Kronach — Die Bewohner des Lucas-Cranach-Seniorenwohnhauses sind jetzt per Fahrrad-Rikscha mobil. Finanziert wurde die mehrere Tausend Euro teure Anschaffung vom Förderverein der Diakonie. Die Vorfre...
Kronach — Die Bewohner des Lucas-Cranach-Seniorenwohnhauses sind jetzt per Fahrrad-Rikscha mobil. Finanziert wurde die mehrere Tausend Euro teure Anschaffung vom Förderverein der Diakonie. Die Vorfreude der Senioren auf Spritzfahrten bei schönem Wetter ist riesig.
Mit etwas Hilfe nehmen Hedwig Schwarz und Helga Förtsch Platz auf dem Gefährt mit dem knallroten Dach, das vor einigen Minuten in das Lucas-Cranach-Seniorenhaus geliefert wurde. Die Heimbewohnerinnen, beide jeweils über 80 Lenze jung, strahlen über das ganze Gesicht, als sie es sich auf dem Sitz gemütlich machen. Den Sicherheitsgurt müssen die beiden Seniorinnen nicht anlegen und "Pilot" Roland Rost tritt auch nur zu Anschauungszwecken einmal kurz in die Pedale; ist doch an diesem Tag leider Schmuddelwetter angesagt. Sobald es aber wärmer wird, soll es losgehen. Dann wird die neue Rikscha ihre Jungfernfahrt antreten - vermutlich durch das LGS-Gelände und vermutlich mit Hedwig Schwarz und Helga Förtsch an Bord!
Verantwortlich dafür, dass die Heimbewohner nun auf diese doch eher ungewöhnliche Art und Weise mobil sind, zeichnet der rührige Förderverein der Diakonie. "Der Förderverein hat immer ein offenes Ohr für die Belange unserer Heimbewohner", würdigt Heimbeirats-Vorsitzender Roland Rost. Als man auf solche, insbesondere in Dänemark sehr verbreiteten Rikschas aufmerksam wurde, habe man über eine derartige Anschaffung auch für das evangelische Senioren- und Pflegeheim gesprochen und sei sich schnell einig gewesen - trotz des hohen finanziellen Aufwands.
Billig ist eine solche, speziell für Senioren konzipierte Rikscha nämlich nicht. Allein der unterstützende Elektromotor schlägt erheblich zu Buche. Zudem legte man bei der Anschaffung größten Wert auf Qualität. Hierzu zählen auch einige Extras wie ein Dach- und ein Beinschutz für Wind- und Regentage, ein Sicherheitsgurt sowie weitere Maßnahmen, um die Bewohner sicher und bequem zu transferieren. "Insgesamt kamen so mehrere Tausend Euro zusammen", erzählt "Pedalritter" Roland Rost.
Auf der Rikscha, die für Freude und Abwechslung im Betreuungsalltag sorgen soll, haben bis zu zwei Personen Platz. Neben dem Spaß- und Frischluft-Faktor haben die Fahrten auch soziale Komponenten. "Viele Heimbewohner sind nicht mehr mobil und daher kaum noch in der Lage, ihr unmittelbares Umfeld zu verlassen", bedauern Heimleiterin Karin Büttner und Pflegedienstleiterin Katja Suffa-Weißkopf. Eine Rundfahrt mit der Rikscha mache deshalb nicht nur Spaß, sondern erweitere den Aktionsradius bewegungseingeschränkter Senioren und fördere damit maßgeblich deren soziale Teilhabe.
"Aufgrund der räumlichen Nähe bieten sich natürlich Fahrten durch das LGS-Gelände an", verdeutlicht die Pflegedienstleiterin. Man könne damit aber auch in die Stadt fahren, beispielsweise zum Eis-Essen, für kleine Einkäufe oder einen kurzen Arztbesuch. Sicher zeigten sie sich auch, dass solche Fahrten bestimmt Erinnerungen an frühere Zeiten weckten. Sicherlich seien viele der Senioren früher gerne Fahrrad gefahren - als Kind oder auch später als schönes Hobby beziehungsweise auch für Fahrten zur Arbeitsstelle. Schließlich habe ja früher nicht jeder ein Auto gehabt.
Das Konzept der Senioren-Rikschas kommt aus dem fahrradbegeisterten Dänemark. Ein Mann namens Ole Kassow war dort auf dem Weg zur Arbeit immer an einem alten Mann vorbeigeradelt, der auf einer Parkbank saß, neben sich einen Rollator. Kassow fragte sich, ob der Mann früher wohl genauso gerne Fahrrad gefahren war wie er heute. Er mietete eine Fahrrad-Rikscha, fuhr zum nächsten Altersheim und lud dessen Bewohner zu einer Spritztour ein. 2012 ging in Kopenhagen das erste Gefährt dieser Art an den Start. "Cycling uden alter" (Radeln ohne Alter) verbreitete sich schnell über das ganze Land. Dem Beispiel Dänemarks folgten schon bald die übrigen skandinavischen Länder. Inzwischen schwappt die schöne Idee auch in andere Länder über, wobei sie in Deutschland aber noch nicht sehr verbreitet ist.