Panoramablick und Blütenzauber

3 Min
Diesen wunderbaren Ausblick auf Nordhalben bietet der Wiesen-Panorama-Weg. Fotos: Heike Schülein
Diesen wunderbaren Ausblick auf Nordhalben bietet der Wiesen-Panorama-Weg.  Fotos: Heike Schülein
Die fiedrigen nadelartigen Blättchen des Bärwurz verfügen über einen sehr würzigen Duft, erklärt die Rangerin Anna-Lisa Haber (rechts).
Die fiedrigen nadelartigen Blättchen des Bärwurz verfügen über einen sehr würzigen Duft, erklärt die Rangerin Anna-Lisa Haber (rechts).
 
Auch zwei kleinere Vorkommen der Arnika gibt es auf dem etwa 4,6 Kilometer langen Weg zu entdecken.
Auch zwei kleinere Vorkommen der Arnika gibt es auf dem etwa 4,6 Kilometer langen Weg zu entdecken.
 

Im Naturpark Frankenwald sind drei Ranger im Einsatz. Diese wollen den Menschen die Besonderheiten der Region näherbringen. Nach einer coronabedingten Verzögerung startet die erste Wanderung mit einem der Experten auf dem Wiesen-Panorama-Weg in Nordhalben.

Wiesenknöterich, Hahnenfuß und Klappertopf blühen neben Wiesen-Kerbel und Bärwurz, rundblättrige Glockenblumen treffen auf den Wald-Storchenschnabel; Margeriten auf Vergiss-mein-Nicht. Es ist ein munteres Farbenspiel, das sich den Spaziergängern an diesem perfekten Sommertag vor strahlend blauem Himmel in den Nordhalbener Bärwurzwiesen bietet. Neben dem farbenfrohen Augenschmaus gibt es am Wiesen-Panorama-Weg auch Wiesenblumen, die der Gesundheit, dem Wohlbefinden und der Schönheit gut tun: Blutwurz, Johanniskraut und Schafgarbe werden in Medikamenten, für Tees oder auch Kosmetikprodukte verwendet.

Unter die bunte Naturvielfalt mischen sich sogar zwei kleinere Vorkommen der gelbblühenden Arnika; ebenso wie weitere, seltene, geschützte Pflanzen wie das Holunder- oder das Stattliche Knabenkraut, die auf die besonderen Standortverhältnisse der Magerrasen angewiesen sind.

Blütenvielfalt um Nordhalben

"Sie haben hier wirklich etwas ganz Besonderes", zeigt sich Anna-Lisa Haber begeistert, als sie ab dem späten Nachmittag rund ein Dutzend Wanderer durch die Nordhalbener Hochfläche führt, die geprägt von zahllosen Magerwiesen und bodensauren Magerrasen sind. Die gebürtige Pottensteinerin, die in Bamberg Geographie studierte, ist neben Forstwirt Jan van der Sant Biologe Oliver Kreß eine der drei neuen Ranger des Naturparks Frankenwald.

"Die Stellen entwuchsen eigentlich der Nationalpark-Diskussion", erläutert sie. Nachdem man sich an allen drei im Raum gestandenen Standorten gegen eine Ausweisung als dritten Nationalpark in Bayern ausgesprochen habe, habe sich die Staatsregierung für eine Stärkung der vorhandenen Naturparke und eine Aufstockung des Personals entschieden. So wurden auch im Naturpark Frankenwald seit 2019 mit den Rangern drei neue Vollzeitstellen geschaffen. Diese stellten für heuer ein Tourenprogramm mit Highlights aus den Landkreisen Kronach, Kulmbach und Hof zusammen. "Leider mussten jedoch die ersten Wanderungen aufgrund von Corona ausfallen", bedauert die Biologin. Umso größer war nun die Freude, endlich die erste Wanderung auf dem Wiesen-Panorama-Weg starten zu können, die komplett ausgebucht war.

