"Es ist nicht die Zeit für parteitaktische Spielchen!" Dominik Sauerteig, künftiger Oberbürgermeister (SPD), gab sich in der Krisensenatssitzung am Dienstag staatsmännisch. Der Krisensenat, der zurzei...
"Es ist nicht die Zeit für parteitaktische Spielchen!" Dominik Sauerteig, künftiger Oberbürgermeister (SPD), gab sich in der Krisensenatssitzung am Dienstag staatsmännisch. Der Krisensenat, der zurzeit anstelle des Stadtrats die Entscheidungen trifft, sollte beschließen, dass der Zweite Bürgermeister mit Beginn der neuen Amtsperiode ehrenamtlich tätig ist.
Bislang war das Amt mit dem Posten des Baureferenten der Stadt verknüpft und deshalb hauptamtlich. Aber als Baureferent soll ein berufsmäßiger Stadtrat bestellt werden - und deshalb sollte der Posten des hauptamtlichen Zweiten Bürgermeisters noch vor Beginn der neuen Amtsperiode gestrichen werden.
Lediglich die Grünen hatten sich gegen die Aufhebung der bestehenden Regelung gewehrt: Eine solch grundsätzliche Entscheidung solle der neue Stadtrat treffen, nicht der alte. Außerdem vertrat Angela Platsch (Grüne) die Auffassung, dass der Krisensenat nur für dringende und Corona-bedingte Entscheidungen zuständig sei. Dem widersprach Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD): Das Innenministerium habe per Rundschreiben vom 20. März ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Krisenausschüsse in Gemeinden und Landkreisen für alles zuständig seien - sie könnten sogar Haushalte verabschieden.
Dominik Sauerteig wies darauf hin, dass der neue Stadtrat durchaus beschließen könne, wieder einen hauptamtlichen Zweiten Bürgermeister einzusetzen. Aber bei der konstituierenden Sitzung solle eine funktionsfähige Stadtspitze gewählt werden mit einem ehrenamtlichen Zweiten und einem hauptamtlichen Dritten Bürgermeister, der den Posten des Sozialreferenten innehat.
Den rechtlichen Hintergrund erläuterte Rechtsamtsleiter Willi Kuballa: Die Hauptamtlichkeit des Zweiten Bürgermeisters ist in einer eigenen Satzung geregelt. Diese Satzung wurde gestern per Beschluss aufgehoben. Das wird nun noch vor der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrats am nächsten Montag amtlich bekannt gemacht. Damit ist der Weg dafür frei, dass der neue Stadtrat einen neuen Zweiten Bürgermeister wählen kann, der ehrenamtlich tätig ist.
Lediglich Peter Kammerscheid (WPC) und Angela Platsch wollten die Entscheidung trotzdem vertagen. Dem eigentlichen Antrag, nämlich den hauptamtlichen Zweiten Bürgermeister abzuschaffen, stimmte Kammerscheid dann zu: Dass der künftige Baureferent vom Fach sein solle, sei schließlich auch eine Forderung der WPC gewesen. Angela Platsch gab zu Protokoll, dass ihre beiden Kollegen in der Ausschussgemeinschaft, Wolf-Rüdiger Benzel und Martina Benzel-Weyh, auch für die Abschaffung gestimmt hätten, wenn sie denn gekonnt hätten. Platsch selbst votierte gegen die Änderung.
"Für mich geht ein Traum in Erfüllung", seufzte SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Schneider. "Wir haben selten eine bessere Entscheidung getroffen, als das Bauamt einem Profi zu übertragen", sagte Friedrich Herdan (CSU). Derzeitige Baureferentin ist seine Fraktionskollegin Birgit Weber, von Beruf Ärztin.
U n w ü r d i g e r P o s t e n s c h a c h e
Erstaunliche Einigkeit. Platsch und Weiß haben recht. Der Komasenat ist nicht zuständig.
Die Entscheidung darüber ist allein Aufgabe des neuen Stadtrates. Und die sollte er sich nicht von irgendwelchen alten Seilschaften nehmen lassen. Diese maßen sich an, Weichen für Ihren Machterhalt zu stellen.
Wer’s nachlesen will: Art. 23, 26 (1) und 35 (1 und 2) GO. Art. 34 (2 u. 4) ist nicht anwendbar, da Coburg eine kreisfreie Stadt ist. So einfach ist das hier!
Warum aber der Beschluss des „Komasenats“? Ganz einfach: Es geht SPD und CSU um Macht und Postensicherung und nicht um das Wohl unserer Stadt.
Wie aber heißt es bei Bert Brecht: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“
Was aber ist nun der Mehrwert dieser Posse (eher ein Trauerspiel) für unsere Stadt? Wir müssen künftig neben drei Bürgermeistern noch einen berufsmäßigen Stadtrat bezahlen, denn der ehrenamtliche 2. Bürgermeister wird’s für Gotteslohn wohl nicht machen. Es enstehen also Mehrkosten. Ein Mehrwert für die Stadt ist nicht erkennbar.
Mit diesem unwürdigen Postenschacher entwertet man aber auch die an sich über Fraktions- und Parteigrenzen hinaus anerkannt gute Leistung von Thomas Nowak. Er hat in den letzten 6 Jahren hervorragend für unsere Stadt gearbeitet und hätte es verdient, ohne Fraktions- und Gruppenzwänge unparteiisch von allen Mitgliedern des Stadtrates zum 2. Bgm. gewählt zu werden.
Fazit: Machterhalt und Postenschacher sind wichtiger als das Wohl unserer Stadt. Die Chance für einen Neubeginn wird damit vertan. Der Wähler wendet sich mit Grausen.
Mehr wissen will, kann ja - wie ich - auf den Abdruck meines Leserbriefs im CT von morgen hoffen (oder den Text bei mir anfordern).
Wolfgang Simon, Coburg