Der zwölfjährige Raphael Stöckl aus Kitzingen fackelte nicht lange: Das Geld, das er gefunden hatte, brachte er sofort zur Polizei.
Sportlich wie er ist, brauchte Raphael nur ein paar Sekunden, um den "Schatz" zu erkennen und zu bergen. Er schwang sich aus dem Sattel seines Rades und bückte sich hinunter auf den Boden, wo er ein seltsam schimmerndes Papierhäufchen entdeckt hatte. Er hob es auf - und seine braunen Augen wurden ganz groß: Er hatte einen Batzen Geld gefunden!
Raphael Stöckl ist ein guter Rechner. In der Dettelbacher Realschule hat der Zwölfjährige nicht umsonst den mathematischen Zweig gewählt. Er wusste genau, dass die "Kohle" ihn ein gutes Stück näher an ein neues Rennrad oder einen iPod bringen könnte. Doch als er nun die gefundenen Scheine in der Hand hielt, "war mir schon klar, dass das nicht mein Geld ist".
Er zeigte den Fund zunächst seiner Mutter, die in unmittelbarer Nähe war und trocken feststellte: "Es rentiert sich, sich zu bücken." Als Raphael sie fragte, was er nun machen solle, gab sie zurück: "Was denkst Du?" Raphael musste nicht lange überlegen. "Ich muss das Geld zur Polizei bringen."
Wo sich die Polizeiinspektion in Kitzingen befindet, weiß Raphael schon seit seiner Kindergartenzeit, die er im Kiga Kapuzinerstraße verbrachte. Außerdem, berichtet er, "kommen wir bei der Polizei vorbei, wenn wir mit dem Fahrrad zum Schwimmbad fahren". Also schnappte er sich sein Rad und seinen neunjährigen Bruder Gabriel - und ab ging´s Richtung Landwehrstraße 18. Als er vor dem Gebäude mit den vergitterten Erdgeschossfenstern stand, fand Raphael zwar erst mal keine Klingel. "Aber dann hat mir schon ein Polizist aufgemacht, der mich gesehen oder gehört hatte."
Drinnen, auf dem Revier, musste der Zwölfjährige einige Fragen beantworten. Raphael erinnert sich daran, dass der Polizist ihn - wohl aufgrund seines jugendlichen Alters - fragte, ob er Angehörige dabei hat. "Ich habe gesagt: ´Meinen kleinen Bruder. Der muss draußen warten und auf die Fahrräder aufpassen.´" Danach galt es, Formulare ausfüllen: Neben seinem Namen und der Adresse ging es auch um den exakten Fundort, die Stückelung und den genauen Wert des Geldes. Details darüber darf Raphael nicht verraten, denn der wahre Eigentümer muss seinen Besitz eben anhand dieser Angaben geltend machen, wenn er sein Geld zurückhaben möchte.
Bisher hat sich jedoch noch niemand gemeldet.
Wenn der rechtmäßige Eigentümer nach einem halben Jahr nicht gefunden ist, könnte Raphael das Geld bekommen - wenn er einen so genannten Eigentumsvorbehalt anmeldet. Joachim Strittmatter, stellvertretender Leiter der Kitzinger Polizeiinspektion, würde es dem Jungen durchaus gönnen. "Ich finde es ganz, ganz klasse, dass er sich so verhalten hat. Das verdient Respekt und spricht ein Stück weit auch für seinen Charakter und seine Erziehung."
Vielleicht hat Raphael aber auch ein besonderes "Finder-Gen". Immerhin, erzählt seine Mutter Yvonne, hat er gemeinsam mit zwei anderen Kindern schon einmal einen gut bestückten Geldbeutel auf dem Geyer-Platz gefunden. "Damals konnten wir den Eigentümer anrufen, weil wir seinen Perso hatten. Jeder von uns hat fünf Euro Finderlohn bekommen", erinnert sich Raphael und grinst.
Ob er auch diesmal auf einen solchen hofft? "Raphi" zuckt die Schultern. "Schön wär´s schon. Aber wenn´s nix wird, dann wird´s halt nix." Sein Kurs ist - mit oder ohne Finderlohn - klar: Neben der Schule will der Kitzinger jetzt das Gitarrespielen lernen und weiterhin seinen Hobbys frönen, vor allem dem Schwimmen, Turnen - Sechskampf -, und Fußballspielen.
Sportlich wie er ist, wird Raphael Stöckl sich sicher ein weiteres Mal bücken, wenn es auf dem Boden verdächtig schimmert.