Weil eine zentrale Bereitschaftspraxis in Haßfurt immer noch in und um Ebern Zweifel schürt, kamen am Mittwoch Politiker, Ärzte und KVB-Verantwortliche im Rathaus zusammen. Gekippt wird die Pilotregion wohl trotzdem nicht mehr.
Mittwoch, 18.25 Uhr, Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) stellt nach fast eineinhalb Stunden die entscheidende Frage: "Haben wir eine Chance?" Die vorsichtig formulierte Antwort, mit dennoch eindeutigem Gehalt, kommt von Christian Pfeiffer, dem regionalen Vorstandsbeauftragten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) für Unterfranken: Natürlich werde eine Resolution dem Vorstand in München vorgelegt, die Planungen für die Pilotregion Schweinfurt-Haßberge seien aber abgeschlossen. Es werde keine Anlaufstelle in Ebern für den Bereitschaftsdienst geben. Denn: Ebern gehört zum Gebiet Haßfurt dazu.
Die Resolution, die im Stadtrat in Ebern einstimmig beschlossen wurde, werde trotzdem noch von anderen Gemeinden verabschiedet. Nur, Hennemann ist eben auch der Meinung: "Wenn man nicht verhandeln kann, dann kommt man auch nicht zu einem Abschluss."
Die Verhandlungspartner, die zum Informationsgespräch ins Rathaus gekommen waren, waren weniger zum Verhandeln, als viel mehr zum Erklären da. Da höchstwahrscheinlich an dem Fakt "Pilotregion Schweinfurt-Haßberge ab 1. April 2016" nichts mehr zu rütteln ist, haben wir wichtige Punkte - für Ärzte und Patienten - zusammengefasst:
1.
180 Ärzte für die Region 60 Ärzte werden sich laut KVB im Bereich Haßfurt-Ebern den Bereitschaftsdienst teilen. In der Pilotregion Schweinfurt-Haßfurt sind es insgesamt 180 Ärzte, die die beiden zentralen Bereitschaftspraxen bedienen. Bisher musste laut Roland Leitgeb, Vorsitzender des Vereins Bereitschaftspraxis Haßberge, ein Arzt aus Ebern bis zu 600 Stunden Bereitschaftsdienst zusätzlich zur regulären Sprechstunde im Jahr leisten. Mit der Umstrukturierung rechnen die KVB-Verantwortlichen mit 85 bis 90 Stunden Bereitschaftsdienst pro Arzt und Jahr.
2.
Ärzte haben BedürfnisseChristian Pfeiffer erklärt, dass das Berufsbild "Arzt" im Umbruch ist. Auch hier würden zum Beispiel Teilzeitmodelle gefordert werden. Viele Ärzte würden außerdem nicht mehr dort praktizieren, wo sie leben - Praxis und Wohnung sind nicht immer im gleichen Haus. Mit einer zentralen Bereitschaftspraxis sollen den Ärzten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie - auch Work-Life-Balance genannt - garantiert werden. Die KVB prognostiziert Versorgungslücken auf dem Land. "Es ist nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern damit es den Bereitschaftsdienst auf dem Land überhaupt noch gibt", stellt Pfeiffer fest: "Die Region Haßfurt ist drohend unterversorgt im Bereich Hausärzte."
3.
Freiheit des Patienten Folgendes Szenario: Samstagmittag, der Husten ist kaum auszuhalten, bis Montag will der Patient nicht warten, also sucht er einen Bereitschaftsarzt. "Das Gebiet ist nicht festgelegt. Die Patienten können überlegen, in welche Praxis sie fahren", erklärt Pfeiffer. Ob der Patient aus Untermerzbach oder Ebern nach Coburg, Bamberg oder Scheßlitz in eine Bereitschaftspraxis fährt, das stehe ihm frei.
Dass nicht nur Ärzte, sondern auch Patienten mit dem Auftakt der Pilotregion umdenken müssen, das bezweifelt von den Anwesenden niemand. Kinderarzt Arman Behdjati-Lindner aus Haßfurt beschreibt die Veränderung ab April 2016 so: "Das Manko: Der Patient muss sich etwas besser artikulieren können, sich darum bemühen, dass er an den richtigen Arzt kommt, aber es wird kein Mensch zu Schaden kommen."
4.
Sorgen der Patienten Untermerzbachs Bürgermeister Helmut Dietz (SPD) beklagt, dass "leichtfertig mit den Patienten umgegangen" wird. Ein Kritikpunkt an dem Pilotmodell: Patienten aus den östlichen Gemeinden im Landkreis kennen den Weg ins Haßfurter Krankenhaus nicht (zur Erklärung: Hausbesuche sind die Ausnahme und müssen medizinisch begründet werden). Dem gegenüber stellt Ernst Schlereth von der KVB folgende Argumente: Anders als bisher, wo die nächste diensthabende Bereitschaftspraxis erst gesucht werden muss, sind die Öffnungszeiten bei einer zentralen Bereitschaftspraxis bekannt - die Patienten wissen, dass sie dort einen Arzt antreffen werden. Außerdem kann den Ärzten so Equipment und ein Fahrdienst für die Hausbesuche zur Verfügung gestellt werden.
