Sind manche Schlussfolgerungen so unterirdisch, wie es der Gegenstand einer Betrachtung war? Im Falle der Jungfern- und Geudensteinhöhle mochte solche Formu...
Sind manche Schlussfolgerungen so unterirdisch, wie es der Gegenstand einer Betrachtung war? Im Falle der Jungfern- und Geudensteinhöhle mochte solche Formulierung in den Besuchern aufsteigen, die kürzlich dem Vortrag des Bambergers Wolfgang Hoßfeld beiwohnten. Der Mann zeigte in einem CHW-Vortrag auf, dass man vielleicht nicht alles glauben sollte, was so auf Anschlagtafeln geschrieben steht.
Mit der Wahl des Referenten hatte Gerhard Schmidt, Bezirksleiter des Geschichtsvereins CHW (Colloqium Historicum Wirsbergense), ein besonders gutes Händchen für den Veranstaltungsort ehemalige Synagoge bewiesen. Ein Norddeutscher in Bamberg, ein Augenoptikermeister und Hörgeräteakustiker, jemand, der ein BWL-Studium hinter sich brachte und sich - im Berufsleben stehend - noch den Traum eines Archäologiestudiums erfüllte. Mit der umwerfenden Begründung, dass die Leidenschaft zur Archäologie Leidenschaft bleibt, eben weil sie nicht im beruflichen Muss endete.
Doch wovon Hoßfeld berichtete, war unter anderem die Veränderung einer Annahme, die sich im Laufe der Zeit zur Jungfernhöhle bei Tiefenellern ergab. Dort nämlich wurden Anfang der 50er Jahre Skelettteile von 41 Individuen zutage gefördert, die wohl 7000 Jahre alt sein mochten.
Schneidezähne fehlen
Was folgte, war eine Interpretation des Ausgräbers Otto Kunkel und einer Anthropologin namens Asmus. Die zerbrochenen Langknochen und das Fehlen von Schneidezähnen ließen sie den Schluss ziehen, diese Höhle sei Ort gezielter Menschenopfer oder sogar kannibalistischer Handlungen gewesen. Besonders das Fehlen von Schneidezähnen sollte Kunkels Annahme stützen. Diese Annahme landete dann auch auf einem Schild und unter dieses die Unterschrift des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege.
Doch da man auch Keramiken fand, ließ dies die Frage zu, ob die Jungfernhöhle neben Opfer- und Kultplatz nicht ebenso gut auch Wohn- und Bestattungsplatz gewesen sein mochte. Erste Zweifel an der Theorie von der Opfer- und Kultstätte kamen 1990 auf, so Hoßfeld, der selbst schon in der Höhle grub.
Wie sich herausstellte, fehlten Spuren anthropologischer Einwirkungen auf die gefundenen Knochen. Keine Schnittspuren - keine absichtlich herbeigeführten Verletzungen, so die Folgerung.
Zudem sollte intensives Graben erweisen, dass eben doch Zähne zu finden waren, kleinere Knochen (Hand-, Fuß- oder Wirbelknochen) jedoch nicht. Eine neue Vorstellung war geboren: Der Ort mochte eventuell auch ein Sekundärbestattungsort gewesen sein, ein Platz also, der umgebetteten Leichen vorbehalten blieb.
Kein Happy End
Am Ende, das gab Hoßfeld amüsiert zu, kann die Frage nach dem Zweck der Höhle nicht mit der Bestimmtheit beantwortet werden, mit der sie seit vielen Jahren auf dem Schild vor der Jungfernhöhle zu lesen steht. Auch wenn es in diesem Vortrag so etwas wie ein Happy End durch letztlich geführten Beweis nicht gab, so hatte das Referat seinen Vorzug darin, zu erkennen, wie die Zeit und weitere Grabungen neue Ansichten gebären können. Ganz abgesehen davon, dass den rund 25 Besuchern viel Wissenswertes zu Fragen rund um Gesteinsformationen oder archäologischer Methodik geboten wurde.