Fall Peggy: Warum die Gewissheit des Todes für Peggys Mutter so wichtig ist

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Ein Gedenkstein mit dem Porträt des Mädchens Peggy auf dem Friedhof in Nordhalben (Bayern), aufgenommen am 25.04.2013. Archivfoto: David Ebener/dpa
Ein Gedenkstein mit dem Porträt des Mädchens Peggy auf dem Friedhof in Nordhalben (Bayern), aufgenommen am 25.04.2013. Archivfoto: David Ebener/dpa
Bianca Biwer Foto: privat
Bianca Biwer Foto: privat
 

Wieso gerade die Angehörigen von langzeitvermissten Kindern so leiden und wie Therapeuten ihnen helfen:

Jahr für Jahr verschwinden Tausende Kinder - auch in Deutschland. Die meisten von ihnen tauchen aber nach kurzer Zeit wieder wohlbehalten auf. Andere Schicksale - wie eben im Fall Peggy - bleiben lange Zeit ungeklärt. Für die Angehörigen und Eltern ist das eine schreckliche Phase. Die Unsicherheit, ob das eigene Kind tot oder noch am Leben ist, lässt die Menschen nicht mehr los. Bianca Biwer, Geschäftsführerin der Opferschutzorganisation Weißer Ring, erklärt, wie sehr die Menschen darunter leiden.

Welche Form von Zuwendung brauchte Peggys Mutter in all den Jahren seit dem Verschwinden ihrer Tochter?
Bianca Biwer: Für Eltern, die ein Kind vermissen, ist persönliche Unterstützung sehr wichtig. Eines muss man sich dabei vor Augen halten.
Wirklich helfen und die Situation verbessern kann man allerdings nicht, da der Status des Kindes, vermisst, schlicht bestehen bleibt. Dies lässt sich auch nicht ändern oder wegtherapieren.

Was passiert mit Angehörigen von vermissten Kindern?
Gerade bei Angehörigen von Langzeitvermissten ist immer wieder zu beobachten, dass sie die Ungewissheit über das Schicksal des eigenen Kindes einfach nicht ertragen können und krank werden. Die Folgen können zum Beispiel Schlaf- und Angststörungen, Albträume, Depressionen, ständig kreisende Gedanken und vor allem Schuldgefühle sein. Die Eltern wissen, dass sie ihrem Kind eigentlich helfen müssen, aber nichts tun können. Dazu kommen eine ständige Alarmbereitschaft und das Hoffen darauf, dass das Kind zurückkommt oder wenigstens ein Lebenszeichen sendet.

Wie wichtig ist die Todesnachricht für die Mutter der kleinen Peggy?
Sehr häufig erleben wir die Reaktion, dass Eltern lieber eine Todesnachricht ihres vermissten Kindes bekommen würden, als die ungewisse Situation noch länger aushalten zu müssen. Oft wird eine solche Todesnachricht dann sogar als erleichternd erlebt. Denn schließlich gibt es nun endlich Gewissheit. Auch wenn diese eine sehr tragische und traurige ist.

Wird die Mutter jemals über dieses Trauma, die eigene Tochter verloren zu haben, hinweg kommen?
Unmittelbar auf die Todesnachricht folgen dann aber das schlechte Gewissen und das Empfinden von Schuld. Wenn Eltern ihre Kinder verlieren, schlägt das eine tiefe Wunde. Eine Psychotherapie kann helfen, das Geschehene zu verarbeiten. Ungeschehen machen, kann sie es aber nicht.