Bürgern, die ihren Müll bislang auf Kosten der Öffentlichkeit entsorgen, will der Landkreis ab 1. Januar auf die Schliche kommen. An der Abfuhr selbst und an der Abrechnung je Behälter soll das neue Chip-Verfahren nichts ändern.
Eckehard Kiesewetter Kreis Haßberge — Chips in der Mülltonne - das klingt nicht sehr aufregend. Lebensmittelverschwendung halt - vielleicht Überbleibsel einer Party oder eines Fußballabends? Nein. Hier geht es nicht um Kartoffeln und Barbecue-Geschmack, sondern um High-Tech. Mit sogenannten Transpondern und Mikrochips ausgerüstet können die Tonnen, bislang einfache Plastikbehälter auf Rädern, künftig mit dem Müllfahrzeug kommunizieren. "Ident-System" nennt man das. Monteure sind gerade im Auftrag des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Haßberge damit beschäftigt, alle rund 90 000 Tonnen in den 26 Kreiskommunen damit zu pimpen. Um korrekt zu sein, in Aidhausen, Sand, Stettfeld Untermerzbach, Wonfurt und Zeil sind nur die Altpapiertonnen betroffen. Das hängt laut Wilfried Neubauer, Chef des Abfallwirtschaftsbetriebs, damit zusammen, dass diese Orte das Einsammeln und den Transport ihrer Abfälle noch selbst organisieren. "Ein Relikt aus alten Zeiten", so Neubauer.
Die Digitalisierung der Müllabfuhr wirft, wie Zuschriften zeigen, Fragen auf. Daher hat der FT im Auftrag seiner Leser tiefer in die Tonne geblickt:
Das Ident-System am Abfallbehälter besteht aus einem Etikett mit Strichcode und Behälternummer sowie einem digitalen Transponder, etwa so groß wie ein Zwei-Euro-Stück. Er wird in eine dafür vorgesehene Nische unter der Behälterkante, das sogenannte "Chipnest", geklipst. Damit ist jede Tonne eindeutig einem Grundstück zugeordnet. Die Müllfahrzeuge, die mit besonderen Geräten und einer Software ausstaffiert werden, erkennen den Transponder und die Entleerung wird dokumentiert. Scharfgestellt wird das System zum 1. Januar 2020.
Wider die schwarzen Schafe
Die Neuerung dient vor allem einer "sauberen Inventur des Istbestands an Tonnen". Laut Neubauer hat der Abfallwirtschaftsbetrieb vor Jahren in zwei Zyklen seine Aufgaben von den Gemeinden übernommen. Der Datenbestand von damals wird jetzt mit der Realität abgeglichen. Nebenher wird man erreichen, dass nur noch jene Tonnen entleert werden, die auch tatsächlich gemeldet sind. Mülltonnen kann man nämlich im freien Handel kaufen und so wird manche Tonne regelmäßig geleert, ohne dass dafür gezahlt würde. Bislang kann das ein Müllwerker nicht feststellen. Das ändert sich in Zukunft: Ist für eine Tonne nicht registriert, wird sie vom Müllfahrzeug nicht akzeptiert. Sie wird schlichtweg nicht angehoben und bleibt ungeleert stehen. Neugebauer spricht von einer "unbekannten Schwarzfahrerquote".
In manchen Bereichen der Republik hat sich herausgestellt, dass nahezu jede siebte Tonne nicht erfasst war. Da können die Gebührenausfälle rasch sechsstellige Summen erreichen. Damit werde sich die Investition von rund 300 000 Euro in die Transponder und die technische Ausstattung der Müllautos rasch amortisieren. "So wird eine gerechte Gebührenabrechnung gewährleistet", sagt Neubauer.
Nebenher verspricht sich der Chef des Abfallwirtschaftsbe-triebs logistische Vorteile, denn die An- und Abmeldung bei Mieterwechsel oder Sterbefällen werde wesentlich vereinfacht.
Transporte entfallen
Bislang musste eine abgemeldete Tonne eingezogen und nach Wiederbezug einer Wohnung wieder zurückgebracht werden. Künftig genügt es, den Transponder zu deaktivieren bzw. in Betrieb zu setzen. Die gerechtere Erfassung der Tonnen und Einsparungen im Service könnten eines Tages bei einer Neukalkulation zu niedrigeren Müllgebühren führen, stellt Neubauer vage in Aussicht.