Julia Stökl näht Mützen für Frühchen. Welche Geschichte dahinter steckt, hat sie dem Tageblatt erzählt.
Die einjährige Annika ist ein aufgewecktes Kind: Mit einem Lächeln im Gesicht krabbelt sie durch das Wohnzimmer und geht dabei auf Entdeckungstouren, bei denen auch die Spielzeuge der älteren Geschwister genauestens unter die Lupe genommen werden. Doch auch wenn die Kleine nun neugierig und fröhlich wirkt, ihr Start ins Leben war beschwerlich. Nach ihrer Geburt lag sie auf der Intensivstation und ihre Eltern mussten um ihre Gesundheit bangen.
"Für mich war das die schlimmste Zeit meines Lebens", erzählt Julia Stökl, Annikas Mutter. Da die Familie auf der Station so gut aufgenommen und umsorgt wurde, sei bei ihr der Wunsch entstanden, sich für die Hilfe durch diesen schweren Lebensabschnitt zu bedanken. "Kuchen oder Schokolade schien mir für den großen Verdienst nicht angemessen, Blumen dürfen auf der Station aus Hygienegründen nicht angenommen werden", erklärt Julia Stökl. Die Idee für das passende Dankeschön entwickelte sich schließlich aus einer der prägendsten Erinnerungen an Annikas Aufenthalt auf der Intensivstation: "Annika trug Ringelsöckchen in Regenbogenfarben - die waren so etwas wie ein Lichtblick in dieser düsteren, tristen Zeit." Und so beschließt Julia Stökl, mit ihrem Dankeschön an die Station, anderen Eltern ebenfalls einen Hoffnungsschimmer aus Stoff zu schenken, denn sie möchte für die Frühchen Jerseymützchen nähen.
"Neben den Strümpfchen gibt es auf der Station zwar schon gestrickte Mützchen, aber die sind für die Kleinen im Sommer zu warm", erklärt sie. Dabei sei es ganz wichtig, dass der Kopf der Frühgeborenen auch im Sommer gewärmt werde. Doch neben der medizinischen Notwendigkeit sollen die Mützen mit ihren niedlichen Mustern auch Seelentröster für die Eltern sein. Für Julia Stökl sind die Mützchen eine Herzensangelegenheit: "Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie furchtbar die Zeit gewesen ist, und da ich anderen Eltern nicht persönlich helfen kann, hoffe ich, ihnen auf diese Art und Weise irgendwie beizustehen."
Was ursprünglich als kleines Dankeschön gedacht war, weitet sich schnell zu einem größeren Projekt aus: "Ich habe Freunden und Bekannten von meiner Idee erzählt, und einige waren so begeistert, dass sie ihre Hilfe angeboten haben." Durch das Engagement von großzügigen Stoffspendern und fleißigen Nähern sind nun schon 50 Jerseymützchen entstanden (wer spenden oder nähen möchte, kann an stoekl@gmx.de mailen).
"Nach dem Schnittmuster werden die Stoffe grob zurechtgeschnitten", erklärt Julia Stökl. Die Stoffe selbst müssen mindestens 60 Zentimeter hoch und 30 Zentimeter lang sein, also eignen sich auch Verschnitte und Reste bestens für die Mützchen. "Der Stoff muss doppelt gelegt werden, bevor das Muster ausgeschnitten wird" - die schönen Seiten nach außen. "Außerdem müssen die Nähte möglichst glatt sein, damit sie nicht drücken", erklärt sie. Überstehende Fäden müssen abgeschnitten werden: "Die Frühchen auf der Station werden oft beatmet und da kann ein loser Faden in die Atemwege gelangen." Rechnet man das Zuschneiden der Stoffe mit ein, dauert es zwischen fünf und sieben Minuten, bis ein Mützchen fertig ist. "Das Nähen ist eigentlich ganz einfach, nur das Verknoten der Ecken kann bei den kleineren Mützchen etwas schwieriger werden", sagt Julia Stökl.
Wie viele Mützchen entstehen sollen, hat sie nicht festgelegt. "Ich möchte meine Helferinnen nicht unter Druck setzen - schließlich sind sie ja selbst Mütter und müssen zum Teil Kinder und Beruf unter einen Hut bringen." Mitte April soll das Projekt aber abgeschlossen sein und die Mützen übergeben werden: "Da wird es langsam wärmer und die dünneren Mützchen werden auf der Station gebraucht."