Lässt sich Spalt durch Stettfeld beseitigen?

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Ein Riss geht durch Stettfeld.  ks
Ein Riss geht durch Stettfeld.  ks

Im Streit um die Holzrechte strebt die Gemeinde einen Kompromiss an. Das Konfliktpotenzial wird nicht weniger.

Dass die Atmosphäre in seinem Dorf wegen der Auseinandersetzung um die Holznutzungsrechte vergiftet und der Dorffrieden gefährdet sind, gibt Alfons Hartlieb unumwunden zu. Das gefällt dem Bürgermeister nicht und das soll auch nicht so bleiben. Der CSU-Politiker spricht von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft im Ort: auf der einen Seite die Rechtler, auf der anderen Seite die Nicht-Rechtler.

Er ist bereit, auf die Rechtler zuzugehen und sich auf einen Kompromiss bei der Lösung des Konflikts einzulassen, um den Riss durch den Ort zu beseitigen. Jetzt hofft er, dass sich auch die Rechtler bewegen, wie er in einem Gespräch mit unserem Portal deutlich machte. Der Spalt, der sich mittlerweile aufgetan hat, ist aber so groß, dass man viel Optimismus braucht, um an einen Erfolg zu glauben.

In Stettfeld bestehen seit Jahrhunderten Holznutzungsrechte. 104 Rechte sind es, die sich auf 96 Rechtler verteilen. Diese werden am Ertrag aus dem Verkauf des Nutzholzes (Stammholz) aus dem 420 Hektar großen Gemeindewald beteiligt. Schätzungsweise 1000 Euro erhält jeder Rechtler pro Jahr auf diese Weise. Oder anders ausgedrückt: Der Gemeinde gehen jedes Jahr Einnahmen in Höhe von rund 100 000 Euro aus dem eigenen Wald verloren.

Die Gemeinde geht davon aus, dass einige Rechtler unberechtigt ein Holznutzungsrecht haben. Um diese Frage zu klären, hatte die Kommune vor einiger Zeit den Holzeinschlag für 2015/2016 untersagt. Dazu ergingen Bescheide an die Rechtler. Das heißt, es gab kein Holz und folglich auch kein Geld für die Rechtler. Über 80 von ihnen klagten gegen diesen Bescheid, und das Verwaltungsgericht in Würzburg fällte im Fall des Rechtler-Vorsitzenden Werner Rümer ein Urteil, das sich wohl auch auf die anderen Rechtler übertragen lässt.

Das Gericht gab dem Rechtler Recht und wies den Bescheid zurück. Der Bescheid sei ungeeignet, um die Frage zu klären, ob ein Rechtler zu Recht oder zu Unrecht ein Holznutzungsrecht habe, erklärte das Gericht.
Mittlerweile hat die Gemeinde einen Berufungsantrag gestellt. Das heißt zwar noch nicht, dass es Berufung gegen das Würzburger Urteil geben wird, aber möglich wäre es.

Der Streit um die Holzrechte spaltet das Dorf. Bürgermeister Alfons Hartlieb will deshalb das Gespräch mit den Rechtlern suchen. Die Gemeinde wolle die Rechtler dazu einladen, sagte er. "Die Gemeinde will auf die Rechtler zugehen." Die Gemeinde sei kompromissbereit.

Wie könnte ein solcher Kompromiss aussehen? Dazu spricht Hartlieb die Aussage des Zweiten Rechtler-Vorsitzenden Manfred Meier an. Der hatte laut einem Fernsehbeitrag des Bayerischen Rundfunks erklärt, er könne sich vorstellen, 30 Prozent des Ertrags aus dem Holzverkauf an die Gemeinde abzutreten. Andere sprechen von einer Zwei-Drittel-zu Ein-Drittel-Lösung. Der Bürgermeister hätte nichts gegen einen Halbe-Halbe-Lösung. Auf ein paar Prozentzahlen rauf oder runter kommt es Alfons Hartlieb aber nicht an. "Darüber muss man diskutieren."

Das Problem ist, dass Manfred Meier für sich oder höchstens für einen Teil der Rechtler spricht. Aber er ist sich sicher, wie er gegenüber unserem Portal erklärte, dass es "bestimmt einige gibt", die bereit seien, so zu handeln wie er. Meier selbst bezeichnet sich als "geächtet. Ich werde schon seit einer Ewigkeit nicht mehr eingeladen", wenn Rechtler-Sitzungen sind, unterstrich er im Fernsehen.


Mögliche Grundlage

Für Hartlieb könnte sich auf der Basis der Meier-Vorschlags eine Lösung abzeichnen. Sein Ansatz: Jeder Rechtler muss sein Holznutzungsrecht selbst vertreten, kann nach Ansicht des Bürgermeisters also eine solche Lösung, wie Meier sie erwägt, mit der Gemeinde eingehen.

Und je mehr Rechtler mitziehen, desto besser, meint Alfons Hartlieb. Alle Rechtler wird er auf diese Weise wohl nicht erreichen, ist der Erste Bürgermeister realistisch.

Im Verlauf der juristischen Auseinandersetzung hat sich das Konfliktpotenzial in Stettfeld erhöht, und das erschwert einen Kompromiss weiter. Stichwort Brennholz: Hartlieb liest aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts heraus, dass Brennholz aus dem Gemeindewald für alle Stettfelder bereitgestellt werden müsse, also auch für Nicht-Rechtler. Das dürfte den Rechtlern wenig gefallen, denn auch sie gewinnen ihr Brennholz aus dem Gemeindewald, und die Menge ist vermutlich nicht beliebig erhöhbar.

Und da schwebt noch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Bürgermeister im Raum. Die haben die Rechtler gegen den Bürgermeister angestrengt. Zu der Dienstaufsichtsbeschwerde fand am Montag ein Gespräch im Landratsamt in Haßfurt statt. Das Landratsamt ist die Rechtsaufsichtsbehörde und bestätigte auf Anfrage, dass die Beschwerde vorliegt. Die Rechtler haben die Beschwerde auf den Weg gebracht, weil sie der Meinung sind, Alfons Hartlieb dürfe, weil er selbst Rechtler ist, in der ganzen Angelegenheit überhaupt nicht tätig sein.


Im Gemeinderat

Auch das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Bescheide der Gemeinde schon deshalb rechtswidrig seien, weil sie auch der Bürgermeister übergeben habe. Und das Landratsamt hatte vor einiger Zeit die Dritte Bürgermeisterin und Rechtsanwältin Nicole Meyer als Staatsbeauftragte für die Rechtler-Geschichte eingesetzt, weil der Gemeinderat in der Angelegenheit nicht mehr handlungsfähig ist. Eine knappe Mehrheit mit dem Bürgermeister ist persönlich betroffen, also entweder selbst Rechtler oder mit einem Rechtler verwandt.

Das könnte sich ändern. Alfons Hartlieb macht deutlich, dass er sich nicht den Mund verbieten lassen will. "Dafür ist die Geschichte auch viel zu ernst." Er könnte sich vorstellen, dass er auf sein Recht verzichtet, das er vor einigen Jahren durch den Kauf eines Anwesens in der Hauptstraße miterworben hat. Denkt er an einen Verkauf des Anwesens und nimmt damit den Verlust des Holznutzungsrechts in Kauf? "Ich bin momentan so weit", sagte er unserer Zeitung. Wenn es so kommt, wäre der Gemeinderat, weil dann die Nicht-Rechtler überwiegen, wieder handlungsfähig und zuständig.

Fest steht, dass eine Lösung in dem Konflikt gefunden werden muss. Manfred Meier befürchtet: "Wenn's so weitergeht, wird es noch schlimmer."