Zeiler Pfarrer fastet: 40 Tage lang nur Wasser

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Brotzeitbrett und Wurstmesser sind nur Dekoration: Pfarrer Erhart hat am Aschermittwoch die Nahrungsaufnahme eingestellt und trinkt nur noch Tee und Wasser - und ab und an ein Glas Karottensaft. Foto: Katja Kölbl
Brotzeitbrett und Wurstmesser sind nur Dekoration: Pfarrer Erhart hat am Aschermittwoch die Nahrungsaufnahme eingestellt und trinkt nur noch Tee und Wasser - und ab und an ein Glas Karottensaft.  Foto: Katja Kölbl
Klaudia Schwarz
Klaudia Schwarz
 

40 Tage ohne - was? Die katholische Kirche schreibt ihren Gläubigen nicht vor, auf was sie verzichten sollen. Fluchen, fernsehen oder das geliebte Feierabendbier - alles ist möglich. Auch das scheinbar Unmögliche, denn Pfarrer Michael Erhart aus Zeil fastet 40 Tage lang.

Der Verzicht ist groß in Mode. Heilfasten hat im 21. Jahrhundert den bitteren Nachgeschmack der Enthaltsamkeit verloren und wird stattdessen als Hauptgewinn verkauft - für Leib und Seele. Wer fastet, aktiviert seine natürlichen Lebensenergien, entgiftet den Körper, kurbelt den Stoffwechsel an und strafft das Bindegewebe. Im besten Fall purzeln auch noch die Pfunde. Allerdings muss man für all diese Vorzüge auch mindestens so viel Willenskraft einsetzen.

Für den Pfarrer Michael Erhart, den Seelsorger und Leiter der Pfarreiengemeinschaft "Am Weinstock Jesu" mit Sitz in Zeil, ist all das allenfalls ein netter Nebeneffekt. Dem Gottesmann geht es tatsächlich um den Verzicht. Oder, wie er es formuliert: ums Loslassen.


"Was hat uns im Griff?"

"Wenn es uns schwer fällt, auf etwas zu verzichten, dann zeigt uns das doch, von wie vielen Sachen wir uns beherrschen lassen", erklärt er. Die Kirche schreibt ihren Gläubigen nicht vor, auf was sie verzichten sollen. Auch Zigaretten, Alkohol und Schokolade sind typische Fastenopfer. "Denken Sie mal, wie schwer es sein kann, das Handy ein paar Tage liegen zu lassen und nicht ständig erreichbar zu sein", fährt Michael Erhart fort. "Wie sich manche fühlen, wenn sie nicht ständig auf Facebook präsent sind. Denen brennt der Finger!", sagt Michael Erhart weiter. Genau darum geht es dem Pfarrer: zu erkennen, was das Leben bestimmt, welchen Zwängen sich die Menschen unterordnen, obwohl sie eigentlich ein selbstbestimmtes Leben führen wollen.

"Es geht um die Erfahrung loszulassen. Das kann ein wirklich schönes Gefühl sein. Allerdings nur, wenn man sich darauf einlässt. Wenn man nicht will, ist es einfach nur eine Strafe", findet das christliche Gemeindeoberhaupt.

Für Michael Erhart ist Fasten ein Weg zur Selbsterkenntnis. "Für mich ist es ein total befreiendes Erlebnis und ein gutes Gefühl. Ich bin während dieser 40 Tage sehr gut gelaunt", erzählt Michael Erhart. "Natürlich frage ich mich auch, warum ich es unter dem Jahr nicht öfter schaffe zu verzichten", gesteht der katholische Priester mit einem Augenzwinkern.

Alles eine Sache der Einstellung

Fasten ist aus Sicht von Ökotrophologin Klaudia Schwarz vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt eine Einstellungssache. "Eigentlich bedeutet es doch, bewusst zu leben", sagt sie.

Aus ihrer Sicht ist es nicht nur sinnvoll zu fasten, "sondern auch sich mehr zu bewegen". Die meisten Menschen würden (versuchen) auf Süßigkeiten und Alkohol verzichten. "Das ist auf jeden Fall sehr sinnvoll", findet Klaudia Schwarz. Zucker enthalte viele überflüssige und leere Kalorien, Alkohol belaste die Leber. "Wenn man den Verzehr runterfährt, tut man dem Körper schon etwas gutes", so die Ökotrophologin.Für viele sei die Fastenzeit allerdings "nur" ein Anstoß für eine Frühlingsdiät, um den Körper vom Winterspeck zu befreien.

Keine Nahrung, viel Energie

Es ist eigentlich paradox. "Man gibt dem Körper keine Energie - und er hat sie trotzdem" ,erzählt Michael Erhart. "Früher habe ich die Bibelstelle gelesen, in der Jesus 40 Tage lang in der Wüste fastet, und darüber den Kopf geschüttelt. Heute sage ich: Ja, das geht", behauptet Erhart.

Allerdings war es ein langer Weg, bis er es 40 Tage lang ohne Nahrung aushalten konnte. Vor 14 Jahren hat sich der Pfarrer zum ersten Mal einer Fastengruppe angeschlossen, sieben Tage lang. "Es war die Hölle. Ich bin durch die Stadt gelaufen und habe überall nur essende Menschen gesehen."

Heute kann sich der Zeiler an einen gedeckten Tisch setzen und nur ein Glas Wasser trinken. "Das Gefühl von Hunger ist soweit weg, als ob es nichts mit einem zu tun hat." Nur bei den Gemeindemitgliedern, die der Pfarrer während der Fastenzeit besucht, herrscht oft großer Kummer. "Da kommt der Pfarrer ein Mal ins Haus, um zum Geburtstag zu gratulieren - und dann isst er nichts", erzählt Michael Erhart mit einem Lächeln.
So groß die Willenskraft des Pfarrers auch ist: "Nach 40 Tagen hängt einem der Tee wirklich zum Hals heraus", sagt er und deutet auf ein silbernes Kännchen, das auf der Küchenanrichte steht. Doch wenn er nach dem Fasten wieder anfängt, feste Nahrung zu sich zu nehmen, ist die Zurückhaltung schnell passé. "Zum dauerhaften Abnehmen ist das nichts. Das (Gewicht, Anm. der Red.) kommt wieder."

Das bestätigt auch die Wissenschaft: Nach dem Fasten sinkt der Grundenergiebedarf des Körpers für eine gewisse Zeit. Wer dann wieder in seine alten Ernährungsgewohnheiten fällt, hat den Speck schnell wieder auf den Hüften. Wenn man Michael Erhart glauben darf (er ist schließlich Pfarrer), macht der Verzicht auf Nahrung den Geist hellwach und hebt die Laune. Das sind doch die perfekten Voraussetzungen, um die Weichen für das Leben neu zu stellen.