Leserwanderung in Zeil und Schmachtenberg

2 Min
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Die Leserwanderung im Landkreis Haßberge bei Zeil war ein Erlebnis.

Wenn das Wasser langsam zwischen die Fußzehen quillt, weißt du, dass du dich falsch angezogen hast. Bei der Leserwanderung im Rahmen der Serie "Franken wandert" goss es kurzzeitig wie aus Kübeln. Unter dem Vorbereich am Zeiler Käppele schauten sich die Wanderer das nasse Desaster an. Nur kurz, denn dann brach wieder die Sonne hervor, alles wie frisch gewaschen...

Erlebnisse, Einsichten, Aussichten hielt die Leserwanderung für die Besucher aus der ganzen Region parat. Die Ober-, Mittel- und Unterfranken begeisterte die wild überwucherte Ruine, großartige Fernsicht und mittendrin auch noch der Abstieg in die Hölle. Nein, stimmt nicht, es war nur der eisigkaltdunkle Burgkeller, den die Trittsicheren mit Handytaschenlampe erkunden durften, ein durchaus exklusives Vergnügen: Altbürgermeister und Burgenspezialist Christoph Winkler führte hoch über Schmachtenberg und Zeil FT-Leser zur Burgruine der Schmachtenburg und zum Zeiler Käppele.

Ein wildes Volk

Wer zuhörte, den umgaben Wehrmauern und Zinnen, Hexen-Fanatiker und die alten Zeiler, die in ihrer Frömmigkeit das Zeiler Käppele einst schufen und mit allerlei Votiv-Gegenständen ausstaffiert hatten. Zu sehen war von alledem nichts, die Fantasie die Basis von allem.

Hinweise auf eine ominöse Burg

Wo befand sich einst das "Castrum Cilanum", die "alte Bürg"? Den Zeiler Bürgermeister Christoph Winkler faszinierte diese Fragestellung so sehr, dass er während seiner 18-jährigen Amtszeit immerhin zwölf Jahre lang im Sommer ein Zeitfenster reservierte, um auf der Schmachtenberger Höhe den Erkundungen nachzugehen. An seiner Seite der Burgenforscher Dr. Joachim Zeune und etliche freiwillige Helfer, ja auch aus dem Zeiler Bauhof.

Nach und nach ließ Winkler die spannende Suche wach werden, die Maße der Burg in den Köpfen entstehen und ihr mögliches Leben. Um 1430 entstand diese Ganerbenburg, eine der jüngsten im Gebiet des Landkreises, und sie war kein Ritterschloss, sie hatte keinen Wassergraben, hier fanden keine Turniere statt, und auch sonst fehlte all das romantische Gedöns.

Die Burg, weithin schichtbar, war vor allem ein Machtzeichen zwischen den beiden Einflusssphären Bamberg und Würzburg, wo die Bischöfe eifersüchtig über die Orte wachten. In der Zeit der Hussitenkriege entstand sie vor allem, um dieser hussitischen Bedrohung die Stirne zu bieten. Ihre gute Zeit währte nur kurz, denn 1454 ließ sie der Bischof von Würzburg zerstören.

Erneut aufgebaut, wurde sie 1553 gebrandschatzt. Am Ende diente dieser einst so mächtige Bau als Steinbruch für eine andere "Raubritterburg", das Jagdschloss des Würzburger Bischofs, das heutige Finanzamt in Zeil. Kenntnisreich zeigte Winkler Bocksbeutelschießscharten und Burgeinrichtungen. Freilich, das "Castrum Cilanum" fanden die Wanderer hier nicht.

Durch den Gewitterguss fiel der Wanderteil kürzer aus: Vor dem Zeiler Käppele fanden sich alle wieder zusammen und erfuhren, dass man hier "die alte Bürg" lokalisierte. Freilich findet sich kein Bröckchen mehr davon. 1727 stand auf dem Käppelesberg ein Kirchlein, das im Laufe der Jahre zu dem Zeiler Käppele heranwuchs, beflügelt durch die Lourdes-Verehrung des Pfarrers Karl Link - einzigartig und vorbildgebend für das ganze bayerische Gebiet. Das Käppele, lernten die Wanderer, ist den alten Zeilern entwachsen, sie arbeiteten immer mit, schmückten es aus, bevor es in der Säkularisierung und vor allem unter Kardinal Döpfner seiner emotionalen Heiligtümer beraubt und versachlicht wurde. Ein wenig in den alten Zustand zurückversetzt wurde das Käppele bei seiner Sanierung in den vergangenen Jahren. Doch die alte Wallfahrerpracht mit den alten Wallfahrerbüdchen stellte sich nicht mehr ein.

Alle kamen heil aus dem Krieg

Einzig die goldene Maria leuchtet noch herab: Weil alle Zeiler heil aus dem Krieg zurückkamen (und das, obwohl zur gleichen Zeit Eltmann 30 Tote zu beklagen hatte), vergoldete man die Muttergottes auf dem Dach. Einen ganz besonderen Klang haben die Glocken des Käppele, gab Winkler den Zuhörern mit, nachdem zwei Mal die kostbaren Bronzeglocken für Kriegszwecke eingeschmolzen worden waren, wählte man das dritte Mal Stahl - und diese Glocken hängen bis heute.