Streit um Rentenpaket: Spahn macht Druck auf Junge Union - Regierung vor "existenzieller Krise"?

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Am Freitag soll über das Rentenpaket abgestimmt werden. Schon heute gab es einen Probelauf.

Wie sieht die Rente der Zukunft aus? Darüber wird in Berlin seit Wochen gestritten. Denn: Die Jugendgruppe von CSU und CDU, die Junge Union (JU), will bei den Plänen von rot-schwarz nicht mitziehen: Stabiles Rentenniveau? Ja - aber nicht noch nach dem Jahr 2031. Die Abgeordneten der Jungen Union befürchten, dass dadurch immense Kosten auf jüngere Generationen zukommen.

SPD und Union kommen den jungen Zweiflern jedoch nur bedingt entgegen. An dem Gesetzesentwurf werde nichts mehr geändert, machen sie deutlich. Allerdings könne zusätzlich zum Renten-Gesetz ein Entschließungsantrag vorgelegt werden, so der Vorschlag. Jens Spahn (CDU) versuchte es auf eine andere Art: Er übte ordentlich Druck auf die Abweichler aus. Nun gab es eine Probeabstimmung im Bundestag:

Probeabstimmung im Bundestag: "Das wird es"

Die Fraktion der Union hat sich mit überwältigender Mehrheit für die Unterstützung des umstrittenen Rentenpakets im Bundestag ausgesprochen - es gab jedoch auch zahlreiche Gegenstimmen. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern einer Fraktionssitzung. Die genaue Anzahl der Nein-Stimmen und Enthaltungen bei der Probeabstimmung blieb zunächst unklar. Es war jedoch von etwa 15 Gegenstimmen und einzelnen Enthaltungen die Rede

Das Rentenpaket wird vor allem von jungen Abgeordneten in der Fraktion abgelehnt. Die Abstimmung im Bundestag soll am Freitag (5. Dezember 2025) stattfinden. Bis Donnerstag (4. Dezember 2025) um 12:00 Uhr sollen die Abgeordneten der Fraktionsführung endgültig mitteilen, wenn sie dem Gesetz nicht zustimmen wollen. Erst dann herrscht weitgehende Klarheit. Anders als bei der im ersten Versuch gescheiterten geheimen Richterwahl im Juli wird diesmal namentlich abgestimmt. Mit verdeckten Karten können die Abgeordneten also nicht spielen.

Sie müssen Stellung beziehen. Wie viele Gegenstimmen aus den eigenen Reihen für die Koalition tragbar sind, hängt davon ab, wie viele Abgeordnete am Freitag anwesend sind. Wenn alle da wären, bräuchte die Koalition 316 von 630 Stimmen für eine eigene Mehrheit. CDU, CSU und SPD kommen zusammen auf 328 Stimmen.

Spahn mahnt zur Disziplin

Kanzler und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz appellierte in der Fraktionssitzung nach Angaben von Teilnehmern noch einmal eindringlich an die jungen Renten-Rebellen, dem Paket zuzustimmen. Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) hatte bereits vor der Sitzung alle Abgeordneten dazu aufgerufen, sich an ein Mehrheitsvotum zu halten. "Ich weiß, wie viele Kolleginnen und Kollegen mit sich ringen in der Abwägung unterschiedlicher Aspekte", sagte er.

Wenn aber mehrheitlich eine Zustimmung empfohlen werde, "gibt es die klare Erwartung auch in unserer Arbeitsordnung, dass dann diejenigen, die es anders gesehen haben in dieser Abstimmung, dann gemeinsam mit der Mehrheit der Fraktion im Deutschen Bundestag abstimmen". Vor den Abgeordneten sagte Spahn laut Teilnehmern, es gehe jetzt konkret um die Stabilität der Regierung. Bei einem Scheitern gäbe es keinen Applaus mehr. 90 Prozent der Unionswähler würden dann fragen: "Was macht ihr da."

Der Widerstand gegen das Rentenpaket kommt vor allem aus der Jungen Gruppe der Unionsfraktion, die sich seit Monaten gegen das Rentenpaket stellt. Zu ihr zählen 18 Abgeordnete, die zu Beginn der Legislaturperiode höchstens 35 Jahre alt waren. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Rentenniveau - also das Verhältnis der gesetzlichen Rente eines Standardrentners mit 45 Beitragsjahren zum Durchschnittsverdienst aller Erwerbstätigen - von 48 Prozent über 2031 hinaus würde ihrer Überzeugung nach untragbare Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe verursachen.

