In der Schleuse Ottendorf (Gemeinde Gädheim) werden die Tore ausgetauscht, zum ersten Mal seit 1962. Deswegen kann man jetzt trockenen Fußes durch das gewaltige Betonbecken spazieren. Das ist im Moment Frankens größte Baustelle.
Wäre Ottendorf Berlin und die Schleuse ein Flughafen, dann hätte Michael Bruns richtig Stress. So aber bleibt der Bauleiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Schweinfurt cool: Am Freitag, 19. April, ist das Großprojekt abgeschlossen, die Schleuse wieder nass und der weg für die Schiffe frei.
13 Schleusen im Main und im Main-Donau-Kanal legen die Schifffahrtsämter heuer während der turnusgemäßen Schifffahrtssperre im Frühjahr trocken. Die Technik der Schiffshebewerke ist zwar erstaunlich simpel und vor allem robust, ab und an müssen Bruns und seine Männer aber mit Schraubenschlüssel und Ölkännchen ran. Eine leichte Untertreibung.
Die größte Baustelle tut sich in Ottendorf im westlichen Kreis Haßberge auf; auftun im wahrsten Sinn des Wortes.
Wer die Schleuse, mit einem Hub von 7,60 Metern die größte auf dem Main, im wässrigen Zustand kennt, wird jetzt schier erschlagen von den Dimensionen des leeren Betonbeckens: Weil zwei der drei Tore ausgewechselt werden, muss das Wasser raus, rund 40 Millionen Liter. Wie ein Grand Canyon aus Menschenhand klafft das zwölf Meter tiefe, elf Meter breite und 300 Meter lange Loch mit den Betonwänden in der Auenlandschaft.
Schwerstarbeit Wenn man es mit Schleusen und Schleusentoren zu tun hat, muss man in großen Maßstäben denken. Jeder einzelne Torflügel wiegt 36 Tonnen, manche Mutter, die die Schrauben hält, kann ein Mann alleine kaum heben.
Die Tore halten ja nicht nur dem Druck von 40 000 Kubikmetern Wasser stand, sondern sorgen auch dafür, dass ein 6000 Tonnen schwerer Schubverband wie von Zauberhand 7,60 Meter nach oben oder unten gehievt wird.
Für gut eine Million Euro verpasst das Schifffahrtsamt der Schleuse in Ottendorf die erste gründliche Frischzellenkur seit ihrem Bau 1962.
Die neuen Tore werden Michael Bruns noch lange überleben. "70 Jahre müssen sie halten", sagt er auf der seltsamen Baustelle, die trockengelegt werden muss, weil sich hier alles ums Wasser dreht. Spinnt man den Widerspruch weiter, dann wäre der neue Berliner Flughafen wohl schon längst fertig, wenn die Planer ganz einfach auf dem Boden geblieben wären.