Gäste wurden abgeworben

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Postkarte von 1969 Repro: Reinhard Löwisch
Postkarte von 1969  Repro: Reinhard Löwisch

Die erste Mondlandung, Vietnamkrieg und das Woodstock-Festival - das Jahr 1969 war weltpolitisch von ganz unterschiedlichen Ereignissen geprägt. In Egloffstein beschäftigte man sich dagegen unter anderem mit dem Tourismus.

Während die Welt 1969 die erste Mondlandung feierte, in Vietnam ein brutaler Krieg herrschte und im Juli des gleichen Jahres das legendäre Woodstock-Festival mit mehr als 400 000 Hippies stattfand, beschäftigte man sich in Egloffstein mit eher kleingeistigen Dingen.

Vom guten Ruf profitiert

Als Erfolg buchte es der Bürgermeister in einer Vermieterversammlung, dass es gelungen ist, Egloffstein als Fremdenverkehrsort bekannt zu machen. Sehr negativ bewertete er aber die Tatsache, dass Egloffsteiner Gäste "abgeworben" werden. Damit wandte sich der Bürgermeister gegen Bemühungen anderer Orte, mit dem renommierten Namen Egloffstein für sich Reklame zu machen und von Egloffsteins guten Ruf als Kurort zu profitieren.

Verkehrsamtsleiter Hans Derbfuß musste daher erstmals von roten Zahlen in der Übernachtungsstatistik berichten, die auf unter 20 000 Übernachtungen gefallen sind. 35 Prozent der Feriengäste kamen in Reisebussen, 15 waren Fluggäste, die restlichen 50 Prozent reisten mit dem Personenwagen an. Die Zahl der westdeutschen Feriengäste hat sich erhöht, besonders aus dem Ruhrgebiet. Aber auch aus Berlin bekommt Egloffstein nach wie vor "Kunden". Als Problem wurden Vor- und Nachsaison wegen der schwachen Bettenbelegung bezeichnet. Wichtige Objekte für die Gemeinde waren der Straßenbau und die Feuerwehrausstattung. Im Frühjahr 1968 wurde das Feuerwehrgerätehaus fertiggestellt. "Ein Feuerlöschfahrzeug kann voraussichtlich im nächsten Jahr angeschafft werden, weil durch den Wegfall eines Schlauchtrockenturmes Kosteneinsparungen möglich waren", so der Bürgermeister. Die in den vergangenen Jahren gebauten Feuerlöschteiche in Egloffsteinerhüll, auf dem Oberen Berg und am Kalloweiher wurden 1969 durch einen neuen Trinkwasserspeicher mit 200 Kubikmeter ergänzt. Die Badeanstalt der Marktgemeinde muss generalüberholt werden, betonte Daut in einer Bürgerversammlung 1969 weiter. Die größte Belastung für den gemeindlichen Haushalt war der Verbandsschulbau, für den bisher schon zwei Millionen Mark ausgegeben wurden. Ganz andere Probleme hatten die Hundsbodener. Nach Bekanntwerden der "Hiobsbotschaft", dass der Club aus der Bundesliega absteigt, versammelte sich die Dorfjugend von Hundsboden und zog in einem Schweigemarsch durch die Ortschaft zum nahen Wald, wo sie auf einem großen Felsen den Club in einem Felsengrab "beerdigten". Sie pflanzten Blumen aufs Grab und brachten eine Inschrift an mit dem Text: "Hier liegt unser geliebter Verein 1. FC Nürnberg". Anschließend verbrannten sie unter Tränen ihre Clubfahne. Wie hinterher bekannt wurde, hatten sie das Grab schon geschaufelt, bevor das entscheidende letzte Spiel stattfand.

Heimatverein

Bei der Kulturarbeit im Dorf leistet der Heimatverein wertvolle Dienste, wie im FT vom 23. Dezmber 1968 nachzulesen ist. Einmal waren es die Einsätze der Trachtengruppe unter Lilo Meier, die sich mit ihren Mädchen in der altfränkischen Tracht zeigten, Tänze aufführten oder auch Lieder vortrugen.

Es gab drei große Heimatabende in Egloffstein, an denen auch die Trachtenkapelle unter Leitung von Oberlehrer Billich mitwirkte. Christian Meier, damals noch Mitarbeiter der Raiffeisenbank entwickelte sich zum Mundartsprecher und volkstümlichen Conférencier.

Bedauert wurde immer wieder, dass die männliche Jugend so wenig Bereitschaft zeigte, auch Trachten zu tragen. Das Burgmusikfest war ein großer Erfolg, auch dank Landrat Otto Ammon der, wie er erklärte, auch in Zukunft dieses Fest finanziell unterstützen wird. In diesem Jahr nahm besonders der Rundfunk Notiz von den Festlichkeiten. Schließlich erinnerte sich Fritz Preis an seine schönsten Spruchweisheiten. Eine altfränkische Regel lautete etwa: "Verschmälere nicht die Raine, Verrücke nicht die Zäune, Versetze nicht die Steine!" Dass trotz aller Wirtschaftskunst der eine oder andere Besitz unter den Hammer kam, hatte seinen Grund meist woanders: "Der Mund ist eine kleine Lucken, kann aber Haus und Hof verschlucken!" Verließ ein junger Bauer das Haus, um sich auf eigene Füße zu stellen, dann hörte er zum Abschied: "Nach einem goldenen Rad soll man trachten, eine Speiche davon bekommt man!"