Ärzte gibt es in den meisten Städten und Gemeinden im Kreis genug, erklärte MdL Steffen Vogel. Doch wie sieht es in zehn Jahren aus? Und: Trotzdem gibt es beim Notdienst an den Wochenenden schlimme Engpässe, erklärten die Zuhörer bei der CSU-Veranstaltung am Mittwoch.
"Es ist schon verrückt! Wir hatten noch nie so viele Ärzte wie jetzt in Bayern und wahrscheinlich haben wir derzeit die höchste Zahl an Hausärzten, die wir jemals hatten. Auch in unserem Landkreis haben wir keine Unterversorgung. Die Frage ist nur, wie es in zehn Jahren aussieht, wenn zahlreiche Ärzte aus Altersgründen ausscheiden." Landtagsabgeordneter Steffen Vogel hatte bei der Aschermittwochsveranstaltung der CSU-Ortsverbände Sand-Zeil mit seinem Thema einen Nerv getroffen, denn viele Besucher waren gekommen.
Zur medizinischen Versorgung im ländlichen Raum stellte der CSU-Stimmkreisabgeordnete klar, dass für den Versorgungsauftrag nicht die Politik zuständig sei, sondern die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung. Von ihr werde ein Bedarfsplan aufgestellt mit Versorgungskriterien.
Aufgeteilt in hausärztliche Planungsbereiche Für die Niederlassung von Hausärzten sei der Landkreis Haßberge erst Mitte 2013 in die zwei hausärztlichen Planungsbereiche Haßfurt und Ebern aufgeteilt worden, was er als Vorteil für die entlegenen Räume ansehe. Unter einem Versorgungsgrad von 75 Prozent spreche man von einer "Unterversorgung", zwischen 75 und 100 Projekt von einer drohenden Unterversorgung und höher als 100 Prozent von einer Überversorgung.
Für den Landkreis Haßberge sehe es so aus, dass der hausärztliche Planungsbereich Ebern mit einem Versorgungsgrad von 127,4 Prozent für die Niederlassung von Hausärzten gesperrt ist und oberhalb der Sperrgrenze von 110 Prozent sogar rein rechnerisch noch 2,9 Ärzte tätig seien.
Im hausärztlichen Planungsbereich Haßfurt bestehe dagegen ein Versorgungsgrad von
95,2 Prozent - das bedeutet drohende Unterversorgung. Zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung habe die Kassenärztliche Vereinigung daher auch ein Förderprogramm aufgestellt und zahlreiche Förderungen gewährt. Im Zuge dieser Förderungen konnten nun weitere Hausärzte für den Planungsbereich gewonnen und Zulassungen und Anstellungen im Umfang von insgesamt 2,75 Stellen genehmigt werden.
Alles bestens? Der aktuell errechnete Versorgungsgrad betrage somit 103,6 Prozent. Trotzdem seien aber noch 2,25 Stellen frei, bis die Sperrgrenze und ein Versorgungsgrad von über 110% erreicht seien. Insgesamt sind damit im Landkreis Haßberge 52,25 zugelassene Hausärzte tätig.
Bei den Fachärzten sind es 58 Mediziner.
Niederlassungsmöglichkeiten bestünden nur für Augenärzte (0,5 Stellen), Hautärzte 1,5 Stellen) sowie Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und ärztliche Psychotherapeuten (je eine Stelle). Für alle anderen Fachärzte habe der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Landkreis Haßberge Niederlassungssperren wegen Überversorgung angeordnet.
Derzeit könnten noch 2,25 Stellen im Bereich Haßfurt vergeben werden und damit könnte sich sofort ein weiterer Hausarzt in Zeil niederlassen, erfuhren die Zuhörer. Wie ist die flächendeckende Versorgung im ländlichen Raum für die Zukunft gewährleistet? Steffen Vogel ging auf das Förderprogramm der Staatsregierung ein, das auf drei Säulen beruht: Stipendien für Medizinstudierende, die sich verpflichten, ihre Weiterbildung im ländlichen Raum zu absolvieren und im Anschluss
weitere fünf Jahre hier zu prakizieren; innovative medizinische Versorgungskonzepte und Niederlassungen und Filialbildungen von Ärzten. Diese Förderung, die bisher nur für Hausärzte galt, habe man nun auf familiennahe Arztgruppen wie Kinderärzte, Frauenärzte, Kinder- und Jugendpsychiater ausgedehnt.
Vogel, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und Pflege, erklärte das Problem der Niederlassung im ländlichen Raum tiefergehend. So seien von den 35 Hausärzten im Bereich Haßfurt 24 Männer und elf Frauen. 16 von ihnen seien aber schon 60 Jahre und älter und würden in den nächsten Jahren ausscheiden. Unter den Medizinstudenten gibt es bis zu 70 Prozent Frauen - mit einem speziellen Anliegen. Ärztinnen wünschen nicht so sehr die Freiberuflichkeit, als vielmehr geregelte Arbeitszeit. "Den alten Hausarzt wie es Dr.
Roman in Sand war und der rund um die Uhr Dienst machte, gibt es einfach nicht mehr", fasst es Gerhard Zösch zusammen.
Mangel an Medizinstudenten Sollte das Medizinstudium von der Abiturnote abhängig sein? Dr. Anton Aumüller, Hausarzt in Zeil, fand: "Wir haben keinen Mangel an Medizinstudenten. Die Frage ist nur, wie wir es erreichen, wieder mehr Mediziner auf das Land zu bringen. Ein Grund ist natürlich auch die Tatsache, dass wir inzwischen viele weibliche Ärztinnen haben und die wollen oft halbtags arbeiten." Für ihn ist der Negativtrend aber auch ein Verschulden der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen.
Krankenhausarzt Konrad Pfister prangerte Abrechnungssysteme an; da würden Maßnahmen belohnt würden, die besonders lukrativ seien.
Rudi Ruß schilderte, wie es ihm am Wochenende mit einem Zeckenbiss ergangen war, ein anderer berichtete von zwei fieberkranken Kindern. Die ärztliche Bereitschaft habe ihm geantwortet, Kinder unter 16 Jahren nicht zu behandeln. Da im Landkreis Haßberge keine Kinderarztpraxis übers Wochenende Dienst hat, musste er schließlich in die Kinderklinik nach Bamberg fahren. Eine gute Versorgung sei dies nicht.
MdL Vogel gab zu bedenken, dass derzeit viele Anreize ins System gebracht würden, um Ärzte für den ländlichen Raum zu finden. Auch die Kommunen müssten mithelfen.