Das Amtsgericht Haßfurt verhandelte über die Attacke eines 27-Jährigen gegen seine Ex-Freundin.
Der Tatzeitpunkt liegt mit mehr als zweieinhalb Jahren weit zurück. Rechtsanwalt Maximilian Glabasnia beantragte deshalb gleich zu Beginn des Prozesses eine Einstellung des Verfahrens. Da die Staatsanwaltschaft damit aber nicht einverstanden war, musste das Strafgericht am Haßfurter Amtsgericht das Tatgeschehen aufrollen. Weil ein behinderter und vermindert schuldfähiger Mann (27 Jahre) seine damalige, ebenfalls psychisch beeinträchtigte Ex-Freundin mit einem Messer bedroht und derb an Oberarm und Nacken gepackt hatte, wurde er zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt. Im Rahmen eines Vergleiches muss er außerdem ein Schmerzensgeld an die Geschädigte in gleicher Höhe zahlen.
Der Vorfall ereignete sich Anfang Mai 2018 in den Abendstunden in einem Wohnheim für psychisch Behinderte im Landkreis. Der Angeklagte war damals schon lange mit einer anderen Bewohnerin des Heimes befreundet. Zu dem Streit zwischen den beiden Personen kam es, weil die Ex-Freundin das Zimmer des Beschuldigten putzen sollte. Ob sie keine Lust dazu hatte oder was den Mann seinerzeit auf die Palme brachte, konnte nicht mehr ermittelt werden. Jedenfalls, sagte seine "Ex" im Zeugenstand, sei er ausfällig und aggressiv geworden und habe ihr Schimpfworte an den Kopf geworfen.
Möglicherweise durch den - im Wohnheim verbotenen - Konsum eines Bieres geriet er weiter in Rage. Er öffnete die Schublade seines Schranks, holte ein Messer heraus und zeigte damit aus kurzer Entfernung drohend auf die Frau. Dabei schrie er aufgebracht: "Wenn du nicht rausgehst, stech ich dich ab!" Die eingeschüchterte junge Frau ging daraufhin in den Tagesraum, wo eine Betreuerin gerade dabei war, Wäsche zusammenzulegen.
Diese Betreuerin wurde ebenfalls als Zeugin vernommen. Sie schilderte, dass damals der Angeklagte eine Weile aus seinem offenen Zimmer heraus vor sich hingestänkert habe. Dann sei er zu den beiden Frauen gekommen und als ihn die Betreuerin habe beruhigen und zur Vernunft bringen wollen, sei er wieder ausfällig geworden und habe seiner Ex-Freundin gedroht: "Du blöde Kuh, ich schlag dir gleich in die Fresse."
Obwohl sich die Betreuerin schützend vor die Heimbewohnerin stellte, gelang es dem Wütenden, sie am Oberarm und am Nacken zu packen und auf die Tischkante zu knallen. Davon trug die Traktierte zwei blaue Flecken davon. Außerdem, sagte sie beim Gericht, habe sie in der Folgezeit große Angst gehabt und unter Schlafstörungen gelitten.
Als Sachverständiger erläuterte ein Universitätsprofessor aus dem Saarland das von ihm erstellte Gutachten bezüglich der Schuldfähigkeit des Angeklagten. Seinen Ausführungen konnte man entnehmen, dass der Mann in vielen Bereichen psychische Defizite aufweist. Daneben attestierte der Gutachter dem Angeklagten ein gestörtes Sozialverhalten, eine geringe Frustrationstoleranz, eine Neigung zu Überreaktionen sowie eine verminderte Kontroll- und Steuerfähigkeit insbesondere in Konfliktsituationen.
Wäre der Mann laut dem Gutachten schuldunfähig, könnte er nicht bestraft werden, weil ein wichtiger Grundsatz des deutschen Strafrechts "nulla poena sine culpa" lautet, zu Deutsch: keine Strafe ohne Schuld. Das bedeutet, dass nur derjenige, der das Unrecht seines Handelns erkennt, dafür auch bestraft werden kann. Aber der Professor attestierte ihm lediglich eine verminderte Schuldfähigkeit. Das wiederum hat zur Folge, dass die Strafe lediglich gemildert werden kann.
Im vorliegenden Fall ging es neben der strafrechtlichen Aufarbeitung auch darum, dass die Ex-Freundin, die durch den Rechtsanwalt Horst Soutschek als Nebenkläger vertreten wurde, ein Schmerzensgeld wollte. Der Verteidiger des Angeklagten einigte sich mit der Geschädigten darauf, dass sie 300 Euro Schmerzensgeld erhält. Denselben Betrag muss der 27-Jährige als Geldstrafe für die Nötigung und Körperverletzung bezahlen. Der Verurteilte zeigte sich mit dem Strafmaß einverstanden und man kann davon ausgehen, dass auch die Staatsanwaltschaft nicht in Berufung geht. Damit wäre das Urteil rechtskräftig.