"Vor lauter Ergriffenheit nicht applaudiert"

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Kurz vor der Premiere des Stücks "Die Nacht in Flossenbürg" haben wir uns mit dem Hauptdarsteller Nicolas Peter und Regisseur Jürgen Peter unterhalten. Das Stück ist sicherlich keine leichte Kost ... ...

Kurz vor der Premiere des Stücks "Die Nacht in Flossenbürg" haben wir uns mit dem Hauptdarsteller Nicolas Peter und Regisseur Jürgen Peter unterhalten. Das Stück ist sicherlich keine leichte Kost ... Jürgen Peter: Dietrich Bonhoeffer ist am 9. April 1945, also vier Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Flossenbürg hingerichtet worden. Das Stück befasst sich mit seiner letzten Nacht. Es kommt zu einem Gespräch zwischen Bonhoeffer und dem Wachmann der Nazis, und dann gibt es noch Rückblenden mit der Mutter von Dietrich Bonhoeffer. Nicolas Peter: Es ist eine völlig fiktive Geschichte, denn aus Bonhoeffers Todesnacht selbst ist nichts überliefert. Auch seine Mutter weiß nicht, ob er bewacht wurde oder alleine war. Sie liest immer wieder aus den Briefen und Gedichten ihres Sohnes vor. Und diese Szenen werden mit fiktiven und überlieferten Elemente verknüpft. Was hat euch dazu bewogen, dieses wahnsinnig ernste Stück zu spielen? Nicolas Peter: Wir haben 2005 im Tik den "Fall Luther" gespielt. Karlheinz Komm, der mittlerweile leider verstorben ist, war mit zwei Freunden bei unserer Premiere und anschließend noch auf der Premierenfeier. Der eine Begleiter hatte schon mal den Dietrich Bonhoeffer gespielt und mir von dieser Geschichte erzählt. Ich war damals 13, das muss ich dazusagen. Er hat berichtet, dass es bei einer Vorstellung vorgekommen ist, dass das Publikum in der Kirche nicht applaudierte, weil es so ergriffen gewesen sei. Und dann sei der Pfarrer aus der Sakristei gekommen und habe mit der Gemeinde das Vaterunser gebetet.

Das hat mich fasziniert. Es heißt ja immer, der Applaus sei das Brot des Künstlers, aber in diesem Fall könnte die Belohnung für einen Künstler nicht größer sein, als dass die Menschen vor lauter Ergriffenheit nicht mehr applaudieren können oder wollen. Und das war tatsächlich der Moment, dass ich damals als 13-Jähriger zu meinem Papa gesagt habe, dass ich den Bonhoeffer irgendwann auch mal spielen wolle. Und jetzt ist die die Zeit dazu gekommen? Nicolas Peter: Ich bin jetzt im Erwachsenenalter, aber natürlich trotzdem noch nicht so alt, wie Dietrich Bonhoefferr bei seiner Hinrichtung war. Jürgen Peter: 39 war er, als er umgebracht wurde. Nicolas Peter: Jetzt bin ich 27, also eigentlich immer noch deutlich zu jung, aber wir wollten das jetzt einfach umsetzen. Was war Bonhoeffer für ein Mensch? Nicolas Peter: Die Person ist für mich wahnsinnig spannend. Er war ein absolut überzeugter Christ, der aber letztendlich als Widerstandskämpfer auch am Stauffenberg-Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligt war. Und ja, das ist natürlich ein ganz wichtiger Gewissenskonflikt. Der SS-Mann beispielsweise fragt in dem Stück Bonhoeffer völlig zurecht, wie ein Pfarrer dafür sein, könne, dass ein Mensch umgebracht wird. Das ist ja eine völlig berechtigte Frage.

Bonhoeffer findet für sich mehr oder weniger die Lösung darin, dass er sagt: Hitler muss sterben, um viele Menschen zu retten. Das ist ja auch heutzutage wieder ein sehr wichtiges Thema. Und Gottes Strafe war für ihn ... Nicolos Peter: Naja, zunächst Mal war ja die Strafe, dass er hingerichtet wurde. Aber auf der anderen Seite ist er, glaube ich, sich auch sicher gewesen, dass Gott ihm verzeiht. Jürgen, du hast die Fassung bearbeitet? Jürgen Peter: Es musste gar nicht viel bearbeitet werden. Es ist in einer langen, langen Anzahl von Stücken, die ich bisher inszeniert habe, das erste, bei dem ich kein einziges wichtiges Wort streichen musste. Wir zeigen das Stück bis auf zwei Nebensätze so, wie es geschrieben ist, weil es einfach unwahrscheinlich dicht ist. Es ist auch ein ganz, ganz selten gespieltes Stück. Aber das öffentliche Interesse ist ganz offensichtlich. Das Gespräch führte Werner Reißaus.