Aiwanger prangert Murks der Regierenden an

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Heimspiel: Auch beim zweiten Auftritt in Gnodstadt wurde Hubert Aiwanger stürmisch gefeiert.
Foto: Ivana Biscan
Ein Prosit auf 175 Jahre Brauerei Düll und den Tag des Bieres sagen diese vergnügten Herrschaften in Gnodstadt.
 

Tag des Bieres in Gnodstadt. Da geht's deftig zu. Vor allem mit einem Hubert Aiwanger in Bestform. Der schenkte der politischen Konkurrenz kräftig ein - vor 400 Zuhörern.

Die Zeiten sind unsicher und rau – da rückt man gerne enger zusammen. Dies umso mehr, wenn Sebastian Rank zum Tag des Bieres nach Gnodstadt ruft und auch an einem Montagabend über 400 gut gelaunte Gäste begrüßen kann.

„In welcher Welt leben wir eigentlich?“, fragt der Brauerei-Seniorchef zu Beginn. „Wo eine Partei, in der viele Rechtsradikale Unterschlupf finden, bei Landtagswahlen zweistellige Prozentzahlen erreicht: Wehret den Anfängen!“ Der Gastgeber führt Hubert Aiwanger mit den Worten ein: „Sie sind der Erste, der hier zum zweiten Mal am Rednerpult stehen wird.“ Zur Begrüßung von Landrätin Tamara Bischof baut Rank die kleine Spitze Richtung CSU ein: „Heute dürfen Sie reden, der Otto Hünnerkopf ist ja nicht da.“

„Wir wollen den klassischen Diplom-Ingenieur wieder haben.“
Hubert Aiwanger kritisiert die Bachelor-Studiengänge

Mit ihm hatte sich Rank im Wahlkampf 2013 ein Gerangel um Grußworte geliefert. Seit dem Zerwürfnis gehen der CSU-Kreischef und Rank beim Tag des Bieres getrennte Wege.

Tamara Bischof greift den Ball auf: „Ich war nicht immer eingeladen“, sagt die Landrätin und hat die Lacher auf ihrer Seite. „Aber wenn ich da war und nicht reden durfte, habe ich mein Mauskript einfach für mich behalten.“ Ihrem Parteifreund Aiwanger ruft Bischof zu: „Ich weiß ja nicht, wie du das mit der zweiten Einladung gemacht hast. Jetzt erwarten die Leute auch, dass du ihnen reinen Wein“ – lautes Gelächter – „äh, natürlich reines Bier einschenkst.“

Aiwanger nennt den Saal voller Zuhörer „gelebte Heimat“ und punktet mit einer Anekdote vom Rundgang durch Gnodstadt. „Schön ist es hier, auch das Gotteshaus. Nur war es leider abgesperrt. Vermutlich hat sich der Pfarrer gedacht: Wenn ein Niederbayer kommt, sperr ma zu.“

Dass Aiwanger bierzelttauglich ist, zeigt sich in jeder Phase seiner Rede: Etwa wenn er die große Politik geißelt, die „die Puppen in den größten Städten tanzen lässt, das ganze Geld dort hin schaufelt. Und auf dem flachen Land, der Seele unseres Landes, hängt dann alles an Fragen wie: Gibt es schnelles Internet – ja oder nein, Ärzte und Apotheke ja oder nein. Ich kann nicht mehr hören, dass wir uns das nicht leisten können.“

Anstatt Hebammen vom Land zu verjagen, weil deren Versicherungsprämie angeblich zu teuer ist, werden mit Milliarden Investmentbanker gerettet. „Das ist ein Trauerspiel<. Genau umgekehrt müsste es sein.“ Das G-8 sei Murks, die Bachelor-Studiengänge ebenfalls. Das Schmalspur-Abitur müsse weg, das Studenten produziert, die nicht studienfähig sind. „Wir wollen den klassischen Diplom-Ingenieur wieder“, fordert Aiwanger. Stürmischer Applaus. „Ich komme gerade von Siemens in Würzburg. Die Chefs dort fänden Diplom-Ingenieure ebenfalls gut, teilen die Sorge, dass Deutschland den Anschluss verliert.“

Die 17 Stellen für Kitzingen durch das Staatsarchiv nennt der Freie-Wähler-Chef „ein Trostpflaster auf einen Knochenbruch“. Zumal Jobs in großem Tempo verloren gehen, etwa bei den Milchbauern. „250 000 hatten wir einst, heute sind es bundesweit noch 32 000. In fünf Jahren bleiben 20 000, in zehn noch 5000. Kanzlerin Merkel betreibe Politik für Aldi und Lidl. „Die leben von Überschüssen, weil sie damit billig an Ware kommen.“

„Das sieht aus wie der Todesstreifen auf der DDR-Grenze.“
Hubert Aiwanger zu den Schneisen für die Erdverkabelung

Die geplanten Stromtrassen seien milliardenschwerer Irrsinn, der sogar von den Grünen mitgetragen werde. „Wir sind für dezentrale Energieerzeugung. Das man uns jetzt die Erdverkabelung als Lösung vormacht, ist unredlich. Dafür müssen 20 Meter breite Schneisen durch Landschaft und Wälder geschlagen werden, tief wie der Keller bei einem Hausbau. Und dann darf obendrauf nichts wachsen, kein Baum, kein Strauch. Das sieht dann aus wie der Todesstreifen an der DDR-Grenze.“

Die Regierungen würden regelmäßig Großprojekte planen, die nichts taugen. „Und dabei sind sie noch nicht mal in der Lage, Straßen und Brücken zu reparieren.“ Aiwanger erntet am Ende stürmischen Applaus, geht von Tisch zu Tisch, redet mit den Gästen. Insbesondere der Teil zur Erdverkabelung hat Landrätin Tamara Bischof gefallen. „Das hat man so klar noch selten gehört.

“ Gastgeber Sebastian Rank war beseelt, wird aber Aiwangers Angebot, 2017 gerne wiederzukommen, wohl eher nicht annehmen. Und dann hatte Enkelin Antonia noch ihren Auftritt, durfte dem Gast einen Geschenk-Korb überreichen.

Ach ja – Pfarrer Christoph Schwethelm wollte natürlich nicht auf sich sitzen lassen, dass die Kirche versperrt ist. „In einer Viertelstunde ist sie offen, jeder darf kommen. Die ersten drei Reihen kann ich sogar auf Dauer vergeben.“ Solche Pfarrer bräuchte es mehr – natürlich hat Hubert Aiwanger für die Heimfahrt auch noch den Segen von oben mitgenommen.