Grünburg, Grünberg oder Grünbürg - über den Namen des Stadtsteinacher Hausbergs streiten die Gelehrten.
Siegfried Sesselmann
Wenn man sich mit der Geschichte von
Stadtsteinach beschäftigt, stößt man immer wieder auf ganz verschiedene Bezeichnungen eines Berges, der sich nördlich des Ortes 520 Meter hoch erhebt und wie eine Wand mit weiteren Bergkuppen den Beginn des Frankenwaldes bildet. Dass vor Jahrhunderten Uneinigkeit über den Namen herrschte ist verständlich, dass sich aber das Wirrwarr bis heute hält, bedarf einer näheren Betrachtung.
Auf einer amtlichen Karte findet man die Bezeichnung "Grüne Burg mit Ringwall". In einem Lexikon des Königreiches Bayern aus dem Jahre 1832 hieß es: "Der Grünberg mit doppeltem, kreisrundem Walle und Graben, wahrscheinlich eine Feste der alten Teutschen gegen die Römer." Diese Version liest man noch 1923 und leitet davon fälschlicherweise den Namen "Römersreuth" ab.
Heute weiß man mit Sicherheit, dass die Römer nicht bis in unser Gebiet vorgedrungen sind.
Auf einer Wanderkarte der Stadt wird der Berg mit Ringwall als "Grünberg" bezeichnet. Andere Vorstellungen liegen wahrscheinlich zugrunde, wenn man von Grünburg spricht. So wird im Wanderführer "Godeweg" beschrieben: "Die dreistufige Wallanlage wurde im 9. Jahrhundert mit unbefestigten Steinwällen angelegt, die mit der Zeit abgerutscht sind."
Auf einer Internetseite aus Goldkronach liest man wieder eine andere Version: "Keltische Ringwallburgen, die Hauptzeugen dieser Epoche, sind in größerer Entfernung von hier zu suchen, zum Beispiel die Grünburg bei Stadtsteinach." Auch bei den bayerischen Staatsforsten, in deren Besitz dieser Berg ist, findet man die Bezeichnung "Die frühmittelalterliche Ringwallanlage Grünburg".
Um die Verwirrung noch zu steigern, kommt noch die Bezeichnung "Grünbürg" oder "Grüne
Bürg" (Wikipedia) in die Diskussion. Die drei Ringwälle sind heute noch sichtbar, doch haben sich bislang keine Spuren einer Bebauung gefunden. Forscher sind mittlerweile der Meinung, dass es sich um keine mittelalterliche Turmhügelburg handelt, man datiert die Befestigung in die Zeit des 8. bis 10. Jahrhunderts. Also keine Kelten, Germanen und Römer.
Auf alle Fälle beschäftigte dieser Berg viele Forscher. Der Stadtchronist von Stadtsteinach, Simon Köstner, widmete sich 1897 ausführlich der Grünburg, wie er den Berg nannte.
Köstner vermutete die Ringwaldanlage in die Zeit der Völkerwanderung, grob von Christi Geburt bis zum Jahre 500. Funktion war nach seiner Meinung eine Fliehburg, wenn germanische Stämme, oft feindselig gesinnt, oder auch Slawen aus Böhmen kommend das Gebiet streiften.
Aber auch dies ist aus heutiger Sicht nicht bewiesen.
Keine Merkmale einer Burg
Bürg und Burg haben den gleichen Ursprung, sie sind beide von "bergen" abgeleitet, aber doch verbindet man mit dem Wort "Bürg" einen anderen Sinn als mit "Burg". Was unter einer Burg zu verstehen ist, kann man unweit von Stadtsteinach sehen. Die Burg Nordeck, die schönste Ruine des Frankenwaldes, die vor fast 500 Jahren zerstört wurde, zeigt noch immer die Merkmale einer Burg: starke Steinmauern und einen festen Turm.
Unter "Bürg" dagegen versteht man eine Befestigung, die nur Graben und Wall besaß und lediglich feste Holzzäune hatte. In unserer Umgebung kommt der Name "Bürg" noch bei der am Rande der Fränkischen Alb stehenden Neubürg vor. Bekannt ist auch die Ehrenbürg bei Forchheim.
In christlicher Zeit errichtete man auf dem Berg eine kleine Kapelle zu Ehren der heiligen Walburga - der Name "Walberla" war geboren.
Grün steht für Gering
Weil der Berg bei Stadtsteinach einen stellenweise dreifachen Ringwall besitzt, muss er logischerweise als "Grünbürg" bezeichnet werden. Das Beiwort "grün" weist aber nicht auf seine Farbe hin, denn alle Frankenwaldberge sind grün. Der Heimatforscher Hans Edelmann interpretierte das Wort "grün" als sprachliche Abwandlung des Wortes "Gering". Somit muss sich die Bezeichnung von "Geringbürg" zu "Grünbürg" mit der Zeit verändert haben. Wann der Name Grünbürg zum ersten Mal erschien, ist nicht mehr nachvollziehbar, jedoch bereits im Stadtbuch von 1550.
Mehrmals wurden Versuche unternommen, dem Geheimnis seiner Entstehung auf die Schliche zu kommen.
Im Jahre 1884 waren namhafte Experten in Stadtsteinach, 1939 wurden unter Leitung von Max Hundt aus Kulmbach Untersuchungen angestellt. Im Jahre 1955 erschien ein Werk über Bodendenkmäler von Dr. Schwarz, der auch in Stadtsteinach forschte.
Nach dem momentanen Stand der Erforschung schätzt der Mittelalterarchäologe Kai Thomas Platz von der Universität Bonn die Nutzungszeit der Anlage auf der Grünbürg auf das 10. Jahrhundert. Auch er ist der Meinung, dass Funde mehr Licht in diesen geschichtsträchtigen Berg bringen könnten. In seinen Veröffentlichungen spricht auch er von der "Grünbürg" und so sollten wir auch weiterhin verfahren.
Wenn schon die Forscher seit eh und je uneinig über das Alter der Anlage sind, so sollte zumindest der Name "Grünbürg" in allen Karten und Beschreibungen gleich sein. Eine Wanderung zu den 366 Meter langen Wallanlagen lohnt sich auf alle Fälle.