Das Theater im Gärtnerviertel Bamberg spielte in Haßfurt "Ein Picasso" von Jeffrey Hatcher. Die Luft knisterte dabei vor Emotionen. Das Stück endete in der "dunklen" Fantasie der Zuschauer.
Intimität ist die große Stärke des Theaters im Gärtnerviertel Bamberg, das in Kooperation mit der Theaterwerkstatt
Haßfurt das Stück "Ein Picasso" von Jeffrey Hatcher in Szene gesetzt hat. Doch nicht nur die intime Atmosphäre des Spielortes im Weinhaus Schaffner in Haßfurt, sondern auch und vor allem die Ausstrahlung und die Präsenz der Schauspieler Stephan Bach und Ursula Gumbsch bescherten dem Publikum einen unvergesslichen Abend.
Das Stück selbst, ein fiktives Treffen zwischen dem großen Maler Pablo Picasso (Stephan Bach) und einem Fräulein Fischer (Ursula Gumbsch) vom Reichskultusministerium in einem Pariser Lagergewölbe im Jahr 1941, hat Regisseurin Marsha Cox "drastisch gekürzt". "Es ist unter anderem mit biographischen detaillierten Informationen total überfrachtet", sagte sie und verwies darauf, dass sie vor allem die Beziehung zwischen Picasso und Fischer in den Mittelpunkt gestellt habe. "Mich interessieren die Konflikte zwischen den Personen und wie sie sie lösen", betonte sie.
So kamen die Zuschauer in den Genuss, die Auseinandersetzungen zwischen den Akteuren zu erleben, und zwar hautnah, da die Spielfläche begrenzt und damit der "Kontakt" zu den Schauspielern geradezu atemberaubend war.
Pablo Picasso, von den deutschen Besatzungstruppen für ein Verhör vorgeladen, trifft auf das attraktive Fräulein Fischer aus Berlin, das angeblich eine "größere kulturelle Zusammenarbeit" zwischen Frankreich und Deutschland während der Besatzung fördern und eine Ausstellung mit Bildern Picassos vorbereiten will. Der Maler wird gebeten, drei seiner Bilder zu zertifizieren, die vor kurzem von den Nazis von ihren jüdischen Besitzern beschlagnahmt worden waren. Nur unter Druck erklärt er, dass die drei Bilder von ihm gemalt wurden. Aber als Fräulein Fischer offenbart, dass die "Ausstellung" eigentlich eine Verbrennung der "Entarteten Kunst" ist und die Bilder zerstört werden sollen, beginnt Picasso mit Fräulein Fischer zu verhandeln, um seine Werke zu retten.
Leidenschaftlicher Kampf
In diesem, teils körperlich ausgeführten, aber auch verbal pointierten Kampf Politik gegen Kunst, Obrigkeit gegen Individuum, Leidenschaft gegen Berechnung, Mann gegen Frau zeigen die Schauspieler ihr ganzes Können. Ursula Gumbsch "thront" auf ihrem Stuhl, der oben auf dem Tisch steht, doch Stephan Bach arbeitet sich aus der scheinbaren Unterlegenheit mit Charme und Offenheit "nach oben". Beide umkreisen sich, kommen sich näher und gehen wieder auf Abstand. Die Luft knistert vor Emotionen, die die beiden freisetzen, von der Leidenschaft des Malers zu seiner Kunst, von seinem Entsetzen über das drohende Schicksal seiner Werke, von seiner Hilflosigkeit und seinem Hoffnungsschimmer und von der Machtbesessenheit des Fräulein Fischer. Bis sie zusammenbricht, ihre Liebe zu Picasso und seinen Bildern gesteht, aber auch von ihrem Hass ihm gegenüber spricht und betont, dass Kunst machtlos gegen Politik sei.
Weil sie aber zwischen ihren Gefühlen hin und her gerissen ist, sieht der Frauenheld Picasso seine Stunde gekommen und porträtiert sie in ihrem Schmerz. Es dauert nicht lange, bis sie ihm ein zweites Mal Modell sitzt und langsam Knopf für Knopf ihre Bluse öffnet. Als das Licht ausgeht, endet das Stück in der "dunklen" Fantasie der Zuschauer. Diese bedankten sich mit begeistertem Applaus für die "fantastische Inszenierung" und die "Überzeugungskraft der Schauspieler" (O-Ton: Robert Niklaus), der auch Nina Lorenz für die Produktionsdramaturgie, Aline Joers für die Kostüme und Olga Seehafer für ihre "Picasso"-Gemälde galt.