Bei der Bürgerversammlung in Stettfeld prallten die Meinungen in der Auseinandersetzung um die Rechtler aufeinander. Das Holznutzungsrecht schürt die Emotionen und ist sogar inzwischen bei der Justiz gelandet.
Wie sich bereits im Vorfeld abgezeichnet hatte, war das am heftigsten diskutierte Thema bei der Stettfelder Bürgerversammlung am Freitagabend die Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde und den Holzrechtlern. Die Kontroverse ist mittlerweile zum Rechtsstreit geworden. Bei der Versammlung im Gasthof Strätz zeigte sich, dass eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema kaum noch möglich zu sein scheint. Diese Schärfe kommentierte der Bürgermeister Alfons Hartlieb (CSU) mit einem Zitat von Winston Churchill: "Sie haben Feinde? Super! Das heißt, Sie haben sich in ihrem Leben für etwas eingesetzt."
"Es ist eine Thematik, die uns alle beschäftigt", umschrieb Alfons Hartlieb den Punkt auf seiner Tagesordnung. "Wir befinden uns in einem laufenden Verfahren. Deswegen gibt es von mir nur einen Sachstandsbericht, wir werden keine Grundsatzdiskussion führen", sagte er.
Doch eben diese Grundsatzdiskussion konnte er am Ende nicht verhindern.
Gewohnheitsrecht
Bei den Rechtlern handelt es sich um Stettfelder Bürger, denen es nach einem Gewohnheitsrecht zusteht, Brennholz im Gemeindewald zu schlagen. Da mehr als die Hälfte der Gemeinderäte, darunter auch der Bürgermeister und die Zweite Bürgermeisterin, selbst Rechtler oder Verwandte von Rechtlern sind, ist der Gemeinderat in dieser Thematik nicht beschlussfähig, weshalb die Dritte Bürgermeisterin Nicole Meyer vom Landratsamt zu einer Rechtlerbeauftragten ernannt worden ist. Meyer, die Rechtsanwältin ist, sah einige Nutzungsrechte als nicht gerechtfertigt an. So kam es zu einem Bescheid, mit dem die Gemeinde den Holzeinschlag untersagt, bis die Sachverhalte geklärt sind. Hiergegen hatten die Rechtler geklagt.
Da eine zunächst angestrebte Sammelklage nicht zulässig war, hat das Verwaltungsgericht nun 83 Einzelklagen zu bearbeiten.
Der Bürgermeister kritisierte, dass es von Seiten der Rechtler in dieser Debatte persönliche Anfeindungen und keine Bereitschaft zu Kompromissen oder Gesprächen gegeben habe. Besonders den Zorn, mit dem auf Nicole Meyer losgegangen werde, könne er nicht akzeptieren. "Es wird Konsequenzen haben, wenn solche Äußerungen noch mal im Gemeinderat fallen."
Meyer selbst war bei der Bürgerversammlung nicht anwesend. Hartlieb entschuldigte ihre Abwesenheit: "Sie ist im Ski-Urlaub, den hatte sie schon lange geplant."
"Wir, die Gemeinde, vertreten nicht nur die 104 Rechtler, sondern auch 1100 andere Bürger", betonte Hartlieb. Auch die hohe Anzahl der Klagen wäre nicht nötig gewesen, betonte der Bürgermeister. So habe Nicole Meyer den Rechtlern in einer Mail vom 18.
Dezember angeboten: "Zur Reduzierung der Kosten sowohl für die Rechtler als auch für die Gemeinde wäre denkbar, dass nur ein Rechtler klagt und die Gemeinde zusichert, dass sie den Ausgang des Prozesses auch auf die anderen Rechtler anwenden wird."
Vom Verstand der Rechtler kam daraufhin ein Zwischenruf: "Das war kurz vor Ablauf der Klagefrist! Wie soll ich denn in zwei Tagen 80 Leute zurückpfeifen?" Bürgermeister Hartlieb entgegnete hierauf, dieses Angebot sei schon lange vor der Mail mündlich in einer Versammlung gemacht worden. Alle gegenteiligen Behauptungen seien falsch. "Ich diskutiere da nicht mehr", sagte der Stettfelder Bürgermeister.
Weiter wies Hartlieb darauf hin, dass manche Kläger sich mit ihrer Klage selbst geschadet haben könnten. Denn in einigen Fällen sei mehr als fraglich, ob die alten Holznutzungsrechte überhaupt noch bestehen.
"Dass in den letzten 60 Jahren Schindluder damit getrieben wurde, ist bekannt", sagte er. So hätten sich viele bei der Übertragung von Rechten nicht an Vorschriften gehalten. Im Prozess könne sich also herausstellen, dass manche Holzrechte schon seit Jahren verfallen sind; diese würden dann an die Gemeinde fallen. "Wir sind nicht die, die klagen. Das ist nicht unsere Verantwortung", sagte Hartlieb.
Die Rechtler warfen ihm in diversen Zwischenrufen Unsachlichkeit und Erpressung vor. Es folgten Gegenreden der Rechtlervorstandschaft, deren Vertreter in der Zeitung nicht namentlich genannt werden wollen. Allerdings warfen sie der Presse Voreingenommenheit zugunsten der Gemeinde vor. Bei Bürgermeister und Gemeinde sehen sie die Schuld für die verfahrene Situation; Bürgermeister Hartlieb treibe einen Keil zwischen die Leute, hieß es.
"Starker Tobak"
Einer der Redner verwies auf Hartliebs Vorschlag, sein eigenes Nutzungsrecht der Gemeinde zu verkaufen. Denn wenn er selbst kein Rechtler mehr wäre, hätten die Nicht-Rechtler im Gemeinderat die Mehrheit, und der Rat wäre wieder beschlussfähig. "Wenn er es unbedingt loswerden will, kann er es ja der Gemeinde schenken", sagte der Kritiker weiter und betonte, so könne das Geld in die Sanierung des Kindergartens fließen.
Hartlieb bezeichnete diese Ausführungen als "starken Tobak", der ihn in seiner Ehre kränke. Ein anderer Rechtler betonte, der Gesetzgeber empfehle bei solchen Auseinandersetzungen eine Anhörung. Diese habe es aber von Seiten der Gemeinde nicht gegeben.