Kinder führen Kinder durch Eberns Heimatmuseum

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Das Heimatmuseum bietet auch für Kinder viel Faszinierendes. Beispielsweise Einblicke in alte Handwerksberufe. Da darf auch mal selbst Hand angelegt werden. Foto: Michael Will
Das Heimatmuseum bietet auch für Kinder viel Faszinierendes. Beispielsweise Einblicke in alte Handwerksberufe. Da darf auch mal selbst Hand angelegt werden. Foto: Michael Will
Den Rechenschieber vor Augen: Die Kinder, die sich derzeit zu Museumsführern ausbilden lassen, erleben bei einer Mathestunde im historischen Schulzimmer, wie streng es früher im Unterricht zuging. Gut, dass Museumspädagogin Annemarie Heuler den Rohrstock nur zu Anschauungszwecken einsetzt. Foto: Michael Will
Den Rechenschieber vor Augen: Die Kinder, die sich derzeit zu Museumsführern ausbilden lassen, erleben bei einer Mathestunde im historischen Schulzimmer, wie streng es früher im Unterricht zuging. Gut, dass Museumspädagogin Annemarie Heuler den Rohrstock nur zu Anschauungszwecken einsetzt. Foto: Michael Will
 
Sandra Rögner (zwölf Jahre, Heubach). Es ist irgendwie schön zu sehen, wie das früher alles war. Ich war mit der Schule schon zwei Mal im Museum. Aber es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Spannend ist das alte Klassenzimmer - da ging es früher ganz schön streng zu und man musste ganz sauber auf die Tafeln schreiben. Foto: Will
Sandra Rögner (zwölf Jahre, Heubach). Es ist irgendwie schön zu sehen, wie das früher alles war. Ich war mit der Schule schon zwei Mal im Museum. Aber es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Spannend ist das alte Klassenzimmer - da ging es früher ganz schön streng zu und man musste ganz sauber auf die Tafeln schreiben. Foto: Will
 
Sabrina Oehm (zwölf Jahre, Ebern). Das ist voll toll hier. Ich war bislang erst einmal im Heimatmuseum, aber die Idee, Kinder hier durchzuführen finde ich gut. Diese ganzen alten Sachen, wie sie früher waren, das gefällt mir. Foto: Will
Sabrina Oehm (zwölf Jahre, Ebern). Das ist voll toll hier. Ich war bislang erst einmal im Heimatmuseum, aber die Idee, Kinder hier durchzuführen finde ich gut. Diese ganzen alten Sachen, wie sie früher waren, das gefällt mir. Foto: Will
 
René Reitzammer(zwölf Jahre , Ebern). Ey, da gab es früher im Unterricht echt was mit dem Stecken auf die Finger, der Unterricht war total streng. Gott sei dank, ist das bei uns in der Schule heute nicht mehr so. Ich mache bei dem Projekt mit, weil mich alte Sachen schon immer interessiert haben. Und so kann ich das auch Freunden zeigen. Foto: Will
René Reitzammer(zwölf Jahre , Ebern). Ey, da gab es früher im Unterricht echt was mit dem Stecken auf die Finger, der Unterricht war total streng. Gott sei dank, ist das bei uns in der Schule heute nicht mehr so. Ich mache bei dem Projekt mit, weil mich alte Sachen schon immer interessiert haben. Und so kann ich das auch Freunden zeigen. Foto: Will
 
Museumsdirektor Ingo Hafenecker. Foto: Will
Museumsdirektor Ingo Hafenecker. Foto: Will
 

Im Heimatmuseum Ebern werden Kinder zu Museumsführern ausgebildet. Sie nehmen künftig Gleichaltrige mit auf Entdeckungsreise durch vergangene Jahrhunderte. Mit dem Projekt "Kinder führen Kinder" soll das Heimatmuseum noch attraktiver werden.

Rechenschieber, Schiefertafel und Rohrstock - das kennen Kinder nur aus Erzählungen von Oma und Opa. Dabei gehörte das anno dazumal zur normalen Ausstattung eines Klassenzimmers. In die Schulen haben heute Laptops, Activboards und digitale Medien Einzug gehalten. Kein Wunder, dass sich die Mädchen und Jungen bei einer Unterrichtsstunde im Schulzimmer des Eberner Heimatmuseums in ein anderes Jahrhundert zurückversetzt fühlen.

