von den 46 Wohnungen dort stehen aufgrund schlechter Ausstattung acht leer.
Der BauGmbH - einer hundertprozentigen Tochter Kitzingens - gehören am Galgenwasen 12/12a und in der Breslauer Straße 2 bis 32 insgesamt 18 Häuser mit 79 Wohneinheiten und gut 4300 Quadratmeter Wohnfläche. 23 Wohnungen stehen aktuell leer.
Die Objekte in der Breslauer Straße 34 bis 60 befinden sich im Eigentum der bayernweit größten Wohnungsbaugesellschaft
GBW beziehungsweise der GWF GmbH, ihre Wohnfläche und die Anzahl der Wohnungen entlang der B 8 ist nicht bekannt. Insgesamt gibt es in Kitzingen rund 600 GBW-Wohnungen. Da die Bayerische Landesbank ihren 92-prozentigen Anteil an der GBW verkaufen muss, befürchten die Mieter drastische Mieterhöhungen und Entmietungen durch neue Eigentümer.