Über zwei Jahre war der Coburger Sebastian Keil für die Kirche Jesu Christi auf Mission. Von Kanada führte es den 20-Jährigen zuletzt nach München und Zürich.
Cindy dötschel
Als Sebastian Keil im November 2018 in der Kleinstadt Chochrane in Kanada ankam, hatte es minus fünf Grad. "Im Januar sanken die Temperaturen auf minus 45 Grad. Es lag sehr viel Schnee, einfach so draußen rumzulaufen, war wegen der Kälte nicht möglich." Gleich am nächsten Tag startete die Mission des Coburgers.
Einen Kindheitstraum verfolgt
Schon als kleines Kind wollte Keil, der Mitglied in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist, auf Mission gehen. "Mein Vater war der Erste aus der Familie, der auf Mission war. Als ich 18 Jahre alt war, habe ich mich intensiv mit dem Thema beschäftigt", erzählt der 20-Jährige. Im Zuge dessen hat er die Bibel und das Buch Mormon, an das seine Kirche ebenfalls glaubt, intensiv gelesen. Außerdem hat er Gespräche mit den Mitgliedern anderer Kirchen gesucht.
Als Keils Entschluss feststand, ging alles sehr schnell. "Ich habe die entsprechenden Formulare ausgefüllt und nach Salt Lake City in Utah zu unserem Hauptsitz geschickt", sagt der Coburger.
Dort entscheiden ein Prophet und zwölf Apostel, welcher Missionar welcher Mission zugeteilt wird. "Ich wurde der Calgory Mission im Südwesten Kanadas zugeteilt." Nach einer dreiwöchigen Schulung im Missionarszentrum Utah kam er im November in der Kleinstadt Chochrane an.
Immer zu zweit unterwegs
"Als Missionar lebt man immer mit einem zweiten Missionar zusammen und trifft so Leute, die man noch nie zuvor gesehen hat", berichtet Keil.
Ein typischer Tag besteht aus dem Selbststudium der Schriften und dem Dienst für die Gesellschaft. "Das kann alles sein. Wir helfen zum Beispiel bei Umzügen, beim Streichen oder bei der Gartenarbeit. Dabei sind wir immer zu zweit unterwegs." Wer Hilfe braucht, kann sich beispielsweise über Facebook oder über Mitglieder der Gemeinde bei den Missionaren melden.
Die 24 Monate sind vor allem dazu da, zu leben wie Jesus Christus. "Es geht um Nächstenliebe. Wir helfen jedem, der Hilfe braucht. Auch wenn die Leute kein Interesse daran haben, Mitglieder unserer Kirche zu werden", sagt er. Die Missionare haben nur einen Tag die Woche frei.
Den Menschen helfen
Außer, dass die Mission nicht verlassen werden darf, gibt es keine Regeln. "Das Ziel ist es, Gott näher zu kommen und den Menschen dabei zu helfen, glücklicher zu werden. Als Missionare laden wir dazu ein, die Schriften zu studieren und die Kirche zu besuchen."
Besonders in Erinnerung geblieben sind Keil die regelmäßigen Besuche bei einem Indianerreservat in Chochrane. "In den sechs Monaten, die ich in der Kleinstadt gelebt habe, bin ich dreimal für etwa neun Stunden ins Reservat gefahren", erinnert sich der Coburger. Die Menschen, die dort leben, bekommen ihr Geld und Wohnraum vom Staat zur Verfügung gestellt. Viele hätten Probleme mit Alkohol und Drogen. "Durch Gespräche haben wir versucht, den Menschen dabei zu helfen, einen Sinn im Leben zu finden."
Zurück aus Kanada
Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie musste Keil vorzeitig aus Kanada ausreisen. "Ich kam sechs Monate eher als geplant zurück nach Deutschland und musste erstmal in Quarantäne", berichtet er. Er stand dann vor der Wahl, seine Mission abzubrechen oder noch einmal nach München und Zürich zu gehen. "In dieser Zeit konnten wir nicht mit Leuten auf der Straße sprechen."
Deshalb hat Keil die letzten sechs Monate als Missionar genutzt, um online kostenlos Sprachkurse oder Gitarrenunterricht zu geben. In München und der Schweiz hat Keil völlig andere Erfahrungen gemacht als in Kanada. "In Zürich sind die Menschen, anders als in den kanadischen Kleinstädten, sehr beschäftigt und weniger offen für Gespräche."