Auch die harte Holzbank, auf die sich René und seine Mitstreiter artig drücken, ist längst nicht so bequem wie die modernen Kunststoffstühle in ihrem eigenen Klassenzimmer. "Der Unterricht früher war strenger als er bei uns ist", beschreibt der Zwölfjährige sichtlich beeindruckt am Ende der Unterrichtsstunde, als Annemarie Heuler den Rohrstock wieder zur Seite legt und ihr strenger Blick einem freundlichen Lächeln weicht. Die Kunsthistorikerin und Museumspädagogin aus Eußenheim (Landkreis Main-Spessart) arbeitet derzeit an einem besonderen Projekt: Kinder im Alter von zehn bis 13 Jahren sollen als Museumsführer ausgebildet werden. Sie werden künftig Gleichaltrige durch das Eberner Heimatmuseum führen und für sie die Geschichte und das Leben in früherer Zeiten hautnah erlebbar machen.

Die Idee dazu hatte Bürgervereinsmitglied Stefan Andritschke und stieß in der Vorstandschaft auf offene Ohren. Nach einer Planungsphase ist die Ausbildung der Kinder unter Federführung von Annemarie Heuler derzeit in vollem Gang. In Gruppen wird den Kindern an verschiedenen Projekttagen das Heimatmuseum näher gebracht.
Dabei weckt nicht nur das historische Schulzimmer im ersten Stock die Neugier. Einblicke beispielsweise in die Landwirtschaft, frühere Handwerksberufe, Textilien und Omas Küche sind nicht weniger spannend.

35 Teilnehmer

"Ein tolles Projekt", lobt Museumspädagogin Heuler die Initiatoren, die vom Interesse der Kinder begeistert ist. 35 Mädchen und Jungen haben sich angemeldet und wollen Museumsführer werden. Dafür wurde zuvor in der Grundschule, Mittelschule und Realschule die Werbetrommel gerührt. An insgesamt fünf Nachmittagen nimmt die Fachfrau die Kinder mit auf Entdeckungsreise durch die vergangenen Jahrhunderte.

Dabei steht nicht nur die reine Wissensvermittlung im Vordergrund, vielmehr das Erleben und Begreifen, das Erkunden und Staunen. "Kinder sehen anders als Erwachsene", sagt Heuler. "Die finden oft ganz andere Dinge viel interessanter als wir Erwachsenen." Das Wäschewaschen mit einfachsten Mitteln gehört da ebenso dazu wie das Nähen mit der Nähmaschine, die nicht mit Strom, sondern durch Muskelkraft mit dem Fuß angetrieben wird. Oder auch die Erfahrung, dass der Herd früher mit Holz angeschürt werden musste und kein Strom und Gas Erleichterung verschaffte.

Nach eigenem Gusto

Nach den Sommerferien sollen die Kinder selbst entscheiden, was sie im Heimatmuseum am meisten interessiert und was sie künftig Gleichaltrigen bei den Führungen darüber erzählen wollen. Voraussichtlich im November soll die erste Führung von Kindern für Kinder stattfinden. "Das ist Wissensvermittlung auf Augenhöhe", beschreibt die Museumsfachkraft das Ziel.

Immer in Zweier-Teams und in der Regel ohne Erwachsene werden die Mädchen und Jungen beispielsweise ihre Freunde und Schulkameraden mitnehmen auf eine spannende Entdeckungsreise durch die Heimatgeschichte vergangener Jahrhunderte. Mit einem neu gestalteten Flyer und über die Homepage des Heimatmuseums soll das neue Angebot bekannt gemacht werden. Ebenso bei den Schulen in Ebern und Umgebung.

"Hier herrscht seit Wochen ungewohnte Betriebsamkeit und Aufregung", beschreibt Initiator Stefan Andritschke die Situation, als die Kinder in einer Pause durchs Museum toben. Er freut sich, dass so viele Interesse an dem Projekt haben und mitmachen. So lassen sich die Kinder quasi spielerisch für Heimatgeschichte begeistern; und der ein oder andere von ihnen wird später als Erwachsener vielleicht ja sogar Mitglied im Bürgerverein und unterstützt die Bemühungen zum Erhalt des Hauses in der vielen altertümlichen Schätze.

