Wenigstens wieder proben!

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Lange waren Musiker durch Corona ausgebremst. Konzerte bleiben jedoch weiterhin abgesagt. Das ist da besonders hart, wo Jubiläen anstehen, etwa beim Musikverein Stadt Hallstadt.

anette schreiber Es hätte ein so schönes und ereignisreiches Jahr werden können für den Musikverein Stadt Hallstadt. Diesen gibt es nun schon seit vier Jahrzehnten und deswegen waren einige besondere Veranstaltungen geplant, darunter das Frühlings- als Jubiläumskonzert im März. Die Programme waren gedruckt, dessen Bestandteile bestens geprobt. Dann, gleich nach dem Kommunalwahl-Wochenende der Corona-Lockdown und damit natürlich auch kein Konzert.

"Die 700 Programme sind eingestampft", sagt Vereinsvorsitzender Thomas Müller. Mit rund 500 Mitgliedern zählt der Hallstadter Verein nicht nur zu den größten derartigen Zusammenschlüssen. Er gehört zudem im musikalischen Bereich wohl zu den Besten: "Wir spielen im Amateurbereich auf Höchstniveau", stellt Müller dazu fest.

Das kommt nicht von ungefähr, sondern ist Resultat intensiver Förderung und Ausbildung. Damit Eltern monatlich nicht mehr als 30 Euro für den wöchentlichen Einzelunterricht und die Orchesterproben ihrer Sprösslinge berappen müssen, finanziert der Verein dies alles quer, wie Müller erläutert. Das heißt, bei Veranstaltungen wie eben dem Frühlingskonzert erwirtschaftete Einnahmen decken den Großteil der Kosten, die nicht durch Beiträge gedeckt sind.

Zwischen acht und 15 Euro kostet jede der halbstündigen Unterrichtseinheiten den Verein. Bei rund 60 Wochenstunden kommt da schon einiges zusammen.

Zum Glück müssen nur fünf der 20 im Verein tätigen Ausbilder ihren Lebensunterhalt aus dem Unterricht bestreiten, so Müller auf Nachfrage. Denn mit dem Lockdown ging musikalisch auch in Hallstadt erst einmal gar nichts mehr. In einigen Fällen konnte Unterricht über Home-Schooling erteilt werden. "Aber das ist nicht das Gleiche und auch nicht für jeden das Richtige." So war in Hallstadt wie auch in den anderen Musikvereinen im Landkreis Bamberg musikalisch erst einmal Sendepause.

Mit Hygienekonzept

Nicht nur das. Auch die vielen anderen Vereins-Veranstaltungen fielen der Pandemie zum Opfer. Erst kurz vor Pfingsten konnte nach diversen Lockerungen der Probenbetrieb, der beim Musikverein im Bürgerhaus (Orchester) und Schule (Einzelunterricht) stattfindet, langsam und auf Basis des eigens erarbeiteten Hygienekonzepts wieder aufgenommen werden. Dazu gehört etwa, dass jeder seinen eigenen Notenständer mitbringt, der Dirigent nach jeder Gruppe gründlich desinfiziert, nach 20 Minuten gelüftet werden muss und das Kondenswasser der Blasinstrumente ins eigene Spuktuch zu geben ist. Und setzen dürfen sich die Musiker nur an die markierten Plätze.

Beim Probenbesuch der "Blasbälger" zeigt sich, dass sie die Vorgaben verinnerlicht haben. Froh sind die 14 Blasbälger im Grundschulalter darüber, überhaupt wieder proben zu können. "Zusammen zu spielen ist besser", steht für die zehnjährige Elvina fest. Man treffe Freunde und es mache mehr Spaß. Der ein Jahr ältere Marc nickt zustimmend. Alleine wisse man nicht so, "wie der Takt geht". Dem zwölfjährigen Lukas am Waldhorn "hat einfach was gefehlt." Dirigent Petr Horejsi vernimmt es zufrieden, während er unter seiner Maske schwer atmet. Weil er mehrere Orchester leitet, tut er das für den Schutz seiner Schützlinge. "Wenn das der Preis dafür ist, wieder proben zu dürfen, gerne."

Freilich ist bei einem Abstand von anfangs drei und nun zwei Metern zwischen den Musikern der Raum im Bürgerhaus für die größeren Orchester (ab 20 Musikern) zu klein. So ist die Stadtkapelle ins Freie ausgewichen. In den Pfarrgarten, oder auch mal vors Seniorenzentrum. "Da haben wir anderen auch eine Freude gemacht", steht für den Vorsitzenden fest. "Richtige Proben sind das aber nicht." Man könne einander nicht richtig hören, der Klang verschwindet, wird verfälscht. Aber besser als keine Probe, findet auch Müller. Am Freitag probt die Stadtkapelle von 19 bis 21 Uhr auf dem Marktplatz, letztmals vor den Ferien. Und für Nachwuchs konnte man diesmal in den Schulen nicht werben. Ein weiteres Problem. Jetzt geht es nur über die Homepage und direkte Anfragen, sagt er.

Enorme Einbußen

Die Situation macht auch Angelika Becher, Kreisvorsitzende des Nordbayerischen Musikbundes (NBMB) zu schaffen. Nicht nur Hallstadt hätte heuer ein großes Jubiläum zu feiern, auch Bischberg, Oberhaid und Trunstadt, weiß sie. "Zum Glück hatte keiner davon ein Kreismusikfest geplant", sagt sie. Denn dann wäre man an den hohen Kosten für Festzelt und Gastorchester hängen geblieben, ohne irgendwelche Einnahmen zu haben. Freilich büßen gerade die kleinen Vereine enorm ein. Sie erwirtschaften Geld für Noten und ähnliches bei kleineren Feiern und Kirchweihen. Und da fällt corona-bedingt ja alles aus. Beim NBMB und beim Musikrat könne man Anträge stellen und Kosten geltend machen, sagt sie. Im Kreis Bamberg zählt der NBMB rund 3500 Musiker, einsame Spitze in Oberfranken. Da nun keine Auftritte mehr anfallen, fehle für viele die Motivation: "Für was sollen sie proben?" Angelika Becher hofft, dass es im Herbst "zumindest im kleinen Rahmen weitergeht."

Das tut auch Thomas Müller. Die Jubiläumsveranstaltungen verschiebe man auf 2021.