Geblieben, damit es weitergeht

2 Min
Rolf Eckstein
Rolf Eckstein
Rainer Lutz

Treue  Rolf Eckstein trat als Banklehrling in die Gewerkschaft ein und erlebte, wie wichtig eine starke Vertretung der Arbeitnehmer ist. Darum blieb er dabei - 60 Jahre.

Es war das Jahr 1960, als der Banklehrling in Diensten der Bayerischen Staatsbank Rolf Eckstein von Vertretern der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft angesprochen wurde, ob er nicht Mitglied werden wollte. Er wollte. Und er ist der Gewerkschaft, die heute Ver.di heißt, treu geblieben - über 60 Jahre lang.

Als Rentner hätte Rolf Eckstein keine Gewerkschaft mehr benötigt, die seine Interessen als Arbeitnehmer vertritt. Doch: "Wenn alle Rentner austreten und nicht genügend Junge eintreten, dann wird die Gewerkschaft immer schwächer", sagt er. Das will er nicht. Also bleibt er dabei.

Das hat auch damit zu tun, dass für ihn die Mitgliedschaft immer wieder von großem Nutzen gewesen ist. "Das fing schon damit an, dass mir gesagt wurde, im ersten Lehrjahr bekäme ich keinen Urlaub", berichtet er. Ein Anruf bei der Gewerkschaft, und die Sache war geklärt. Er bekam seinen Urlaub. So viel wie später, als die Gewerkschaften immer mehr Rechte für die Arbeitnehmer durchsetzen konnten, war es nicht. Aber immerhin. Heutige Auszubildende mögen auch über die Bezahlung staunen, die seinerzeit die Lehrlinge erhielten: 90 Mark. Auch da tat sich einiges, und es waren stets die Gewerkschaften, die in Tarifverhandlungen Lohnsteigerungen erstritten.

Nach der Lehrzeit war für Rolf Eckstein der nächste wichtige Schritt der Beamtenlehrgang, denn bei der Staatsbank konnte man noch Beamter werden. Bankintern wurde der dreijährige Lehrgang dafür erst nach fünf Jahren gewährt. Sollte das wirklich gesetzlich geregelt sein? Wieder war es die Gewerkschaft, die dem jungen Bankkaufmann half - er durfte nach drei Berufsjahren den begehrten Lehrgang antreten.

Auch im Betriebsrat

Kein Wunder, dass Rolf Eckstein sich auch im Betriebsrat engagierte: "Ich war im zweiten Lehrjahr schon als Lehrlingsvertreter im Betriebsrat." Zum Glück hatte er dafür gesorgt, früher auf Beamtenlehrgang gehen zu dürfen. Denn so wurde er 1966 verbeamtet. Als 1970 die Staatsbank aufgelöst wurde, bekam er gerade noch die Beförderung zum Oberinspektor. Als Delegierter für die Verhandlungen zur Fusion mit der Bayerischen Vereinsbank setzte er für sich und seine verbeamteten Kollegen das Ziel, Beamte bleiben zu dürfen. Denn darin sahen sie einige wichtige Vorteile.

Tatsächlich bot die Staatsregierung eine Lösung an. Die Beamten der Staatsbank sollten einfach in die Finanzverwaltung wechseln. Das wollten aber viele nicht. Rolf Eckstein nennt einen Grund: "Für mich wäre das Angebot Furth im Wald gewesen. Er wollte aber nicht aus Coburg weg. Also wieder zur Gewerkschaft. Es muss doch eine Lösung zu finden sein! Die fand sich tatsächlich. Man einigte sich mit der Bank und der Regierung darauf, dass die Beamten einfach beurlaubt wurden zur Arbeit in der Vereinsbank. So behielten sie ihren Beamtenstatus - und bekommen heute auf die Jahre, die sie aktiv als Beamte bezahlt wurden, eine Pension. Ihre Beamtentitel durften sie nicht mehr führen. Sie wurden umgewidmet auf die Berufsbezeichnung Verwaltungsfachwirt.

Immer wieder also lohnte es sich für Rolf Eckstein, Gewerkschaftsmitglied zu sein. 2001 verschmolz die DAG mit vier weiteren DGB-Gewerkschaften zur Gewerkschaft Ver.di. Auch da blieb er bei der Stange. Die Mitarbeit im Betriebsrat musste er aufgeben, als er Prokurist wurde. "Meine Einstellung hat sich dadurch aber nicht geändert", stellt er klar. Und es ist für einen Prokuristen durchaus wertvoll, zu wissen, welche Rechte und Pflichten der Betriebsrat hat.

Rolf Eckstein erlebte als Arbeitnehmer, wie die Gewerkschaften an Einfluss gewannen und immer mehr Rechte für die Beschäftigten erkämpften. Er erlebte aber auch mit, wie durch die Gesetzgebung in der Schröder-Regierung zur Agenda 2010 immer mehr der erstrittenen Rechte zurückgenommen wurden. Wie Unternehmen reihenweise aus der Tarifbindung austraten und ein wachsender Niedriglohn-Sektor entstand. Gerade deshalb unterstützt er auch als Rentner weiterhin die Gewerkschaft.

Für seine 60-jährige Mitgliedschaft wurde er nachträglich in diesem Jahr geehrt, weil im vergangenen Jahr wegen der Corona-Maßnahmen ein würdevoller Rahmen nicht möglich gewesen wäre.