330 Mitglieder zählt der Bürgerverein aktuell. Erfreulich ist nach Andritschkes Worten, dass in den vergangenen Jahren immer wieder auch junge Leute hinzu gekommen sind. Er hofft, dass das beschauliche Heimatmuseum Ebern durch das neue Projekt in der Region noch bekannter wird und mehr Besucher den Weg hinein in "Frankens schönstes Kegelspiel" - eine Anspielung auf die ehemals neun Stadttürme - finden. Die Ideen gehen Stefan Andritschke nicht aus. Er denkt bereits über die Installation eines "Kinderpfades" im Museum nach. Junge Leute könnten sich so selbstständig und interaktiv auf Entdeckungsreise durch das Haus begeben. Vielleicht ist das ja das nächste innovative Projekt im Heimatmuseum, das nächstes Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert. Ausstellungen zur Heimat und eine Museumsnacht sind dazu geplant.

Pilotprojekt für die Region

"Kinder führen Kinder" - mit diesem Projekt will das Heimatmuseum gerade für junge Menschen noch attraktiver werden. Ingo Hafenecker, der Vorsitzende des Bürgervereins , hofft, dass geschichtliches Wissen so an nächste Generationen weitergegeben wird.

FT: Der Bürgerverein beschreitet mit dem Projekt Neuland. Wie finden Sie diese Idee?
Hafenecker: Ich finde sie großartig. Junge Menschen werden auf eine ganz aktive Weise an unsere Heimat- und Kulturgeschichte herangeführt und darüber hinaus in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert.

Mit den Kindern zieht "junges Leben" ins Museum ein. Wie begeisterungsfähig sind sie für das Leben zu Urgroßvaters Zeiten?
Das muss sich erst noch herausstellen. Zunächst empfinde ich sie als Rasselbande, die über 40 Kinder, das mag an meinem Alter liegen. Die beiden Projektleiter, Annemarie Heuler und Stefan Andritschke, sind dabei, die Kinder intensiv mit dem Museum vertraut zu machen und ihnen die Zusammenhänge so gut es geht aufzuschließen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingt.

Was macht für Sie persönlich den Reiz des Heimatmuseums aus?
Für mich ist es die Erfüllung meines Rentnerdaseins. Sein Charme, seine Intimität, seine Lebendigkeit sind es, die mir und den Besucher so gefällt. Es ist eben ein Museum mit Herz und zum Anfassen. Ganz wesentlich gehört für mich aber auch die wunderbare und harmonische Zusammenarbeit mit meiner Museumsmannschaft dazu; es ist eine Freude, mit ihnen zusammen zu arbeiten.

Als profunder Kenner der Ausstellungsstücke - was liegt Ihnen besonders am Herzen?
In der Tat könnte ich zu jedem Stück eine Geschichte erzählen. Mir ist wichtig, Dass dieses Wissen um die Dinge nicht verloren geht, ist mir wichtig.

Wird das Museum durch das Projekt um eine Attraktion reicher?
Unbedingt. Ich bin ganz sicher, dass es mit diesem Projekt auch überörtliche Aufmerksamkeit erfährt. Schließlich handelt es sich dabei, so weit ich es sehe, für die ganze Region um ein Pilotprojekt. Nicht das erste übrigens, welches das Heimatmuseum Ebern auf den Weg bringt.

Was erhoffen Sie sich dadurch im Hinblick auf die Besucherzahlen?
Einiges, vor allem im Schülerbereich. Übrigens finde ich die Zusammenarbeit mit den Eberner Schulen, wie sie die beiden Projektleiter im Vorfeld angekurbelt haben, hervorragend und bemerkenswert.

Zuschüsse

8000 Euro investiert der Bürgerverein in das Projekt für die Ausbildung der Kinderführer. Zuschüsse gibt es vom Bezirk Unterfranken, der Landesstelle für nichtstaatliche Museen und der Sparkasse Ostunterfranken.