"Die Erwartungshaltung der Bevölkerung ist nicht gerechtfertigt, dass ein Bereitschafts-Arzt in 30 Minuten beim Hausbesuch da sein muss", sagt Pfeiffer. Da es sich um keinen lebensbedrohlichen Notfall handele, könne dies schon mal fünf, sechs Stunden dauern. Grundsätzlich geht die KVB aber davon aus, dass der Hausbesuchsdienst dank GPS-Steuerung und der Trennung von Sitz- und Fahrdiensten verbessert werden kann.
5.
Welche Rufnummer?Immer noch viel zu wenig bekannt sei der Unterschied zwischen Bereitschafts- und Notarztdienst (wie Feuerwehr und Rettungsdienst unter der 112 erreichbar). Diese unterscheiden sich nicht nur an der Rufnummer. Ein Bereitschaftsarzt übernimmt am Wochenende "nur die notwendigen Maßnahmen", stellte Pfeiffer klar.
Nach fast zwei Stunden gab es keine Fragen mehr, wirklich zufrieden wirkte allerdings auch keiner. Sie wird wohl kommen, die Pilotregion Schweinfurt-Haßberge. Pfeiffer sieht es als "größeren Wurf für die nächsten Jahre", um die medizinische Versorgung auf dem Land zu sichern. Und, aus Erfahrung habe sich auch gezeigt: "Die Bevölkerung lernt ganz schnell."
Dass die Eberner über 25 Jahre so still gehalten hab, aber jetzt ist aller Grund da, die Zwangsgemeinschaft mit diesem Kreis aufzulösen. Der erste der stirbt, weil er nicht rechtzeitig zu einem Arzt kam, sollte dann die Klage führen (respektive dessen Angehörige). Dann wirds nicht mehr lustig für diesen Landkreis.
Der größte Witz ist, Krankenhaus und Ärzte, die den Bereitschaftsdienst übernehmen würden, sind ja da!
Es kann doch nicht sein, dass die KVB etwas entscheidet, das allen Interessen entgegensteht, nur nicht denen der KVB-Funktionäre. Es müsste seit 2012 oder 2013 allen Politikern im Kreis bekannt gewesen sein, dass solche Pläne kommen würden. D.h. es wäre genug Zeit gewesen, frühzeitig dagegen was zu machen! Es ist nicht mal drüber diskutiert worden. Ein unglaubliches Versagen! Auch jetzt, dass sich mit allergrößter Mühe die Stadt selbst endlich entschlossen hat, dagegen vorzugehen. Ich hoffe, das reißt nicht ab, bloß weil die Funktionäre der KVB gesagt haben, dass sie nichts ändern wollen. Die Sache kommt wahrscheinlich erst richtig ins Rollen, wenn sich ein Politikmagazin wie Panorama der Sache annimmt. Haben wir denn niemanden in Ebern, der einen guten Draht zu einem Fernsehsender hat?
Dass die Eberner über 25 Jahre so still gehalten hab, aber jetzt ist aller Grund da, die Zwangsgemeinschaft mit diesem Kreis aufzulösen. Der erste der stirbt, weil er nicht rechtzeitig zu einem Arzt kam, sollte dann die Klage führen (respektive dessen Angehörige). Dann wirds nicht mehr lustig für diesen Landkreis.
Wie man hier nicht, aber anderswo lesen kann, wird Bamberg-Forchheim die nächste Pilotregion der KVB. Das wird nach meiner Einschätzung bedeuten, dass vermutlich die drei Bereitschaftspraxen in Bamberg Stadt und Land in Gefahr geraten. Wenn die KVB weiter so vorgeht, bedeutet das, dass entweder die Bereitschaftspraxis Scheßlitz oder Burgebrach im Bestand gefährdet ist, wenn nicht sogar beide. In Forchheim gibt es auch eine Bereitschaftspraxis.
Ich verstehe nicht, warum das anscheinend in der Presse keinen jucken will. Da schreiben die Journalisten teilweise wirklich über einen belanglosen Käse und greifen die Themen, die wichtig sind nur halbherzig auf. Wenn ich im Internet die Online-Zeitungen aus anderen Bundesländern durchstöbere, dann sind z.B. in Hessen und Baden-Württemberg auch bestehende Bereitschaftspraxen geschlossen worden, weil es den dortigen Kassenärztlichen Vereinigungen gerade so gefallen hat und zwar immer aus finanziellen Gründen. Auch dort haben die örtlichen Ärzte immer wieder betont, dass sie ihren örtlichen Bereitschaftsdienst aufrechterhalten wollen. Wenn ich dann so einen Schmarrn lese, warum ich so glücklich in diesem und jenem Landkreis bin, dann würde ich am liebsten die Zeitung abbestellen. Den Mist können Anzeigenblätter drucken, die keine journalistische Recherchen betreiben müssen.
Hallo Recke2, wo kann man denn nachlesen, dass im Kreis/Stadt Bamberg über eine Änderung bei den Bereitschaftspraxen nachdenkt (oder gar schon beschlossen hat)?