Der Wunsch nach einem Holsystem war da, der Kreistag kam dem Anliegen eines Bürgerbegehrens nun zuvor und beschloss, die Gelbe Tonne einzuführen.
Müll vorsortieren und zum Wertstoffhof fahren, ist ab dem 1. Januar 2020 passé: Der Landkreis Haßberge stellt von einem Bring- auf ein Holsystem für Leichtverpackungen um. Das heißt: Die Gelbe Tonne kommt. So hat es gestern der Kreistag Haßberge beschlossen. Einen Bürgerentscheid wird es nicht geben.
Damit hat die fünfköpfige Fraktion der Jungen Liste (JL) das Blatt gewendet: Zunächst standen die Politiker im mächtigsten Gremium des Landkreises, das insgesamt 60 Mitglieder umfasst, ziemlich alleine da. Ihre Forderung nach der Gelben Tonne verhallte regelmäßig, das bestehende Bringsystem hatten die meisten Räte lieb gewonnen - daran änderte sich auch gestern nichts. Allerdings zeigten sich genug Politiker kompromissbereit: Blieben die Wertstoffhöfe erhalten, könne man sich vorstellen, die Gelbe Tonne zu befürworten, kommunizierten sinngemäß die Fraktionen CSU, FDP und Freie Wähler (wobei es fraktionsintern bei CSU und FW einige Abweichler gab).
Namentliche Abstimmung
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SPD, Grüne und ödp dagegen sprachen sich nahezu geschlossen dafür aus, die Gelbe Tonne nicht per Kreistagsbeschluss einzuführen, sondern diese Entscheidung am 24. März den Wählern bei einem Bürgerentscheid zu überlassen. Nur Stephan Schneider von der SPD befürwortete die Umstellung auf Holsystem ohne Bürgerentscheid; ebenso Sabine Schmidt von der Linken. Letztlich stimmten bei der namentlichen Abstimmung (alle Kreisräte wurden einzeln aufgerufen) 33 Kreisräte für die direkte Einführung der Gelben Tonne und 22 dagegen - damit ist der Bürgerentscheid, den eine Bürgerinitiative gefordert hatte, hinfällig.
Wie aber kam es zu dem Sinneswandel im Kreistag? Die Junge Liste hatte Wochen zuvor einen entscheidenden Trumpf gespielt. Denn sie engagierte sich auch außerhalb des Kreistags und war unter anderem an der Gründung der Bürgerinitiative "Pro Gelbe Tonne im Landkreis Haßberge" beteiligt. Diese hatte von August bis Oktober dieses Jahres über 10 000 Unterschriften gesammelt und dem Landrat Wilhelm Schneider übergeben. Das reichte locker für ein Bürgerbegehren (8709 Stimmen waren gültig, benötigt 4150), so dass klar war, dass es zu einem Bürgerentscheid kommen würde. Außer freilich, der Kreistag kommt dem Anliegen des Bürgerbegehrens selbst nach und führt die Tonne von sich aus ein - was er gestern tat.
Sachlich argumentiert
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Das Ganze lief nicht ohne Kontroverse ab, allerdings waren alle Fraktionen darum bemüht, die Emotionen nicht hochkochen zu lassen, sondern sachlich zu argumentieren. Die SPD hatte noch beantragt, dass der Bürger allein durch den Bürgerentscheid über die Einführung der Gelben Tonne abstimmen soll und im Vorfeld des Entscheids eine "sachliche Darstellung und Information für alle Haushalte erstellt und verteilt" wird, aber zur Abstimmung kam schließlich die von Landrat Wilhelm Schneider vorgeschlagene Kompromisslösung: "Der Landkreis Haßberge übernimmt das Bürgerbegehren und stellt das bisher im Landkreis Haßberge bestehende Bringsystem (...) zum 1. Januar 2020 auf ein Holsystem - Gelbe Tonne - um." Weiter heißt es im Beschluss, dass das Wertstoffhofsystem "auch für Leichtverpackungen", jedoch ohne Sortierung, sondern nur für gemischte Anlieferung fortgeführt wird. Das bedeutet, dass auf den Wertstoffhöfen künftig große Gelbe-Tonnen-Gefäße aufgestellt werden, die ebenfalls von der Müllabführ geleert werden.
