"Rücksichtslos und schamlos"

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Das Amtsgericht Haßfurt.
Das Amtsgericht Haßfurt.

Das Amtsgericht Haßfurt hat einen 33-Jährigen wegen "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" zu einer hohen Strafe verurteilt. Er zeigte einen privaten Pornofilm mindestens einer weiteren Person.

Rechtsanwalt Bernhard Langer wollte die Einstellung des Verfahrens, die Staatsanwältin forderte eine dreimonatige Haftstrafe, der Anwalt der Nebenklägerin plädierte auf fünf Monate.

Kein Pardon

Richter Roland Wiltschka kannte kein Pardon und ging mit seinem Urteil über alle diese Anträge hinaus: sechs Monate Freiheitsstrafe (mit Bewährung). Bei einem so "rücksichts- und schamlosen Verhalten, das unter die Gürtellinie geht, hört bei mir jedes Verständnis auf", sprach er in seiner Urteilsbegründung am Ende eines Strafprozesses am Freitag im Amtsgericht Haßfurt Klartext.

Keinerlei Reue zu erkennen

Da der 33-jährige Angeklagte keine Reue oder Schuldeinsicht zeigte, wurden im Gerichtssaal fast drei Stunden lang intimste Details aus seinem Liebesleben - und aus dem seiner verflossenen
Partnerinnen - breitgetreten. Im Kern ging es um Nacktfotos sowie um einen privaten Pornofilm. Die Aufnahmen hatte der Angeklagte von seiner 38 Jahre alten Ex-Freundin gemacht. Mit deren Zustimmung.

Vor Gericht erschien die 38-Jährige nicht bloß als Zeugin, sondern auch als Nebenklägerin. Mit dem Beschuldigten war sie von 2001 bis 2007 liiert. Die Frau erklärte, dass sie die obskuren Fotos und Filme nur erlaubt habe, weil sie davon ausging, dass diese ausschließlich zum eigenen Gebrauch genutzt werden. Sie habe spätestens beim Ende der Beziehung erwartet, dass der Angeschuldigte die eindeutig zweideutigen Szenen vom Computer löschen würde.

In Internet-Tauschbörsen

Der dachte aber gar nicht daran. Vielmehr zeigte er sie nachweislich im Jahr 2009 seiner neuen, damals gerade 20-jährigen Freundin, die ebenfalls als Zeugin geladen war. Damit hatte er sich schuldig gemacht. Und zwar der "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen", wie der Gesetzestext lautet. Ihr damaliger Lebensgefährte habe in Internet-Tauschbörsen mit Gleichgesinnten zudem anrüchige Privatbilder ausgetauscht, schilderte die junge Dame. Der begründete Verdacht, dass er das auch mit den ominösen Nacktfotos gemacht hatte, konnte ihm nicht nachgewiesen werden.

Pornohefte lagen offen herum

Das Liebesverhältnis mit der "Nachfolgerin" ist inzwischen ebenfalls Geschichte. Ende 2010 zog seine jetzige Frau mit ihren drei kleinen Töchterchen beim Angeklagten ein. Bei einer polizeilichen Durchsuchung Anfang Januar 2012 wurden schier unglaubliche Zustände aktenkundig. In der gesamten Wohnung herrschte das Chaos - und im Wohnzimmer und Kinderzimmer lagen Pornohefte und erotisches Sexspielzeug offen zugänglich herum. Das erfüllt den Strafbestand der Verbreitung von pornografischen Schriften.

Während die Vertreterin der Anklage von einem "eklatanten Vertrauensmissbrauch" gegenüber der Ex-Freundin sprach, hielt der Verteidiger die Belastungszeugin für nicht glaubwürdig. Für den Richter aber war der Fall klar.

Neben der auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe muss der Verurteilte ein schmerzliches Lehrgeld bezahlen: Neben den Gerichts- und Anwaltskosten 1500 Euro in monatlichen Raten von 100 Euro an die Nebenklägerin. Gegen das Urteil kann er Berufung oder Revision einlegen.