Hat ein Anlageberater auf das hohe Risiko einer Kapitalanlage hingewiesen oder nicht? Die Frage konnte das Haßfurter Amtsgericht nicht klären. Deshalb stellte es ein Betrugsverfahren gegen eine Geldauflage von 3000 Euro ein.
Hohe Renditechancen ist eine Seite der Medaille, ein enormes Risiko die andere. Dass die Aussicht auf Top-Zinsen immer verbunden ist mit der Möglichkeit, große Verluste zu erleiden, wissen alle, die mit Kapitalanlagen zu tun haben. Berater sind verpflichtet, ihre Kunden auf diese Risiken ausdrücklich hinzuweisen. Ein ehemaliger Kapitalvermittler soll das unterlassen haben, deshalb saß er gestern auf der Anklagebank des Amtsgerichts in Haßfurt. Das Betrugsverfahren gegen ihn wurde mit der Auflage, 3000 Euro an die Staatskasse zu zahlen, eingestellt.
Strafrichter Roland Wiltschka musste sich mit dieser Angelegenheit bereits vor knapp zwei Jahren befassen. Damals war die Strafsache gegen den heute 61-jährigen Angeklagten aus dem Nachbarlandkreis Lichtenfels gegen eine Geldauflage von 18 000 Euro eingestellt worden.
Diesen Betrag konnte der gesundheitlich schwer angeschlagene Mann nicht bezahlen - deshalb wurde der Prozess erneut aufgerollt.
Aus dem Jahr 2006 Dabei ging es um einige Vertragsabschlüsse aus dem Jahr 2006. Da soll der Beschuldigte einige Privatanleger, die eine lukrative Geldanlage für ihre Altersvorsorge suchten, angeblich bewusst falsch beraten haben. Der Vorwurf von Staatsanwalt Marc Heusinger: Der Agent soll seinen Mandanten Verträge aufgeschwatzt haben, ohne auf das Risiko eines Totalverlustes des Geldes hinzuweisen.
Fatal für die Anleger war insbesondere, dass sie sofort nach Vertragsabschluss hohe Einmalzahlungen leisteten. In einem Fall überwies ein Mann aus dem Steigerwald über 20 000 Euro.
Als es kurze Zeit später zum Crash kam und das bundesweit tätige Unternehmenskonsortium Insolvenzantrag stellen musste, war alles futsch.
Der Steigerwälder war kein Einzelfall. Tausende von Sparern verloren ihre Einlagen, insgesamt entstand ein Schaden von zig Millionen Euro.
Prozesslawine In der Folge kam es zu einer doppelten Prozesslawine. Zum einen wurden Mitarbeiter des Unternehmens strafrechtlich wegen Betrugs belangt, zum anderen versuchten zahlreiche Opfer zivilrechtlich über Schadensersatzklagen einen Teil ihres Geldes zurückzukriegen. Vor diesem Hintergrund waren die Berater vor Ort letztlich nur diejenigen, die nach der Schulung durch die Firma die Produkte an den Kunden bringen mussten.
Der Angeschuldigte versicherte vor Gericht, in den Gesprächen, die 2006 stattfanden, sehr wohl über das hohe Risiko aufgeklärt zu haben, was auch im Kleingedruckten des Vertragstextes nachzulesen sei. Etliche Geschädigte, die beim ersten Prozess vor zwei Jahren das Gegenteil aussagten, waren als Zeugen geladen.
Beweise konnte niemand erbringen, denn: ein entsprechendes Beratungsprotokoll war nicht angefertigt worden. Seit 1. Januar 2010 gibt es in dieser Hinsicht eine gesetzliche Änderung: Seitdem muss ein solches Protokoll zum Schutz der Anleger gegen eine Falschberatung bei Wertpapiergeschäften erstellt werden.
Da sich an der damaligen Bewertung der Sache nichts geändert hatte und der Ex-Berater sowie sein Anwalt Tilman Dönnebrink sich grundsätzlich mit einer Einstellung gegen eine Geldauflage einverstanden zeigten, verzichteten die Juristen darauf, die Zeugen nochmals zu vernehmen. Damit ging es nur noch um die Höhe der Auflage.
Geldauflage Der Angeklagte wies auf eigene erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen hin, die Anlass waren, dass er seinen ehemaligen Beruf an den Nagel hängen musste. Nun pflegt er zuhause seinen Schwiegervater. Seine aktuellen Einkünfte beschränken sich auf das monatliche Pflegegeld von 440 Euro. Unter den Umständen stimmten alle Verfahrensbeteiligten der erheblich reduzierten Geldauflage zu.