ISS und Rechengrößen

2 Min

Sechs Millionen Euro sind eine Menge Geld. Insofern ehrt es den Coburger Stadtrat, dass er sich die Entscheidung nicht leichtgemacht hat, noch mehr Geld für...

Sechs Millionen Euro sind eine Menge Geld. Insofern ehrt es den Coburger Stadtrat, dass er sich die Entscheidung nicht leichtgemacht hat, noch mehr Geld für eine Interimsspielstätte (ISS) bereitzustellen. Denn auch, wenn der Freistaat Bayern 75 Prozent der Kosten übernimmt, muss die Stadt das Geld für die temporäre Halle erst mal vorstrecken.
Zum Vergleich: Die gerade eben fertiggestellte neue Angerhalle an der Benno-Benz-Anlage kostete 8,3 Millionen Euro. Sie soll 25 Jahre halten (mindestens), sie wird täglich beansprucht. Sie ist jedoch ein Zweckbau; sie hat keine Tribüne, kein Foyer, keinerlei Schnickschnack. Umkleiden, Hausmeisterbüro, Geräteraum, Technik, eine teilbare Dreifachsporthalle, das war's.
Eine ISS ist aufwendiger: Sie soll Theaterbetrieb möglich machen. Und da wären wir bei dem Punkt, warum von den knapp fünf Stunden Diskussion im Stadtrat und in der Sitzungspause mindestens zwei Stunden überflüssig waren. Weil es verkehrt war, an dieser Stelle nur über sechs Millionen Euro oder mehr zu reden. Sondern weil man darüber hätte reden müssen, wie das Coburger Landestheater in einer mindestens vierjährigen Sanierungszeit funktionieren soll.
Es ist ja nicht damit getan, dass sich um 19.30 Uhr ein Vorhang öffnet. Da ist ein kompletter Betrieb am Laufen zu halten, der - wenn es gut läuft - jeden Abend Kunst herstellt, die einige hundert Menschen im Zuschauerraum lachen, gruseln, nachdenken, geistig abheben lässt.
Deshalb war ja vorgeschlagen, eine ISS zu schaffen, die all das aufnehmen kann, was jetzt im Großen Haus am Schlossplatz stattfindet. Zuschauer, Bühne, Probenräume, Büros, Garderoben. Die Befürworter der "Sechs-Millionen-Obergrenze" riefen zwar nach Alternativen, aber sie hatten keine Idee dafür. Sie hatten sich noch nicht einmal bewusst gemacht, dass die Alternativen sehr wohl geprüft waren. Natürlich muss man abwägen, ab welchem Preis für eine ISS die Kosten den Nutzen übersteigen. Aber auch bei einer Zeltlösung oder ohne feste Spielstätte bräuchte das Theater Büros und Probenräume.
Bislang hatte niemand die Idee einer Multifunktionshalle am Anger wieder aufgewärmt. Nun kommt Hans Michelbach damit um die Ecke, nachdem er festgestellt hat, dass der Freistaat mit seiner Zuschusspolitik darauf hinwirken will, dass die Stadt nichts Dauerhaftes baut. Deshalb ist ja geplant, eine wiederverwendbare ISS zu schaffen und sie nach Nutzungsende zu verkaufen. Das ist nachhaltiger als ein Abriss.
Natürlich wäre es besser, die Stadt Coburg bekäme gleich etwas Dauerhaftes, was zum Beispiel auch das Kongresshaus ersetzen könnte, wenn da mal über eine Generalsanierung nachgedacht wird. Mag sogar sein, dass der Finanzierungsvertrag da die Möglichkeit auf ein Schnäppchen bietet: Wenn die ISS stehenbleibt, zahlt der Freistaat immerhin noch 25 Prozent an Zuschuss. Von solchen Quoten kann Coburg bei Schulbauten nur träumen! Dumm nur, dass diese Idee erst jetzt kommt, denn spätestens im Frühjahr 2019 muss die ISS zur Verfügung stehen. Obwohl: Vielleicht bietet sich auch dafür Spielraum in den Verhandlungen?!
Neinnein, genug geträumt: Sobald die Ministerialen in München denken müssten, Coburg will mehr als eine Theaterspielstätte, steht die Bezuschussung womöglich komplett auf dem Spiel. Die Stadt muss glaubhaft machen können, dass sie sich für die effizienteste Lösung entschieden hat. Dummerweise enthält die Effizienzgleichung eine große Unbekannte: die Bauzeit. Sie ist mit vier Jahren angesetzt. Doch je länger es dauert, desto eher rechnet sich die ISS, desto teurer wird ein Zelt. Zumindest dafür gibt es Erfahrungswerte.