Wie kommt Nils zur Schule?
Doch es stellte sich die Frage, wie Nils, der in Rögen wohnt, täglich in die Schule nach Lautertal kommt. Fahrtkosten werden bei Gastschülern nicht erstattet. Und da die Mittelschule in Lautertal nicht als Profilschule (Inklusion) anerkannt ist, werden die Kosten auch im Fall von Nils nicht übernommen. So der Fakt nach Aktenlage.
Im Gespräch mit dem Tageblatt erörtert Schulrat Uwe Dörfer Szenarien, wie das Schulamt Nils entgegenkommen könnte. "Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um dem Kind zu helfen", sagt Dörfer. Dies bekräftigt auf Nachfrage auch die Pressesprecherin der Regierung von Oberfranken: "Nach unseren Informationen ist das Schulamt Coburg bereits in einer konstruktiven Weise mit dem Fall befasst und sucht intensiv nach Lösungen."
Konkret will Dörfer mit Wochenstunden für die Einzelinklusion durch eine Lehrkraft helfen. Sobald er sein Stundenkontingent von der Regierung zugewiesen bekommen hat, will er Nils berücksichtigen. Für eine Zuweisung sieht er am Montag keine Chance.
Jens Neugebauer wollte das allerdings nicht gelten lassen. Beim staatlichen Schulamt hat er die Zuweisung an die Schule beantragt.
In seiner Begründung heißt es unter anderem: "Nils hat einen Grad der Behinderung von 100 Prozent und einen Pflegegrad 4. Daher ist er zurzeit nicht in der Lage, eigenständig die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Nils wurde bisher täglich mit dem Fahrdienst des ASB zur Grundschule befördert."
Zuweisung geht nicht
Aus bürokratischer Sicht musste Schulrat Uwe Dörfer die Zuweisung am Montag ablehnen - zum einen, weil Lautertal keine Profilschule ist, zum anderen, weil der Gastschulantrag von Seiten der Stadt bereits genehmigt wurde. Damit fallen für die Kommunen und den Bezirk erst einmal keine Kosten an. Die Eltern sind für die Transportkosten zuständig.
Kopfschütteln bei Jens Neugebauer: "Der Tipp, einen Gastschulantrag zu stellen, kam von Schulrätin Dr. Karina Kräußlein-Leib." Er suchte am Dienstagnachmittag erneut das Gespräch mit dem Schulamt. Sein Ärger war so groß, dass er mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde drohte. "Es handelt sich hierbei um wissentliche Irreführung und daraus resultierende Benachteiligung eines behinderten Kindes. Wir haben den Fall bereits an unseren Anwalt weitergeleitet. Stichwort: AGG- und EU-Behindertenrechtskonvention. Ich bin echt fassungslos über diese Dreistigkeit."
Nochmal reflektiert
"Nach nochmaliger, eingehender Reflexion über den Schüler Nils Neugebauer wird eine Zuweisung durch das Schulamt ausgesprochen, so dass ein Beförderungsanspruch besteht", heißt es dann am Dienstagabend. Schulamtsdirektor Uwe Dörfer nennt folgende pädagogische und schulische Gründe, die den Ausschlag für das Umdenken gaben:
? "Die Mittelschule (MS) Am Lauterberg in Lautertal hat bereits mehrjährige Erfahrung mit Inklusion gesammelt. Die jetzige Schulleitung setzt sich seit Jahren mit Fragen der Inklusion auseinander. Der Schüler Nils Neugebauer kommt weiterhin, wie bisher auch, mit inklusiven Schülern, aber auch mit Regelschülern, in Kontakt. Demzufolge wird er besser auf das spätere Leben in der Gesellschaft vorbereitet, was an einer reinen Förderschule nicht der Fall wäre. Das wäre zwar auch an der Sprengelschule (Rückertschule) der Fall gewesen, doch diese Schule erscheint als Stadtschule zu groß und auch unübersichtlicher als die in Lautertal.
Die Mittelschule Lautertal wird energetisch saniert und auch behindertengerecht umgestaltet. Obwohl die MS Lautertal keine Profilschule für Inklusion darstellt, wird an ihr Inklusion gelebt und nunmehr durch einen G-Schüler erweitert (geistig behindert).
Das Schulamt will die Inklusion weiter vorantreiben und unterstützt die MS in ihrer Weiterentwicklung. Zu hoffen wäre, dass die MS Lautertal eines Tages Profilschule für Inklusion wird, da es dieses Profil weder in der Stadt noch im Landkreis im MS-Bereich gibt."