Koalitionsspitze hat sich festgelegt: Keine Änderungen

Die Spitzen von Union und SPD hatten sich am Freitag im Koalitionsausschuss dennoch darauf geeinigt, den Gesetzentwurf nicht mehr zu ändern. Nach einem Kompromissangebot soll jedoch die längst beschlossene Rentenkommission bereits dieses Jahr mit Vorbereitungen für eine umfassende Reform beginnen. Bis Mitte 2026 soll sie demnach Vorschläge vorlegen und auch mit Vertretern der jungen Generation besetzt werden - zum Beispiel aus der Jungen Gruppe. Außerdem soll sie auch Themen behandeln, die für die SPD bisher ein Tabu waren, zum Beispiel ein späteres Renteneintrittsalter als 67.

Der Jungen Gruppe reicht das Kompromissangebot nicht aus. Nach drei Tagen Bedenkzeit veröffentlichte sie am Montag ein Positionspapier, in dem das Gesetz nach wie vor als "nicht zustimmungsfähig" bezeichnet wird. Darin erklärte die Gruppe jedoch, die Mitglieder seien in ihrem Abstimmungsverhalten frei. Sie müssen sich nun zwischen ihrer inhaltlichen Überzeugung und dem Koalitionsfrieden entscheiden.

Der CDU-Abgeordnete Daniel Kölbl hat sich am Montag als Erster öffentlich erklärt. "Ich möchte keine Regierungskrise. Deswegen werde ich mein Abstimmungsverhalten im Zweifel entgegen meiner inhaltlichen Überzeugung so ausrichten, dass meine Stimme nicht die entscheidende Stimme für ein Scheitern des Rentenpakets wäre", sagte er dem "Spiegel". Neben ihm hat sich bisher nur der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, festgelegt - hinter verschlossenen Türen.

Er kündigte in der CDU-Vorstandssitzung am Montag laut Teilnehmern ein Nein an. Generell heißt es, dass Abgeordnete aus Bundesländern, in denen nächstes Jahr gewählt wird, am ehesten für das Rentenpaket stimmen werden. Philipp Amthor (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Digitalministerium und Mitgliederbeauftragter im CDU-Vorstand, zählt dazu. Von ihm sagt man seit längerem, dass er die Koalition nicht über die Klinge springen lassen würde.

Spahn macht seit Tagen Druck

Vor allem Unionsfraktionschef Spahn nimmt sich seit Tagen die Jungen nacheinander vor und versucht, sie umzustimmen. Medienberichten zufolge soll er dabei zumindest durch die Blume mit hinteren, wenig aussichtsreichen Listenplätzen bei der nächsten Bundestagswahl gedroht haben. "So konkret habe ich das nicht", sagte Spahn am Sonntag in der ARD-Sendung "Miosga" dazu. "Ich führe einfach freundliche, klare Gespräche, ich drohe nicht." Es sei aber klar, dass "über Szenarien und Konsequenzen" gesprochen werde.

Kein Plan B für ein Scheitern Eine Verschiebung der Abstimmung kommt für die Unionsführung nicht infrage und es wäre auch nur mit einer Verkürzung der vorgeschriebenen Fristen möglich. Am 19. Dezember soll der Bundesrat nach dem Plan der Koalitionsspitzen zustimmen und am 1. Januar das Gesetz in Kraft treten. Wenn alles schief läuft am Freitag, dann steckt die Koalition ganz tief in einer existenziellen Krise. Über einen Plan B möchte noch niemand so recht reden. Spahn sagte vor der Fraktionssitzung auf die Frage, ob er politische Konsequenzen ziehen werde, wenn das Gesetz scheitert: "Das ist ganz einfach. Wenn wir ein Gesetz zur Abstimmung stellen, dann muss und wird es eine Mehrheit bekommen." Nachfrage: Und wenn nicht: "Das wird es."

Debatte um Rentenpaket: Deshalb sind die Stimmen der Jungen Union so wichtig

Mithilfe des Votums wollte die Fraktionsführung feststellen, mit wie vielen Abweichlern sie bei einer Entscheidung im Bundestag rechnen muss. Diese soll nämlich schon am kommenden Freitag, 5. Dezember 2025, fallen. Denn: Die schwarz-rote Koalition hat nur eine Mehrheit von zwölf Stimmen im Parlament. Stimmen die 18 Abgeordneten der Jungen Gruppe also gegen das Rentenpaket, haben Union und SPD keine sichere Mehrheit mehr.

