"O'gspannt is" und entspannt wird

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Jürgen Zimmermann (72) lässt vor seinem Wohnmobil die Seele baumeln und schätzt die stadtnahe Lage des Stellplatzes. Fotos: Andreas Oswald
Jürgen Zimmermann (72) lässt vor seinem Wohnmobil die Seele baumeln und schätzt die stadtnahe Lage des Stellplatzes.  Fotos: Andreas Oswald
Werner Pickard aus Gummersbach kommt schon seit 15 Jahren mit seinem Wohnmobil nach Forchheim.
Werner Pickard aus Gummersbach kommt schon seit 15 Jahren mit seinem Wohnmobil nach Forchheim.
 
Markus Nüßlein hat aus seiner Leidenschaft zum Caravaning ein Geschäft gemacht. Der Wimmelbacher vermietet Wohnmobile.
Markus Nüßlein hat aus seiner Leidenschaft zum Caravaning ein Geschäft gemacht. Der Wimmelbacher vermietet Wohnmobile.
 

Caravaning  Die mobile Urlaubsform liegt voll im Trend. Das wird auch deutlich auf dem städtischen Wohnmobil-Stellplatz auf der Sportinsel. Aus ganz Deutschland kommen die Urlaubs-Nomaden - und alle schwärmen von Forchheim.

von unserem Redaktionsmitglied 
Andreas Oswald

Forchheim — So wie es am Wochenende beim Keller-Auftakt hieß "O'stocha is", so heißt es für die zunehmende Zahl von Urlaubs-Nomaden zum Beginn der Caravan-Saison wieder "O'gspannt is". Die zunehmende Begeisterung für die mobile Urlaubsform spiegelt sich auch auf dem Wohnmobil-Stellplatz auf der Forchheimer Sportinsel wider. Anfang der Woche machten zehn rollende Urlaubsdomizile Station am Kanal - mit den unterschiedlichsten Kennzeichen: Von Ki (Kiel) bis GM (Gummersbach).
Bei strahlendem Sonnenschein sitzt Jürgen Zimmermann, mit Strohhut, einem Glas Rotwein und der Zeitung in der Hand, auf dem Campingstuhl vor seinem Reisemobil. Entspannung pur. Ganz ohne Termindruck unterwegs zu sein, das ist es, was der 72-Jährige und seine Frau so schätzen am Caravaning.
Die beiden kommen aus Kiel. "Wir machen immer eine Frühjahrstour - die üblicherweise nach Italien führt", erzählt Jürgen Zimmermann. "Aber diesmal haben wir beschlossen, auch einmal Deutschland kennen zu lernen." Zuerst war Würzburg das Ziel, dann Bamberg und Bayreuth. Bei der Fahrt durch die Fränkische Schweiz ist das Ehepaar in Forchheim hängen geblieben.

Geld bleibt in der Stadt

Den Stellplatz auf der Schleuseninsel hat der findige Urlauber durch ein Wohnmobil-Forum im Internet entdeckt. Drei Euro zahlt er pro Nacht - inklusive Stromanschluss. Jürgen Zimmermann ist begeistert: "Der Platz hier ist preisgünstig und die Lage gut", betont er.
Einzig der Autobahn-Lärm sei lästig. Dieses Manko wird für ihn aber wett gemacht durch das, was die nahe Stadt zu bieten hat. "Der günstige Stellplatz-Preis rechnet sich für die Kommune, weil die Wohnmobilisten ja auch ihr Geld in Forchheim lassen", stellt Zimmermann fest. Rund 50 Euro gebe er bei seinen Stadtrundgängen in zwei Tagen aus. Besonders angetan ist der Besucher von der Waterkant vom "süffigen Bier" und den schmackhaften Preisen in Franken. Beeindruckt ist der Kieler auch von der Bodenständigkeit fränkischer Brauereigaststätten, wie dem "Neder". Da habe er zwischen Handwerkern gesessen und eine gute Unterhaltung gehabt. "Was auffällig ist", so hat das Nordlicht dabei festgestellt, "dass die Franken nichts mit Bayern zu tun haben wollen".

Fünf mal jährlich nach Forchheim

Während Jürgen Zimmermann noch erzählt, rollt auf dem Stellplatz gegenüber schon der nächste Urlaubs-Nomade an: Werner Pickard aus Gummersbach. "Ich komme schon seit 15 Jahren hierher - und das vier bis fünf Mal jährlich!", berichtet der eingefleischte Forchheim-Fan. Und er verrät auch warum: "Weil ich die Stadt so schön finde - sie hat einen ungeheuren Freizeitwert, bietet im Pfalzmuseum Kultur und in der Gastronomie kulinarische Erlebnisse." Seinen ersten Besuch in Forchheim habe er auf Empfehlung anderer Wohnmobil-Urlauber gemacht. Werner Pickard ist seit 30 Jahren als Camper auf Achse - "hochgedient" über einen selbstausgebauten VW-Bus, mit dem er bis zum Berg Ararat in der Türkei unterwegs war, bis zum jetzigen Fiat Ducato mit Komfort-Austattung.
Was ihm am Caravaning so gefällt: "Die Freiheit - ich kann stehen bleiben, wo es mir gefällt". Und am besten gefalle es ihm in Franken, gibt er unumwunden zu. "Ich bin Westfale - und unsere Mentalität ist ähnlich der fränkischen".
Seit über drei Jahren sorgt Stefan Eberlein als Platzwart auf der Sportinsel dafür, dass die Wohnmobil-Urlauber den Strom anschließen können, ihre Chemie-Toiletten in der nahe gelegenen Sportanlage entleeren und dort auch die Duschen benutzen können. Er hat nur gute Erfahrungen gemacht mit den Gästen auf Rädern und diese ebenfalls mit ihm. Denn er ist nicht nur Platzwart sondern auch Ratgeber bei allen Fragen rund um sehenswerte Ausflugsziele.

Zunehmende Besucherzahl

Auch die Leiterin der Forchheimer Tourist-Information, Irene Mattle, weiß die Wohnmobilisten zu schätzen. Das Image der Billig-Urlauber, die Ravioli aus der Dose kochen, nur Müll hinterlassen und wieder abbrausen, ist längst überholt.
"Das sind Gäste, die gerne in der Stadt essen gehen, den Kellerwald besuchen, die Kultur erleben und auch in Forchheim einkaufen gehen", stellt sie fest und freut sich, dass die Stellplätze so gut frequentiert sind. Im vergangenen Jahr habe es 1736 Übernachtungen in Wohnmobilen gegeben, im Jahr zuvor 1607. Markus und Nicole Nüßlein aus Wimmelbach haben vor vier Jahren aus ihrer Leidenschaft am Urlaub auf vier Rädern ein Geschäft aufgezogen. Bei einem Wohnmobil-Urlaub in Australien kam ihnen die Geschäftsidee: Wohnmobile vermieten.
Drei Fahrzeuge unterschiedlicher Größe werden angeboten. "Wir sind gut ausgelastet", freut sich der 39-Jährige. Eine Familie in Elternzeit war gar drei Monate am Stück mit einem seiner Wohnmobile unterwegs - bis an die Grenze Syriens. Zur Zeit gönnen sich die Nüßleins selber einen Urlaub - natürlich im Wohnmobil, wo die Welt zum Zuhause wird.