Die demografische Entwicklung spielte beim politischen Aschermittwoch der SPD eine große Rolle. Innerparteiliche Probleme wollte man zumindest nicht allein an Martin Schulz festmachen - wenngleich Fehler eingeräumt wurden.
Der Zustand der SPD - acht Monate vor der Landtagswahl in Bayern beherrschte dieses Thema den Politischen Aschermittwoch auch im Landkreis Lichtenfels. "Es ist falsch, Martin Schulz jetzt als allein Verantwortlichen in die Ecke zu stellen", sagte Ralf Pohl, SPD-Kandidat für die Landtagswahl im Stimmkreis Kronach/Lichtenfels. "Klar hat er Fehler gemacht, aber nicht nur er."
Als einen der größten Fehler nannte Pohl die Aussage von Martin Schulz, er werde kein Amt unter Merkel annehmen. "Dann soll er es auch nicht machen." Es sei schwierig, mit der Union eine sozial-gerechte Politik zu machen. "Wenn Vermögende ihre Steuerschlupflöcher haben, ist es verständlich dass viele Bürger den Glauben verloren haben, dass es in Deutschland gerecht zu geht."
Im weiteren Verlauf seiner Rede ging Pohl auf ein regionales Thema ein, das von der politischen Konkurrenz "immer noch nicht ernst genug" genommen werde: die demografische Entwicklung in weiten Teilen Oberfrankens. Nach einer aktuellen Schätzung des statistischen Landesamtes soll die Bevölkerung im Landkreis Kronach bis 2035 von aktuell 68 000 auf rund 59 000 sinken, im Landkreis Lichtenfels von rund 66 600 auf 62 000. Gleichzeitig werde ein Bevölkerungswachstum in Bayern von 5,4 Prozent prognostiziert. "Die Ballungszentren platzen aus allen Nähten", sagte er: So soll die Region München bis 2035 noch einmal um 13,7 Prozent wachsen. "Wo sollen die denn hin", wetterte Pohl.
Weiteren Handlungsbedarf für die oberfränkische Region sieht der 53-Jährige in einer guten Infrastruktur, eine besseren Anbindung für Schiene und Verkehr und der Sicherung der Mobilität im Alter. In diesem Zusammenhang sprach er auch die mangelnde Barrierefreiheit an Bahnhöfen an. "Es darf nicht sein, dass man wie am Kronacher Bahnhof die Fahrkarte barrierefrei kaufen kann, aber nicht in den Zug rein kommt."
"Niemand Einhalt geboten"
"Beteiligt euch an der Abstimmung", rief Susann Biedefeld den Genossen der Ortsverbände zu. Die langjährige SPD-Landtagsabgeordnete strebt ein Bezirkstagsmandat an. Fassungslos, traurig und wütend sei sie über Martin Schulz: "Warum hat ihm denn nicht jemand Einhalt geboten?" Sie erinnert daran, das es in der langen Geschichte der Partei viele Genossinnen und Genossen gegeben habe, die ihr Leben für die SPD gegeben hätten. Der Koalitionsvertrag trage eine sozialdemokratische Handschrift. Man wolle darüber diskutieren und ihn nicht nur abnicken. Ihren Zuhörern riet Biedefeld, die Veranstaltungen der Ortsvereine zu nutzen und sich zu informieren. Egal, wie die Abstimmung ausgehe: "Es geht nicht nur um dieses Land, sondern auch um die SPD."
"Gemeinsam neue Wege gehen" ist das Motto von Sebastian Müller, der als Zweitstimmenkandidat für den Landtag ins Rennen geht. Der Vorsitzende des SPD-Kreisverbands Lichtenfels möchte den Menschen in Oberfranken eine Stimme geben. Für eine Politik, bei der die Sache im Mittelpunkt steht. Dazu zählte Müller den Aufbau von Familienzentren in der Stadt, die Hilfsangebote bündelten, sowie eine Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung vom Entwicklungsland zum Leuchtturmprojekt.
Als weiteren wichtigen Bereich nannte Müller die Digitalisierung mit Glasfaser in jeden Haus. "Schnelles Internet, das ist die B173 der heutigen Zeit. Beides müssen wir schnellstmöglich umsetzen."
Auch Sonja Berger, seit Herbst letzten Jahres neue SPD-Ortsvereinsvorsitzende in
Burgkunstadt, bezeichnete die aktuelle Situation als schwierig. Sie erinnerte daran, dass der Mitgliederentscheid eine große Auswirkung habe, sowohl für die Bürger als auch für die Partei.
Der Saal "München" von Regens Wagner, in dem der SPD-Kreisverband und der SPD-Ortsverein Burgkunstadt zu ihrer Traditionsveranstaltung geladen hatten, war gut gefüllt und die Stimmung im Publikum gut. Dafür sorgte nicht zuletzt Bernhard Willsch am Akkordeon, ein "Urgestein", das schon seit Jahrzehnten den politischen Aschermittwoch begleitet.