Eine Ausstellung in der Synagoge Memmelsdorf beschäftigt sich mit Martin Luther und seinem ausgeprägten Judenhass.
Andreas Lösch
Auf der einen Seite ist da der Gelehrte, der Bibelübersetzer, die Symbolfigur Martin Luther, der Reformator und Wegbereiter der evangelischen Kirche und des protestantischen Glaubens. Auf der anderen Seite ist da der Antisemit Luther, der auf schockierende und aggressive Weise zu Gewalt gegen Juden aufrief. In seiner Schrift "Wider die Juden und ihre Lügen", verfasst drei Jahre vor seinem Tod (1543), fragte er: "Was wollen wir Christen nun tun mit diesem verworfenen, verdammten Volk der Juden? (...) Ich will meinen teueren Rat geben."
Hass und Gewalt
Es folgen unfassbare, von Hass erfüllte Empfehlungen, etwa "dass man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke und, was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke sehe ewiglich." Er rief dazu auf, Juden Gewalt anzutun und ihnen "alle Barschaft und Kleinod an Silber und Gold" zu nehmen. Diese Haltung Luthers, so sagt es Iris Wild, mache es einem als gläubigen Christ eigentlich unmöglich, eine für die evangelische Kirche so wichtige Figur unreflektiert und unkritisch als Held zu feiern. Wild ist evangelische Christin und die Vorsitzende des Träger- und Fördervereins "Synagoge Memmelsdorf" (Gemeinde Untermerzbach).
Sie sagt: "Da ist auch die Kehrseite des Reformators", seine Aussagen über die Juden könne man so nicht stehen lassen. Zumal es umso mehr verwundere, wenn man bedenke, dass Jesus, zentrale Figur des Christentums, Jude war. Für Wild ist es deswegen unabdingbar, sich mit dem lutherischen Antisemitismus auseinanderzusezten. Dazu will die Wanderausstellung "Martin Luther und die Juden", die derzeit in der Memmelsdorfer Synagoge zu sehen ist, beitragen.
Das kleine unterfränkische Dorf an der Grenze zu Oberfranken hat eine besondere jüdische Vergangenheit: Um 1800 lebten laut Wild etwa 240 Juden in Memmelsdorf, das war "ein gutes Drittel" der Dorfbewohner. Die 1729 erbaute Synagoge und die ehemalige jüdische Schule im Ort erinnern heute noch an die jüdische Vergangenheit des Dorfes, denn die Zeit des Nationalsozialismus bedeutete für die Memmelsdorfer Juden das Ende: 1933 zählte die jüdische Gemeinde laut den Unterlagen des "Träger- und Fördervereins Synagoge Memmelsdorf" noch 25 Personen. Einige von ihnen konnten emigrieren, jedoch "17 ehemalige jüdische Bewohner wurden aus ihren neuen Wohnorten deportiert und während der faschistischen Diktatur ermordet", heißt es in der Zusammenfassung des Vereins.