Hat Lkw-Fahrer den Unfall nur erfunden?

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Das Amtsgericht Haßfurt verhandelte gegen einen 50-Jährigen, den die Polizei auf der Autobahn angetroffen hatte - mit Promille.

Als die Polizei zu dem parkenden Sattelzug kam, fand sie dessen 50-jährigen Fahrer schlafend mit dem Kopf auf dem Lenkrad liegend vor. Eine kurz darauf vorgenommene Blutprobe ergab einen Wert von 1,28 Promille. Das bedeutet absolute Fahruntüchtigkeit. Bei seinem Prozess vor dem Amtsgericht in Haßfurt gab der Brummifahrer an, drei Bier getrunken zu haben - aber erst, nachdem sein Lastwagen schon stand. Diese Behauptung müsse überprüft werden, meinte Amtsrichterin Ilona Conver und beauftragte einen Rechtsmediziner mit einer gutachterlichen Stellungnahme. Erst wenn diese vorliegt, wird der Prozess wegen des Vorwurfs der Trunkenheit im Verkehr fortgesetzt.

Am 26. März dieses Jahres fuhr der 50-Jährige mit seinem Laster auf der Autobahn (A 70) von Bamberg in Richtung Schweinfurt. Kurz vor 7 Uhr in der Frühe griff er zu seiner Freisprechanlage und rief bei der Notrufzentrale der Polizei an. Er meldete, dass er von einem überholenden bulgarischen Laster so stark nach rechts abgedrängt worden sei, dass er mit seinem Sattelzug die Leitplanke gestreift habe. Da er kurz vor dem Parkplatz "Steinsäcker" bei Horhausen unterwegs war, vereinbarte er mit dem diensthabenden Beamten, dass er dort auf eine Streife warten wolle.

Wie es dann weiter ging, berichtete im Zeugenstand der Polizist, der damals im Einsatz war. Als der Streifenwagen zu dem Parkplatz kam, fanden sie den Angeklagten in seinem Führerhaus. Aufgebracht und mit hochrotem Kopf habe der Fahrer dann von dem Beinahe-Unfall mit dem ausländischen Laster berichtet. Als er dann leicht benommen und mit unsicherem Gang um sein Fahrzeug ging, hatten die Beamten den Eindruck, dass "irgendwas nicht passt". Deshalb ließen ihn die Beamten blasen und als ein Wert von über ein Promille angezeigt wurde, nahmen sie ihn mit auf die Dienststelle, wo eine gerichtsverwertbare Blutprobe genommen wurde.

Die Beamten inspizierten auch den Streifschaden an der rechten Seite des Sattelzuges des Beschuldigten - ein langgezogener Kratzer. Dieses Schadensbild, so der Beamte, passe nicht zu dem von dem Beschuldigten behaupteten Vorgang. Wäre nämlich der Sattelzug wirklich von einem anderen Fahrzeug nach rechts abgedrängt worden, müsste der Streifschaden wesentlich kürzer sein und an der Leitplanke müsste von dem Anstoß zumindest eine Delle sichtbar sein - was aber nicht der Fall war.

Warum sollte der Brummifahrer den bulgarischen Lkw aber nur erfunden haben? Im weiteren Verlauf der Verhandlung erfuhr man, dass der Angeklagte die ganze Nacht zuvor hinterm Lenkrad gesessen hatte. Die Staatsanwaltschaft schlussfolgerte daraus, dass der Mann übermüdet am Steuer eingeschlafen war und deshalb langsam die Leitplanke touchiert hatte. Damit ließe sich auch das festgestellte Schadensbild erklären. Um sein Versagen zu vertuschen, habe er dann die Räuberpistole erfunden - was als Vortäuschen einer Straftat verfolgt wird.

Da der Angeklagte bei der polizeilichen Vernehmung angegeben hatte, dass er auf dem Parkplatz nur ein Bier getrunken habe, hielt die Staatsanwältin Andrea Götz den nun behaupteten Nachtrunk von drei Bieren für unglaubwürdig. Und gesetzt den Fall, dass die Story mit den drei Bieren doch stimmen würde, hätte der Brummifahrer über zehn Stunden auf dem Parkplatz bleiben müssen, bevor er einigermaßen nüchtern wieder hätte weiterfahren dürfen.

Doch der Richterin reichte es nicht für eine Verurteilung. Sie verwies auf die Aufklärungspflicht des Gerichts und ordnete deshalb an, dass ein rechtsmedizinisches Gutachten erstellt wird, um den behaupteten Nachtrunk zu überprüfen. Erst wenn die Stellungnahme eines Sachverständigen vorliegt, wird der Strafprozess fortgesetzt.