Schwarzer-Peter-Spiel um Drogen vor dem Haßfurter Amtsgericht

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Das Amtsgericht konnte in der ersten Verhandlungsrunde nicht klären, ob das Marihuana dem Fahrer oder dem Beifahrer gehört. Symbolbild: Matthias Balk/dpa
Das Amtsgericht konnte in der ersten Verhandlungsrunde nicht klären, ob das Marihuana dem Fahrer oder dem Beifahrer gehört.  Symbolbild: Matthias Balk/dpa

Die Polizei entdeckte 70 Gramm Marihuana in einem Auto, in dem drei junge Männer saßen. Nun muss das Amtsgericht Haßfurt klären, wem das Rauschgift gehört.

Drei junge Männer befanden sich in dem Auto, das von der Polizei bei einer Verkehrskontrolle angehalten wurde. Als die Polizisten sich im Wageninnern umschauten, entdeckten sie in einem Glas mit Schraubverschluss knapp 70 Gramm Marihuana. Die entscheidende Frage, wem der Stoff gehörte, konnte in der mündlichen Hauptverhandlung vor dem Jugendrichter am Haßfurter Amtsgericht nicht geklärt werden, weil sich zwei der Verdächtigen ein Schwarzer-Peter-Spiel lieferten. Die Verhandlung wurde nun ausgesetzt, bis die Fingerabdrücke auf dem Glas ausgewertet sind.

Laut der von Staatsanwältin Franziska Winkler verlesenen Anklageschrift fand die Kontrolle am 11. Januar 2018 am Ortsausgang des Hofheimer Stadtteils Rügheim statt. Da es sich um eine nicht geringe Menge handelte, zielte der Vorwurf der Staatsanwaltschaft nicht bloß auf unerlaubten Besitz, sondern auf Handeltreiben, was erheblich höherer Strafe nach sich zöge. Der 19-jährige Angeklagte saß damals auf dem Beifahrersitz.


Wem gehört das Rauschgift?

Das Glas mit dem Rauschgift befand sich in einem Rucksack, der aber nicht dem Angeklagten, sondern dem damaligen Fahrer gehörte. Dadurch richtete sich der Verdacht der Polizei zunächst gegen den Wagenlenker. Ein gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren wurde jedoch vorläufig eingestellt, weil sich die Verdachtsmomente gegen den Beifahrer erhärteten.

Beim Gerichtstermin selber erklärte der Verteidiger des Beifahrerers, Jürgen Wagner: "Die Vorwürfe treffen nicht zu und weitere Fragen werden nicht beantwortet." Das ist sein gutes Recht, denn als Angeklagter muss er sich nicht äußern.

Danach wurde der damalige Fahrer des Wagens (ebenfalls 19 Jahre alt) in den Zeugenstand gerufen. Bei der polizeilichen Vernehmung vor etlichen Monaten hatte er den nun Angeklagten belastet. Als Zeuge ist man eigentlich zur Aussage verpflichtet - außer, wenn man sich mit seiner Aussage selber belasten würde. Dieser als Zeuge geladene junge Mann erschien mit seinem Rechtsbeistand Bernhard Langer. Auf die Fragen des Jugendrichters Martin Kober, wem das Glas gehört und wie es in den Rucksack kam, antwortete der Heranwachsende: "Weiß ich nicht."
Dies antwortete er auch auf alle anderen Fragen. Rechtsanwalt Langer verwies beharrlich darauf, dass sein Mandant ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht habe.

Die Staatsanwältin sprach in diesem Sinne von einem "rechtlichen Dilemma", das man verkürzt folgendermaßen beschreiben könnte: Sobald der Zeuge von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht, um sich nicht selber zu belasten, ist eben dadurch zu vermuten, dass der in seinem Rucksack aufgefundene Stoff ihm gehörte. Falls er der "Stoffbesitzer" ist, hat er sich durch seine Angaben bei der Polizei - also der Beschuldigung seines Beifahrers - der falschen Verdächtigung schuldig gemacht. In dieser verfahrenen Situation blieb dem Vorsitzenden nichts anderes übrig, als die Verhandlung abzubrechen. Er verfügte, dass Nachermittlungen durchgeführt werden müssen. Dabei muss ein Gutachten klären, wessen Fingerabdrücke sich auf dem Glas befinden. Auch der dritte Fahrzeuginsasse wird beim nächsten Termin als Zeuge geladen.

Ob dadurch die schwierige Suche nach dem Besitzer des Rauschgiftes zu einem Ergebnis führt, bleibt abzuwarten.