Gericht reduziert Haftdauer

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Der Anwalt nahm auch Mandantengelder, um seine Kanzlei am Laufen zu halten. Symbolfoto: imago/bonn-sequenz
Der Anwalt nahm auch Mandantengelder, um seine Kanzlei am Laufen zu halten. Symbolfoto: imago/bonn-sequenz

Urteil  Früherer Anwalt musste sich wegen Untreue und Betrugs verantworten. "Die Leute werden ihr Geld bekommen"

von unserer Mitarbeiterin Gabi Arnold

Coburg — Zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten hatte das Landgericht Coburg vor gut einem Jahr einen früheren Rechtsanwalt verurteilt. Nachdem der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufgehoben hatte, kam es am Donnerstag vor der 3. Strafkammer zur erneuten Verhandlung. Dabei erreichte der mittlerweile 60-jährige Jurist einen Teilerfolg. Vorsitzende Richterin Ulrike Barausch verringerte die Gefängnisstrafe um sechs Monate.
Wegen Untreue in 76 Fällen und Betrugs in 19 Fällen hatte sich der Jurist im August 2014 verantworten müssen. Gegen die Verurteilung wegen Betrugs hatte der Bundesgerichtshof nach Aussage von Richterin Ulrike Barausch nichts auszusetzen. Die Verurteilung wegen Untreue hielt der rechtlichen Nachprüfung dagegen nicht stand und musste auf 52 Fälle korrigiert werden.
Der Rechtsanwalt betrieb bis Ende 2012 eine Kanzlei in Coburg; im Jahr 2013 musste er seine Zulassung zurückgeben.
Bereits ab 2006 lief die Kanzlei des Angeklagten zunehmend schlecht. "Lukrative Mandanten blieben aus," so die Richterin. Obwohl seine eigene wirtschaftliche Lage nicht rosig war, erließ der Angeklagte seinen Mandanten häufig großzügig die Gebühren. "Er gewährte Nachlässe oder verzichtete teilweise ganz", so Barausch.
In der Folge reichten die Einkünfte nicht mehr aus, um die laufenden Kosten für das Geschäft, die Mieten und den Lebensunterhalt seiner vierköpfigen Familie als Alleinverdiener zu decken. Außerdem hatte er zwei Auszubildende in seiner Kanzlei beschäftigt.


Desolate finanzielle Lage

Zwei Banken bewilligten zwar auf vier Geschäftskonten nicht unerhebliche Dispositionskredite, dennoch geriet der Mann immer weiter in eine desolate finanzielle Situation. Mandantengelder - beispielsweise aus Schadensersatz- oder Unterhaltsforderungen - leitete er nicht mehr fristgerecht weiter.
Vielmehr verwendete er die Mittel, um seine Kanzlei am Laufen zu halten und um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Zahlungen kam er verspätet und oft erst nach mehrmaligen Aufforderungen nach.
Als die Banken keine Kredite gewährten, bat er schließlich seine Familie, Freunde und Bekannte um Hilfe und schloss private Darlehensverträge ab. Die Schulden türmten sich so auf insgesamt 182 000 Euro auf. "Die desaströse Lage war den Darlehensgebern nicht bekannt", so Richterin Barausch.
Der Angeklagte gab demnach an, er habe nur kurzfristig einen finanziellen Engpass und könne das Geld problemlos zurückzahlen. Die Geldgeber hätten ihm wegen seiner beruflichen Stellung als Anwalt vertraut. Der Beschuldigte, der mittlerweile von seiner Ehefrau und den Kindern getrennt lebt, konnte am Donnerstag nachweisen, dass er einen großen Teil des Schadens durch den Verkauf seines Hauses beglichen hat. "Im Moment ist keiner da, der Forderungen stellt."
Nachdem sein Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wurde, sei er nach Berlin gezogen, wo ihm ein ehemaliger Gläubiger sogar eine Wohnung und einen Job besorgt habe. In einer Hausverwaltung verdiene er 400 Euro netto. "Das reicht im Moment aus, da ich meine Kosten minimiert habe." Er habe die Aussicht, nach Beendigung der Haftstrafe auch für andere Häuser und in der Gartengestaltung tätig zu sein. "Ich bin guter Dinge, dass das so klappt."
Weiter betonte er: "Die Schadenswiedergutmachung ist für mich noch nicht beendet, die Leute werden weiterhin ihr Geld bekommen, sofern ich das kann."
Das Geständnis und die massive Schadenswiedergutmachung wertete das Gericht als strafmildernd, als erschwerend hingegen den Tatzeitraum von fünf Jahren. Das neue Strafmaß lautet nun zwei Jahre und drei Monate, sieben Monate hat er bereits verbüßt.