Drei Generationen erfüllen bei Sauerschells die Oberschwappacher Firmenräume mit Leben. Senior Ernst beherrscht die Kunst des Polsterns von der Pike auf.
Herbert Sauerschell rattert es nur so herunter: Die alten Grundhandwerke, das waren Polsterer (Möbel) und Sattler (Pferdegeschirr). Entwickelt haben sich daraus Raumausstatter, Autosattler, Däschner (Lederwaren) sowie Sportsattler (Sportgerät), Plansattler (Lastwagen), Reitsportsattler und der Säckler. "Das wissen Sie nicht, oder was der macht?", fragt Sauerschell und grinst. Nee, was? Die Lederhosen. Ahso.
Selbst das hat Opa Ernst schon gemacht. Der 77-Jährige steht in der Werkhalle in
Oberschwappach und schwingt den Druckluft-Tacker.
Bis heute widmet er sich dem Beruf, den er als 13-Jähriger lernte. In der Brückenstraße in Haßfurt. Mit dem Fahrrad ist er von Oberschwappach hingefahren in den 1950er Jahren, im Winter hat ihn die Mutter vorne mit Zeitungspapier ausgepolstert, damit er nicht fror. Das waren Zeiten.
Altes Wissen
Ernst Sauerschell machte zwar nie den Meister, das übernahmen Sohn Herbert (51), der bei einem Kutschenbauer lernte, und Junior André Sauerschell (26). Als 23-Jähriger schloss der mit besten Noten ab.
Doch das alte Wissen, das ist Ernst Sauerschell in Fleisch und Blut übergegangen, abertausende Stunden widmete er sich dem Handwerk. Als Autosattler hat er zig VW Käfer bearbeitet, heute richtet er alte Sofas und Sessel her. "Wenn man die aufmacht, sieht man gleich, ob da ein Murkser dran war oder einer, der was gekonnt hat." Alleine wie die Nägel, Knoten und Federn sitzen.
Ernst Sauerschell beherrscht die Kunst, eine Federkernpolsterung aufzubauen: Da werden die schweren Gurtbänder gezogen; sie tragen die Stahlfedern, mit ersten Stichen fixiert; darüber legt sich die französische Schnürung, die die Federn hält, Leinwand, "Afrik" ("Palmfasern, "früher hat man auch Seegras genommen") und wieder Leinwand; alles miteinander sorgfältig über Lasierstich und viele weitere Stiche von oben nach unten und zurück fixiert, bevor die Metallkante mit vielen Haltestichen aufgebaut wird und endlich mit Rosshaar, Watte und Nessel das Ende naht.
Immer wieder wird gerichtet, damit sich das Polster makellos wölbt - und beim Sitzen dann die Wirbelsäule glücklich ist.
Zwischen dem Kundenwunsch "Ich will's g'scheit haben" und "Was soll's kosten?" bewegt sich die Arbeit. Sauerschells arbeiten für jeden Geldbeutel. Immer gewärtig ist das alte Wissen um "Bohne" und "Schlinge", um "Gurt-" und "Blaustift". Sogar selbstgeschmiedete Nägel hat Opa Ernst schon an guten alten Stücken entdeckt.
Enkel André nimmt ihn manchmal mit: Schließlich kommt es beim Polstern auch auf den Schnitt und den Plan für den meist sehr teuren Bezugsstoff an. Da muss man fast ein Schneider sein. "Mein Großvater war Schneider", grinst Ernst Sauerschell, und der bescheinigte ihm, dass er das auch kann. Was ihm bis heute hilft, wenn seine - für die alte Polstererkunst höchst begabte - Schwiegertochter Monika mal kleidungstechnisch keine Zeit hat: "Dann näh' ich mir den Reißverschluss selbst in die Hose."