Beinahe hätte es am Samstagmorgen im Stettfelder Wald auf dem Deusdorfer Weg einen Eklat gegeben. Zumindest kochte die Volksseele hoch.
Stettfeld und die Rechtler sind seit Jahrzehnten immer für handfesten Gesprächsstoff gut. Am Samstag um 9 Uhr erreichte die aktuelle Auseinandersetzung von Rechtlern und Gemeinde einen filmreifen Höhepunkt: Die über 80 Holzberechtigten hatten sich zur Vergabe des Weichholzes durch die Rechtler-Beauftragte der Gemeinde, Nicole Meyer, auf dem Deusdorfer Weg im Wald versammelt, um den Hauerlohn in bar zu bezahlen.
Weil es regnete und wegen ausstehender Meldungen noch geklärt werden sollte, wer nun wie viel Holz haben will, schlug Meyer vor, doch nach unten in die Gemeindegebäude zu gehen: Was lautstarken Protest und in der Folge weitschweifige Diskussionen auslöste.
So kamen der Bayerische Rundfunk und weitere Kamerateams auf ihre Kosten. Sie nahmen jede Menge O-Töne der empörten Rechtlergemeinde auf. Berthold Amling etwa bezog sich auf das Verwaltungsgerichtsurteil aus Würzburg, wonach das Holz zu verteilen sei, man poche auf die aktive Holzzuweisung.
Klare Ansage
Vor diesem Hintergrund schlug Meyer vor, wenigstens die 104 Lose für Schwachholzpolter zu ziehen; die Bezahlung könne dann in bar später oder per Überweisung geschehen.
So mancher hatte seine Schutzkleidung an, den Helm mit den Lärmschutzkopfhörern auf und die Motorsäge dabei, viele waren mit ihren Traktoren in den Wald gefahren. Da warnte die Staatsbeauftragte für das Rechtler-Wesen in Stettfeld: "Das Holz wird nicht geholt, bevor das Geld da ist." Sie werde sonst die Polizei verständigen, führte sie ruhig aus, das sei nämlich Diebstahl.
Protestbekundungen, Lachen, Raunen und Klatschen begleiteten die Wortmeldungen: "Des ist doch verarscht!" "Des mein' ich auch!" "Des ist doch a Witz!" "A Chaos. A Chaos wie eh und je!" Die Volksseele kochte. Gleichwohl ruhig und unbeeindruckt blieben die Vertreter der Gemeinde. Die Los-Vergabe erfolgte schließlich geordnet - freilich begleitet von so manchem Kommentar.
Von einem "gespaltenen Dorf", einer "Katastrophe für das Dorf", Nie-Erlebtem wurde derweil in die Mikrofone gesprochen, von Rechtsbruch durch die Gemeinde, von verbrieftem uralten Recht der Stettfelder Rechtler.
Kategorisches Nein
Zu dem Termin im Wald war es gekommen, weil bei einer Versammlung in der Schule vor einigen Wochen die Rechtler betont hatten, aus juristischen und buchungstechnischen Gründen keine Unterschrift leisten zu wollen und im Vorhinein keinen Cent zahlen zu wollen. Besonderen Ärger hatte den Rechtlern nach der Vorschlag der Gemeinde ausgelöst, das Recht in Brennholz an die Rechtler und Stammholz an die Gemeinde aufzuteilen.
Schließlich sehen sie es als ihr gutes Recht an, das Holz aus dem Wald nutzen zu dürfen. Inzwischen hatte ein Anwalt aber informiert, dass es keine rechtlichen Nachteile hätte, den Hauerlohn freiwillig zu bezahlen. Denn die Rechtler müssen ihr Nutzungsrecht regelmäßig tatkräftig erfüllen.
Die Rechter haben viele Stimmen in dem 1200-Seelen-Dorf, ein großer Anteil der Einwohner dürfte aber auch der Position des Bürgermeisters folgen: Der Dreh- und Angelpunkt für die Gemeinde ist laut Alfons Hartlieb, dass die Gemeinde und damit die Bürger an dem Erlös des Waldes mitbeteiligt werden; auf lange Sicht will die Gemeinde jedem Bürger Holzlose bieten können.
Ob nach der Auseinandersetzung am Verwaltungsgericht in Würzburg (wir berichteten ausführlich) der Gang der Gemeinde Stettfeld zur höheren gerichtlichen Instanz in München tatsächlich etwas bringt?
In der bewegten Menge meldete sich Raimund Karl zu Wort und erklärte im Blick auf den historischen Hintergrund: "Recht besteht, das kann man nicht einfach nehmen."