6,50 Euro mehr pro Jahr
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Und: Die Öffnungsstunden der 26 Wertstoffhöfe werden je Woche von derzeit 159 auf 121 (die Zahl wurde noch einmal von 124 auf 121 korrigiert) reduziert und "es wird in Gemeinden bis 5000 Einwohner auf eine sogenannte Alleinarbeit der Wertstoffhofbetreuer umgestellt. Der Aufwand hierfür wird über höhere Müllgebühren ausgeglichen." Diese Müllgebühren betragen 6,50 Euro pro Jahr und Haushalt. Wie Wilfried Neubauer, Chef des Abfallwirtschaftsbetriebs, erläuterte, diene diese Gebührenerhöhung dem Erhalt des Wertstoffhofsystems, die Gelbe Tonne koste nichts, ihre Leerung auch nicht (bereits bezahlt über den Ladenpreis der verpackten Produkte). Das heißt: Wer die Gelbe Tonne nicht beantragt und seine Leichtverpackungen zum Wertstoffhof bringt, zahlt trotzdem die zusätzlichen 6,50 Euro im Jahr.
Die Debatte und die Abstimmung endeten letztlich (versöhnlich) mit einem Lacher - nach dem Ende der namentlichen Abstimmung fragte Landrat Schneider: "Sind alle, die anwesend sind, aufgerufen worden?" Einige Kreisräte riefen ihm dann zu, dass er selber noch nicht aufgerufen worden sei. "Ach ja, ich selber", sagte der Landrat und lachte. Nachdem er das Kombisystem selbst vorgeschlagen hatte, war sein Votum klar, der 33. Befürworter im Gremium gefunden und die Debatte beendet.
Noch schöner wär's, wenn künftig geistiger Müll vermieden würde.
Ich werde meine Erwartungen zurückhalten und mich überraschen lassen.

Dass die Wertstoffhöfe offen bleiben kann ich nur als sinnvoll erachten.
Wünschenswert wäre, wenn künftig die Energie, welche in das Einführen der gelben Tonne gesteckt wurde, vielleicht auch einmal in das Thema „Müll vermeiden“ gelangt.
Denn wo kein Müll ist, braucht auch niemand sortieren. Und das ist doch mit Sicherheit die bequemste Alternative
Nach dem großen Erfolg mit der Gelben Tonne wäre es doch schön, wenn die Junge Liste jetzt die Rückgründung der Sparkasse Ostunterfranken in Angriff nehmen würde.
Der Begriff Kombisystem ist irreführend, wenn - wie bislang- der Verpackungsmüll am Wertstoffhof nicht sortiert wird, sondern alles in einer Tonne landet. Dafür war doch der Landkreis Hassberge berühmt: Der Müll wird vor Ort sortiert, und möglichst rein der Wiederverwertung zugeführt. Neben dem noch sinnvolleren Müllvermeiden ist das die ökologischste Variante. Die Statistiken vor Jahren belegten, dass der Lkr. Hassberge im Vergleich zu den Nachbarlandkreisen am wenigsten Müll produzierte. Das Bequemlichkeitssystem ausgerechnet von einer ''Jungen'' Union hat obsiegt, weil Politiker sich nicht gerne Volksabstimmungen stellen.
Das alte System war natürlich nicht ideal für Leute, die ihren Müll nicht zum Wertstoffhof bringen können. Das neue System ist es allerdings auch nicht: In gelben Tonnen befindet sich bis zu 40% Fremdmüll, wer sortiert diesen dann zu welchen Preisen ? Die 6,50 Euro mehr im Jahr pro Haushalt, für die sich alle Bürger bei der JU bedanken können, wird da wohl nur der Anfang sein...Das sind 54 Cent im Monat Zusatzkosten, die Vermieter natürlich auf die Mieter umlegen. Ob das alle geahnt haben, die eifrig für eine gelbe Tonne unterschrieben haben, um allen Verpackungsmüll in eine Tonne werfen zu können ?
( selbst im Landkreis Bamberg werden neben dem unsäglichen gelben Sack Dosen auch in so gelben Containern gesammelt ) Wie man sich für etwas ''jubeln'' kann, bei dem der Bürger mehr zu zahlen hat, ist mir ein Schleier und ein seltsames Demokratie- und Bürgerverständnis. Aber wenn man sich schon mit sonst nichts profilieren kann, muss es eben eine gelbe Tonne sein. Steht nicht irgendwo geschrieben, wer anschafft, muss bezahlen ? Für wie viel Geld haben kleine Gemeinden Wertstoffhöfe eingerichtet ? Leider kann man die JU dafür nachträglich nicht zur Kasse bitten.
Wie im Text steht, die gelbe Tonne und auch deren Abholung kostet nichts, diese Kosten hat der Kunde bereits beim Kauf der Ware mitbezahlt. Somit kann der JU diese Sondergebühr von 6,50€ pro Jahr nicht angelastet werden, die sehr schwammige Begründung für diese Gebührenerhöhung sollte man sich von den wirklichen Verantwortlichen nochmal genauer erklären lassen.