Die Winzer in der Region haben die Weintraubenernte abgeschlossen und sind zuversichtlich, was die Qualität betrifft. Sie erwarten fruchtige Weine für die anstehende Produktion.
von unserem Mitarbeiter René Ruprecht
Kreis Haßberge — Es sind nur noch wenige Trauben, die golden schimmernd in der Herbstsonne leuchten. Auf dem Sander Kronberg geht die Ernte zu Ende. Wochen voller harter Arbeit liegen hinter Mathias Rippstein und Rudi Ruß. Allein an diesem Oktobertag haben sie acht Stunden Weintrauben selektiert und handgelesen. Ein Knochenjob an den steilen Hängen inmitten des Abt-Degen-Weintals. Ein Knochenjob, dessen Resultat in fünf Monaten aller Voraussicht nach Silvaner-Liebhaber aus ganz Deutschland erfreuen wird.
Die Weinernte 2014 in der Region Haßberge ist abgeschlossen. Sowohl frühe Sorten wie Müller-Thurgau und Bacchus als auch späte wie Weißburgunder und Portugieser gären derzeit in den Tanks und Fässern der regionalen Winzer. Deren Fazit: Trotz Wetterkapriolen sind sie mit dem Ergebnis zufrieden. Sie erwarten schöne, fruchtige Weine mit vielversprechendem Aroma.
Turbo für die Weintrauben Während der milde Winter die Rebstöcke der Region früh austreiben lassen hat und die Witterung bis Juni optimal verlief, hat das Wetter im August und September die Beeren zulegen lassen, wie Winzer Rippstein aus Sand erklärt: "Wasser und warme Temperaturen sind ein Turbo für die Weintrauben".
Dies führte dazu, dass die Ernte in diesem Jahr innerhalb von nur zwei Wochen von statten gehen musste. Der Durchschnitt liegt bei rund vier Wochen.
Der Vorsitzende des Weinbauvereins Haßberge, Roger Nüßlein aus Zeil, dazu: "Der Boden hat sich so vollgesogen, dass dies in die Beeren überging. Hätten wir uns bei der Lese mehr Zeit gelassen, wären alle Trauben geplatzt und verfault." Deshalb war ein tägliches Spekulieren in Hinblick auf die Weinlese angesagt, die aktuellsten Wetterprognosen bestimmten den Start, so Rippstein: "Wenn es den Wetterbericht nicht kostenlos gäbe, ich würde sogar 1000 Euro dafür bezahlen." Sein Freund und Nachbar Rudi Ruß entschied sich bei der Rebsorte Domina gar nach Begutachtung früher als geplant zu ernten, sonst wäre es "wegen des schnellen Fäulnisprozess zu spät gewesen. Es gibt ganz viele Möglichkeiten, wie wir Einfluss nehmen können. Die Natur aber ist der Herr."
Vereinte Kraft Im Abt-Degen-Weintal gibt es 100 Winzer-Familien, die zusammen rund 100 Hektar Rebfläche bewirtschaften. Rund 60 davon sind Mitglieder, darunter auch Gastronomen, im gleichnamigen Verband, der sich um die Organisation und die Vermarktung kümmert, also darum, eine ganze Region und nicht nur eine Ortschaft zu vereinen.
Landwirt und Winzer Christian Zehender aus Gleisenau hat sich mit Mathias Rippstein und dem Weingut Bernhard Rippstein für 9000 Euro eine Entlaubungsmaschine angeschafft, die jeder zwei bis drei Tage im Jahr benutzt. Somit können die Kosten für die Unterhaltung aufgeteilt werden. "Die Konkurrenz ist bei uns keinesfalls ausgeprägt wie andernorts. Jeder hat seine Kundschaft, jeder Winzer ist individuell. Daher arbeiten wir gerne zusammen", so Zehender.
Ein Bereich, der in der Gemeinschaft oder bei Zusammenkünften im Abt-Degen-Weintal auch manchmal zum Thema wird: Die technische Seite der Ernte. Während vollautomatische Geräte die Ernte erleichtern, lesen in der Region nach wie vor viele Winzer noch per Hand. Dies hat einen entscheidenden Vorteil, wie Ruß erläutert: "Gegen einen Vollernter ist nichts einzuwenden, wenn die Beeren nicht faul sind und die Weinberghänge nicht zu steil sind." So sieht das auch Rippstein, "weil nur das menschliche Auge für eine hohe Qualität aussortieren und entscheiden kann, der Vollernter kann nur reindonnern." Die Handlese ist ein hoher Aufwand, aber die intensive selektive Lese macht sich für die Weinqualität bezahlt.