"Im Moment ist Ruhe vor dem Sturm" an den Haßberg-Kliniken

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An der Notaufnahme des Haßfurter Krankenhauses steht ein Container (gegenüber dem Eingang). Wer eingelassen werden will, muss sich per Klingelzeichen melden. Dann wird die weitere Vorgehensweise besprochen. Einfach so kommt niemand hinein. Klaus Schmitt
An der Notaufnahme des Haßfurter Krankenhauses steht ein Container (gegenüber dem Eingang). Wer eingelassen werden will, muss sich per Klingelzeichen melden. Dann wird die weitere Vorgehensweise besprochen. Einfach so kommt niemand hinein.  Klaus Schmitt

Die Haßberg-Kliniken rüsten sich für einen Anstieg der Infizierten. Die entscheidende Frage ist, wie viele Patienten vor allem das Krankenhaus in Haßfurt versorgen kann. Dazu ein Kommentar von Klaus Schmitt

Es war der 12. März, der Donnerstag vor über einer Woche. Da hat das Krankenhaus in Haßfurt auf den Krisenmodus umgeschaltet. In den Behandlungszimmern, dem Warteraum und auf den Gängen der Notaufnahme versorgte ein Krankenpfleger die Männer und Frauen, die sich dort eingefunden hatten oder vom Rettungsdienst eingeliefert worden waren, sowie deren Begleitpersonen und die eigenen Kollegen mit Mundschutzmasken. Das sei jetzt Vorschrift, sagte er mit Blick auf die sich zuspitzende Coronakrise. An die Pforte der Klinik erging die Weisung, dass keine Besucher mehr eingelassen werden dürfen. Zum Schutz der Patienten und des Personals.

"Mit dieser Verschärfung der Lage hatte niemand gerechnet, auch die eigenen Leute nicht", sagt Stephan Kolck mit Blick auf den 12. März. Von einer Minute auf die andere war alles anders. "Wir haben das Haus abgeschottet", erinnert sich der Vorstandsvorsitzende des Kommunalunternehmens Haßberg-Kliniken, obwohl "das eigentlich nicht unsere Philosophie ist". Besuche sind zu normalen Zeiten ausdrücklich erwünscht. Zu normalen Zeiten! Aber normal ist derzeit nichts. Aktuell gibt es nur zwei Ausnahmen bei den Besuchen. Ins Haus dürfen werdende Väter und die Angehörigen von Sterbenden.

Nach dem Stand am Freitag, 20. März, gibt es im Haßfurter Krankenhaus keine Corona-Patienten. Aber das kann sich schnell ändern. Ständig müssen Verdachtsfälle untersucht werden. Im Kreis Haßberge gibt es derzeit 18 Infizierte (Stand am Sonntag, 22. März).

Das Haßfurter Krankenhaus, das ebenso wie das Eberner Krankenhaus unter dem Dach des Kommunalunternehmens Haßberg-Kliniken betrieben wird, verfügt über sechs Intensivbetten. Die Intensivstation kann um fünf Betten aufgestockt werden (Aufwachraum). Insgesamt stehen fünf Beatmungsplätze im Intensivbereich bereit.

Das ganze Haus in der Kreisstadt wurde nach den Angaben von Stephan Kolck in einen roten und in einen grünen Bereich unterteilt. Der rote Bereich mit insgesamt knapp 80 Betten soll, wenn es erforderlich wird, Corona-Patienten aufnehmen; er wird damit zum Isolierbereich. Dieser Bereich ist aktuell teilweise noch belegt. Er soll sich leeren. Patienten, die nicht infektiös sind, wurden bereits in das Haus nach Ebern verlegt.

Grüner Bereich sind die Gynäkologie mit der Geburtshilfe und die Geriatrie. Diese beiden Stationen sollen von der Coronakrise nicht berührt werden.

Stephan Kolck ist froh darüber, dass sich die Haßberg-Kliniken auf die Situation vorbereiten können - anders als etwa in Italien. "Wir haben die Zeit genutzt", um die Ärzte und die Pflegekräfte einzuweisen, schildert der Vorstandsvorsitzende. Das Personal werde für die Abläufe und die Geräte geschult, die für die Behandlung von Corona-Patienten erforderlich sind. Das gehe schnell, sagt Kolck, da das Personal aus Profis bestehe, das sich rasch mit anderen Aufgaben vertraut machen könne.

Kommt die Klinik damit klar, wenn es einen Ansturm von Corona-Patienten gibt? Stephan Kolck überlegt und wählt dann die folgende Formulierung: Die Haßberg-Kliniken sieht er "für einen Sturm gerüstet, für einen Tsunami nicht. Im Moment", fährt der Experte fort, "ist die Ruhe vor dem Sturm."

Kommentar von Klaus Schmitt:

Was ist Medizin wert?

Es ist noch gar nicht so lange her, da besuchte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) den Landkreis Haßberge. Es war Kommunalwahlkampf, und das Coronavirus spielte noch keine allzu große Rolle.

Kommunalpolitiker aus dem Kreis Haßberge sprachen das Thema Krankenhäuser an, konkret das Defizit der beiden Haßberg-Kliniken Haßfurt und Ebern. Auf rund drei Millionen Euro beläuft sich der jährliche Verlust aktuell. Das sei nicht tragbar, hieß es; wo und wie gebe es Unterstützung, was könne man tun, um aus den roten Zahlen zu kommen?, fragten die Haßberge-Kommunalpolitiker.

Der Finanzminister antwortete sinngemäß: Wenn euch eure Kliniken lieb und teuer und wichtig sind, dann tragt das Defizit, und der Landkreis soll sich das Geld über die Kreisumlage von den Städten und Gemeinden holen. Die Kreisumlage ist die Abgabe, die die 26 Kommunen im Landkreis alljährlich an den Landkreis überweisen müssen, der über das Kommunalunternehmen Haßberg-Kliniken die beiden Krankenhäuser in Haßfurt und Ebern betreibt.

Kreisumlage - das ist ein Reizwort bei Städten und Gemeinden. Welcher Bürgermeister, welcher Stadt- oder Gemeinderat gibt schon gerne Geld an den Landkreis ab? Das fehlt dann für die eigenen Projekte.

Heute, im Angesicht der dramatischen Coronakrise, möchte man fragen: Was sind schon drei Millionen Euro Defizit im Jahr? Die Menschen im Landkreis sollten sich glücklich schätzen, dass sie die beiden Häuser in Haßfurt und Ebern quasi vor der Haustür haben. Dass es Ärzte und Pflegekräfte gibt, die alles tun werden, um Menschen, die mit dem Virus eingeliefert werden, bestmöglich zu behandeln. Die bis an den Rand der Erschöpfung arbeiten werden, um anderen Menschen zu helfen. Die sich selbst in Gefahr begeben und dem Risiko aussetzen werden, selbst angesteckt zu werden.

Was ist der Gesellschaft die Medizin wert? Was darf Gesundheit kosten? In Krisenzeiten wie diesen verschieben sich die Prioritäten und auch die Ansichten. Was sind schon drei Millionen?