In der Probeabstimmung am Dienstag (2. Dezember 2025) war das jedoch nicht der Fall. 

Doch was kritisiert die Junge Union überhaupt an dem Rentenpaket? Ihnen geht es vor allem darum, dass laut dem Gesetzesentwurf auch nach 2031 ein stabiles Rentenniveau von 48 Prozent angepeilt ist. Denn das verursache nach ihrer Überzeugung inakzeptable Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe. 

Kompromiss im Rentenstreit? Vorschlag der Koalitionsspitzen an Junge Union

Union und SPD legten schon vor der Probeabstimmung ein Kompromissangebot vor. Dieses sieht Folgendes vor:

  • Die Rentenkommission soll schon dieses Jahr mit Vorbereitungen für eine große Reform loslegen, bis Mitte 2026 Vorschläge vorlegen und auch mit Vertretern der jungen Generation besetzt werden - zum Beispiel aus der Jungen Gruppe der Union
  • Außerdem sollen auch Themen behandelt werden, die für die SPD bisher ein Tabu waren, zum Beispiel ein späteres Renteneintrittsalter als 67.

Der Jungen Gruppe reicht das jedoch nicht. In einem Positionspapier bezeichnete sie das Gesetz auch nach dem Kompromissvorschlag als "nicht zustimmungsfähig". Wie die Mitglieder der Jungen Union abstimmten, hat letztlich jedoch jeder selbst entschieden.

Das sieht das Rentenpaket von Union und SPD vor

Das planen Union und SPD im Rahmen des Rentenpakets:

  • Rentenniveau: Das Rentenniveau soll bis 2031 auf 48 Prozent festgelegt sein. Ein Rentner, der 45 Jahre genau zum Durchschnittsgehalt gearbeitet hat, soll dadurch am Ende eine Rente in Höhe von 48 Prozent des dann gültigen Durchschnittsverdienstes erhalten - und das soll sich nach Möglichkeit auch in naher Zukunft nicht ändern. Kosten: 11 Milliarden Euro im Jahr 2031. Auch nach 2031 soll das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen. Kosten: 15 Milliarden Euro jährlich.
  • Aktivrente: Im Rahmen der Aktivrente sollen sich Rentner schon ab dem 1. Januar 2026 bis zu 2.000 Euro steuerfrei zur Rente dazuverdienen können. Allerdings gibt es viel Kritik an dem Konzept, etwa weil es bestimmte Gruppen ausschließt.
  • Frühstart-Rente: Die Frühstart-Rente soll ebenfalls am 1. Januar 2026 starten. Vom 6. bis zum 18. Lebensjahr sollen Kinder dadurch jeweils pro Monat zehn Euro auf ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot gezahlt bekommen.
  • Mütterrente III: Mit der Mütterrente III soll die rentenrechtlichen Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Mütter (und Väter), deren Kinder vor 1992 geboren wurden, verbessert werden. Aktuell wird noch nach dem Geburtsjahr des Kindes unterschieden, das soll sich jedoch ändern und die Mütterrente auf alle ausgeweitet werden. Kosten: ab 2027 erst 5 Milliarden, später 4 Milliarden Euro jährlich. 
  • Stärkung der betrieblichen Altersversorgung: Betriebsrenten sollen quantitativ und qualitativ weiter ausgebaut und gestärkt werden, vor allem bei kleineren Unternehmen und bei Beschäftigten mit geringen Einkommen. 
  • Reform der geförderten Altersvorsorge: Die bisherige Riester-Rente soll laut Koalitionsvertrag in ein neues Vorsorgeprodukt überführt werden – mit weniger Kosten. 
  • Rentenkommission: Grundsätzliche Schritte zu allen drei Säulen der Altersvorsorge – also gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche und private Altersvorsorge – sollen in einer Rentenkommission aus Politik und Wissenschaft ausgehandelt und ab Sommer 2026 in Gesetzen umgesetzt werden.
  • Keine Haltelinie für den Beitragssatz: Seit 2018 müssen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler – also die Arbeitgeber und Versicherten – unverändert 18,6 Prozent vom Einkommen zahlen. Nach einem ersten leichten Anstieg 2027 soll der Prozentsatz weiter ansteigen, die 20-Prozent-Marke 2030 erreichen und 2040 bei 21,4 Prozent liegen.
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