Auf dem Paradeplatz fand die bisher größte Anti-Corona-Demo in Forchheim statt. Die Polizei ist vor Ort.
Es war die 77. Mahnwache der Freiheitsbewegung Forchheim auf dem Paradeplatz , die als große "Sonder-Kundgebung" mit 250 Teilnehmern von Carola Pracht-Schäfer und ihrem Mann Rainer Pracht angemeldet war. Sonst stoßen die täglichen Mahnwachen der Gegner gegen die Corona-Verordnungen in der Forchheimer Innenstadt auf wenig Resonanz.
Weil diesmal jedoch der Ulmer Rechtsanwalt Markus Haintz, einer der führenden Köpfe der Bewegung "Querdenken 731" angekündigt war, kamen diesmal rund 200 Demonstranten. Sie wurden jedoch enttäuscht, weil Haintz, der von 2007 bis 2011 in Forchheim lebte, weil er in Erlangen studierte, aus terminlichen Gründen seine Teilnahme kurzfristig absagte.
Dafür schicken die "Querdenker" Daniel Langhans, Verkaufstrainer und Unternehmensberater aus Ulm, der auch schon auf Youtube präsent ist. Auf den Demonstrationen werden meist nur diejenigen erreicht, die ohnehin Gegner der Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind. Entsprechend groß ist die Zustimmung und der Applaus der Demonstranten für die Rede- und Liedbeiträge.
Nicht alle finden das aber gut, geschweige denn richtig. Eine davon ist Inge Haller. Sie hat eine Eigentumswohnung mit Terrasse am Paradeplatz. "Der tägliche Lärm ist inzwischen unerträglich. Ich kann nicht mehr arbeiten oder mal in Ruhe auf meiner Terrasse sitzen", beschwert sich die Anwohnerin. Lärm wird in der Tat viel gemacht - mit Trommeln, aber auch mit Tröten, die der Veldener Allgemeinmediziner Michael Lehmann mitgebracht hat und an die nicht wenigen Kinder verteilt. Lehmann, der seit drei Wochen im Ruhestand ist, spricht zur Impfpflicht. Es spricht auch die Bamberger Krankenschwester Beatrice Koza. Ihren Job, den sie sehr liebte, hat sie gekündigt, weil sie es nicht mehr ertragen konnte, den ganzen Tag im Krankenhaus eine Maske zu tragen.
Der systemkritische Forchheimer Liedermacher Ernst Tosh verbreitet dazwischen und am Schluss so was wie Weltuntergangsstimmung. "Ihr wurdet zum Schweigen gebracht und mit dem Maulkorb gequält", singt Tosh.
Fast ganz am Schluss, nach über zwei Stunden, spricht Langhans, der eigentliche "Starredner" dieser Veranstaltung. Er teilt gegen die Regierung und auch gegen die katholischen Bischöfe und Papst Franziskus aus. Immer wieder erntet Langhans Applaus, besonders dann, wenn er Corona als Fake bezeichnet oder den Weltuntergang kommen sieht.
Es müssen die Abstandsregeln eingehalten, oder, wo das nicht möglich ist, eine Mund-Nasenbedeckung getragen werden. Die Realität ist jedoch eine andere.
Es liegt in der Natur einer Kundgebung, Aufmerksamkeit zu erregen. Manche Bürger, die über den Paradeplatz laufen, gehen nur achtlos an uns vorbei, manche schauen sich aber die Plakatständer an oder nehmen sogar Infomaterial mit. Nur wenige Passanten schütteln mit dem Kopf, aber viele bleiben stehen oder hören aufmerksam zu. Ich verstehe, dass Anwohner durch unsere tägliche Stunde Kundgebung gestört werden. Würden die Politiker reagieren, mit den Demonstranten reden oder Veränderungen der Situation herbeiführen, bräuchten wir uns nicht jeden Tag auf diese Art Gehör zu verschaffen. Fakt ist, dass wir uns an die vom Ordnungsamt vorgegebene Lautstärke halten.
Dass Frau Haller sich nicht über den Straßenlärm beschwert, wundert mich allerdings. Laut dröhnende Autolautsprecher, aufheulende Quads und Pkws, die mit Tempo 50 und mehr am Paradeplatz vorbeirauschen sind die Regel.
Die genauen Veranstaltungsregeln kann Herr Weichert als Außenstehender nicht kennen. Wie seit 11 Wochen üblich, kennzeichnen wir die Demofläche mit roten Seilen und Pylonen. Ich als Veranstalter habe in diesem Bereich die Verantwortung, dass die Abstandsregeln eingehalten werden. Außerhalb ist die Polizei zuständig. Viele neugierige Bürger, darunter sicher auch Paare und Familien, standen oder saßen am Freitag außerhalb der Demofläche. Diese Personengruppen durften auch im Demogelände enger zusammenstehen.
Herr Weichert ist scheinbar auch nicht an der nahe gelegenen Pizzeria vorbeigekommen. Hier sitzen die Besucher in einem ähnlichen Abstand ohne Maske zusammen und können endlich ein Zusammensein mit Freunden und Bekannten genießen. Ich gönne es ihnen sehr.
Noch eine letzte Anmerkung: Die Zahl der Teilnehmer an unseren Mahnwachen schwankt von 30 bis 90 Personen! Und das seit dem 9.Mai 2020!