Belohnt wurden die Teilnehmer mit gutem Wetter und einer einzigartigen Pflanzenvielfalt auf der Rodungsinsel der Nordhalbener Hochfläche, die ein typisches Landschaftsbild des Frankenwaldes darstellt. Durch die fränkische Erbteilung sind hier kleine Grundstücke entstanden. Verstärkt durch die ehemalige Grenzlage und einer über 20 Jahre dauernden Schafbeweidung hat sich eine Bärwurzwiesen-Landschaft mit überregionaler Bedeutung entwickelt: Zum Schutz dieses seltenen Lebensraums wurde das BayernNetzNatur-Projekt "Nordhalbener Rodungsinsel" gefördert. Weiterhin erhalten die Bauern für die Landschaftspflege Fördergelder des Landwirtschafts- und Umweltministeriums.

Beheimatet sind hier auch andere, seltene, geschützte Pflanzen: Neben Bärwurz und der Perücken-Flockenblume auch Borstgras und Blutwurz. Seltene Tierarten wie wiesenbrütende Vogelarten, bestimmte Schmetterlingsarten und Heuschrecken kommen hier ebenfalls vor.

Gefährdete Tierarten

Immer wieder zu hören sind laut zwitschernde Feldlerchen, die wie der Baumpieper auch in Wiesen oder in Säumen brüten. Gerade im FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Gebiet am Lerchenhügel sind viele Brutpaare nachzuweisen. Der Warzenbeißer, eine Heuschreckenart benötigt genau diese kurzrasigen Magerwiesen mit höherer Luftfeuchtigkeit zur optimalen Entwicklung. Auch der Lilagoldfalter ist gefährdet und kommt an Waldrändern gelegentlich vor. Seine Raupen brauchen Schafgarbe, Hahnenfuß oder Wiesenknöterich als Futterpflanze. Wichtig sei daher, sagt die Rangerin, neben dem späten Mähen der Wiesen und dem Düngeverzicht, auch der Erhalt von Brachflächen und Wiesenrainen, um vor allem den Tieren ein Rückzugsgebiet zu lassen.

An mehreren Stationen dieser etwa 4,6 Kilometer langen Wanderung mit Startpunkt am Nordhalbener Naturerlebnisbad erzählt Anna-Lisa Haber viel Wissenswertes zu den verschiedenen Themengebieten: zum Lebensraum Wiese, dem Fichtenwald, die terrassenartige Landschaft sowie über die im Jahre 2001 erfolgte Aufnahme des 61 Hektar großen Gebiets "Lerchenhügel und Rüblesgrund" mit seinem Biotyp Borstgrasrasen zum FFH-Gesamtgebiet "Täler und Rodungsinseln im Frankenwald mit Geroldsgrüner Forst". Die terrassenartige Landschaft ist ein Ergebnis der ständigen Nutzung der Flur durch die Landwirte. Früher legten die Bauern Wiesen, die zur Heugewinnung gemäht wurden, in den feuchten Wiesentälern und an den weiter vom Hof entfernten Hangflächen an. Die arbeitsintensiveren Äcker hingegen wurden in Hofnähe bestellt. Da die Bearbeitungsmaschinen früher empfindlich gegen Bodenunebenheiten waren und zudem an Hanglagen der Boden bei Regen abgeschwemmt wurde, hat man den Hang stufenweise ausgeglichen. So entstanden typische Acker-Terrassen. Bei Aufgabe des Bauernhofs wurden diese mit Fichten aufgeforstet, in Wiesen umgewandelt oder als Brachen liegen gelassen.

Nach der Besiedlung des Frankenwalds begann die Nutzung der früher vorkommenden Mischwälder. Aufgrund des hohen Holzbedarfs wurden die langsamer wachsenden Tanne und Buche durch die schneller wachsende Fichte ersetzt. Aufgrund ihrer vielseitigen und zeitnahen Nutzung nannte man die Fichte daher auch den "Brotbaum" der Bauern. Die großen Stürme der zurückliegenden Jahre und die starke Borkenkäfervermehrung seit dem trockenen Sommer 2003 verändern das Waldbild im Frankenwald mancherorts sehr stark. Viele Forstbetriebe verfolgen heute eine nachhaltige Waldwirtschaft - mit dem Ziel, den Laubholzanteil weiter zu erhöhen. "Daher wandelt sich der zurzeit im Frankenwald dominante Fichtenwald wieder in einen stabilen Mischwald", verdeutlicht die Rangerin.